12 - Planänderung

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Kutcher sollte mit seiner Prognose nicht Recht behalten, es wurde keineswegs wärmer. Weiße Atemwolken schwebten vor ihren Mündern, wenn sie vor Anstrengung keuchten. Die Luft war eisig und brannte Vlesk in der Lunge.

Neben der Kälte spürte er auch den Sauerstoffmangel in der Luft und fühlte sich benommen. Aber sein Helm lag in Weapons neben Kutchers Helm - und einer kleinen Blutlache.

Er hatte eine Idee gehabt, »Planänderung«, hatte er zu Kutcher gesagt, als er ihn zurückgehalten hatte. »Ich weiß jetzt, was wir machen.«

Während Kutcher sich in Weapons versteckt gehalten hatte, hatte Vlesk sich vergewissert, das niemand in Communications, dem Gebäude gegenüber, war. Trotzdem war es mit einem Risiko verbunden, denn sie wussten nicht, wann genau die letzte Person drin gewesen war. Möglicherweise hatte Gnu vorhin kurz reingeschaut und sie würden Probleme damit bekommen das Timing zu erklären. Aber Vlesk ging davon aus, dass ihm schon eine Notlüge einfallen würde.

Er blinzelte und holte tief Luft, um sich besser konzentrieren zu können. Wachsam sah er sich um - es war niemand zu sehen. Seine Arme wurden schwer, aber sie hatten es fast geschafft.

Vor der Tür von Comms angekommen, stellte Vlesk fest, dass er keine Hand frei hatte, um sie aufzumachen. Er hatte seine Arme unter Karuzos Achseln geschoben, Kutcher hielt die Beine.

Zuerst versuchte Vlesk es mit seinem Fuß, dann löste er einen Arm und balancierte Karuzos Gewicht auf seinem Oberkörper aus, sodass er mit der Hand die Tür aufschieben konnte.

Der Holzboden im Raum knarrte verräterisch und absurderweise dachte Vlesk ganz kurz, Karuzo würde von dem Geräusch aufwachen. Behutsam legten sie seinen Körper nieder, weit hinten im Raum, wo er von der Tür aus nicht direkt zu sehen war. Vlesk hatte sich die Position eingeprägt, in der Karuzo gelegen hatte und wie sie ihn vorgefunden hatten, damit es so realistisch wie möglich aussah. Dann griff er nach seiner Hand und hielt, drückte sie leicht. Er wollte irgendetwas sagen.

»Tut uns echt leid, Kumpel«, murmelte Kutcher, der neben ihm kniete. Er atmete durch, ehe er sich erhob. »Okay. Hol ich das Putzzeug oder du?«

»Du bleibst hier und stehst Wache«, Vlesk legte Karuzos Hand sanft ab und folgte Kutcher langsam zur Tür. »Ich geh zu Storage.«

Er besorgte Eimer und Schrubber und ging dabei den anderen aus dem Weg, die ihn auf keinen Fall draußen zu Gesicht bekommen durften. Ob Gnu es wohl schon herumerzählt hatte? Hoffentlich. Es sollten ruhig alle wissen, dass Kutcher und Vlesk in Weapons waren. Die ganze Zeit.

Als er die Tür zu Weapons aufziehen wollte, öffnete sie sich von selbst. »Kutcher!« er fluchte leise und schob sich in den Raum. »Ich hab dir doch gesagt, du sollst in Comms warten.«

»Zu zweit geht's schneller als alleine«, sagte er, »gib mir einfach 'nen Schrubber.«

Sie wischten das Blut in Weapons vom Boden und schmierten es wieder neben die Leiche auf den Boden in Comms. Die Arbeit verrichteten sie zügig, das Ganze funktionierte am besten, wenn alles schnell über die Bühne ging.

Nur einmal hielt Kutcher den Schrubber hoch und betrachtete die blutigen Borsten. »Weißt du noch, wie wir uns den Blutmond... angeschaut haben?«

»Mehr oder weniger angeschaut«, für eine Sekunde, für die flüchtige Erinnerung, zogen sich Vlesks Mundwinkel hoch, »aber ja?«

Kutcher ließ den Schrubber sinken und nahm die Arbeit wieder auf. »Unser Planet hier wird langsam auch ganz schön blutig.«

Als die alten Spuren verwischt und die neuen gelegt waren, versuchten sie die Schrubber und Eimer sauber zu machen, aber das Blut hatte sich so hartnäckig in das Holz und die Bürsten eingezogen, dass sie die Schrubber für das Erste auf dem flachen Dach von Weapons verschwinden ließen. Spuren verwischen, wenn Vlesk an so etwas dachte, bekam er ein schlechtes Gewissen. Fair war das nicht.

fast schon Blutmond // Among UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt