6 - Kurzschluss I

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Wider Erwarten ging weder das Licht aus, noch der Katastrophenalarm an.

»Vielleicht ist ja gar nichts passiert«, Kutcher löste sich langsam aus seiner angespannten Starre und ließ das Werkzeug in seinen Händen sinken.

Vlesk, der an die Lifeline gestürzt war, schüttelte den Kopf und deutete auf den Bildschirm. Die grünen Balken und Herzfrequenz-Linien waren verschwunden, stattdessen blinkte dort in roten Buchstaben COMMS-DISABLED und Vlesk schwante, dass es beim Admintable nicht anders aussehen würde.

Kutcher rannte los nach links und Vlesk in die andere Richtung. Er schob die Tür auf und seine Augen suchten die Kamera, die an der Außenwand befestigt worden war. Sie blinkte nicht mehr.

Gut, vielleicht waren die Kameras auch einfach ausgeschaltet und - »Am Admintable steht dasselbe«, Kutcher kam wieder herein. Vlesk zog sein Tablet hervor, aber auf dem Bildschirm leuchtete ihm dieselbe Anzeige entgegen. »Hier auch.«

Sie musterten jetzt erneut die Anzeige auf der Lifeline.

»Wenn Comms disabled, also deaktiviert ist«, sagte Vlesk langsam und Kutcher folgerte: »muss man Comms ja auch irgendwo wieder aktivieren können.«

Sie sahen einander an – zwei Intelligenzbestien, ein Gedanke. Dann liefen sie los, beide hoben sie ihre Helme vom Boden auf und setzten sie sich auf. Mit zügigen Schritten folgten sie dem gefrorenen Weg zu Communications, was links vom Office lag. Der Raum war leer, nur auf dem Tisch standen noch zwei rote Becher, in denen jeweils ein Strohhalm steckte.

Als Vlesk das letzte Mal auf den Admintable geschaut hatte, waren noch zwei Personen in Communications angezeigt worden. Allerdings hatte er nicht mehr draufgeschaut, als er von seiner Task in Weapons zurückgekommen war. Das sollte er sich merken, regelmäßiger drauf zu schauen.

»Irgendwo hier müssen wir das Ganze wieder zum Laufen bringen«, sie überflogen die ganzen Geräte und Apparaturen, aber nirgendwo gab es Anzeichen von Folgen eines Kurzschlusses.

Mit den Worten »Vielleicht ja draußen« steuerte Kutcher die Tür an. Vlesk zögerte kurz, er hatte seine Vorstellungen, Shorty leblos im blutverschmierten Schnee, nur noch all zu gut im Kopf, aber dann folgte er Kutcher aus der Tür.

An der hinteren rechten Ecke des Gebäudes war eine Satellitenschüssel mit einem Schaltpult, auf dem ein grüner Kopfhörer lag, angebracht. Durch zwei Felder liefen Frequenzlinien, links eine gleichmäßige und rechts eine stark gestörte.

Während Kutcher die Tasten und Schalter musterte, setzte Vlesk sich die Kopfhörer auf. Lautes Rauschen. Probeweise drehte er leicht an dem großen Regler und eine leise, verzerrte Stimme mischte sich unter das Rauschen. Langsam drehte er weiter, das Rauschen nahm nach und nach ab und die Stimme wurde lauter. Kutcher zeigte auf die rechte Frequenzlinie, die auch zunehmend gleichmäßiger wurde. Schließlich liefen beiden Linien gleichermaßen geregelt, die Stimme klang klar und deutlich aus den Kopfhörern und Kutcher hob einen Daumen.

Vlesk nahm die Kopfhörer ab, holte Luft und bevor er etwas sagen konnte, legte Kutcher ihm grinsend einen Arm über die Schulter. »Alles gefixt. Findest du nicht auch, dass wir 'n super Team sind?«

»Du bist so ein Idiot, Kutcher«, aber Vlesk musste auch grinsen. »Los, da warten noch Kekse in Admin auf uns.«

Hinter ihnen räusperte sich jemand und Kutcher flüsterte »Ohweia«, als sie sich umdrehten.

»Kutcher Philly McTraubsen Westside«, Baso stemmte die Arme in die Hüfte, »das ist nicht dein Ernst, oder?«

»Nein, Linda, das ist nicht Phillys Schuld. Ich war das«, sagte Vlesk schnell. »Aber es ist schon wieder alles in Ordnung.«

fast schon Blutmond // Among UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt