XVI

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Steve strich mir sanft über meinen Rücken. Wenn es ihn unwohl fühlen ließ, zeigte er es nicht und ich war ihm dankbar dafür. In meinem Kopf waren so viele Gedanken. Wer war ich wirklich? Wo begann ich und wo die Killerin in mir? Welche Gefühle und Handlungen waren antrainiert? Welche aus einem Trauma entstanden und wieso konnte ich nicht einfach wieder ich sein? Ohne der Eiskalten Killerin in mir, die ich eventuell gar nicht sein wollte. Aber ich wusste nicht mehr ich bin und der Punkt, dass ich mich jetzt so verzweifelt und ängstlich an Steve klammerte half meinem Fall nicht.

Bruce hatte sich zwischendurch mal neben mich gekniet und mich freundlich, wie er anscheinend immer war, gefragt, ob er nochmal meine Hand haben könne. Er hatte anschließend den Verband gewechselt und eine neue Salbe aufgetragen. Natasha hatte genäht werden müssen, so viel hatte ich mitbekommen. Meine Versuche mich zu entschuldigen hatte sie sofort abgetan. "Es sei nicht so schlimm und ich hätte mich nicht unter Kontrolle gehabt" , hatte sie gesagt. Trotzdem fühlte ich mich irgendwie schuldig. Vor allem Natasha gegenüber. Unter allen Avengers, war sie diejenige, die mich noch am besten verstand. Schließlich war sie auch im Red Room gewesen und hatte das Programm genauso wie ich durchlaufen.

Aber nachdem ich versucht hatte mich zum dritten Mal zu entschuldigen, war sie einfach gegangen. Ich wusste nicht wohin, aber sie war ohne ein Wort verschwunden. Einige Momente hatte ich überlegt ihr nachzulaufen, doch ich war mir unsicher, ob ich das überhaupt durfte. Steve hatte mich zwar beruhigt, doch er hielt noch immer meinen Arm fest. Wenn ich mich zu ruckartig bewegte, verstärkte sich sein Griff kurz, nur um einige Sekunden wieder sanft zu werden. Mir war bewusst, dass er mich nicht verletzen wollte und es tat, um mich vor mir selbst und andere vor mir schützen. Zu meiner eigenen Sicherheit.

"Wo ist Wanda eigentlich?" , meine Stimme durchbrach die mörderische Stimme im Raum. Steve musste sich räuspern und der Rest versuchte sich entweder aus dem Staub zu machen oder tat auf sehr beschäftigt. "Miss Wanda wünscht nicht gestört zu werden" , ertönte schließlich Fridays monotone Stimme aus einem der Lautsprecher. "Oh o-okay, danke" , nuschelte ich geschwind und verfiel dann wieder in Schweigen. Nach einiger Zeit traute ich mich noch etwas zu sagen: "Uh, und Clint?" Während ich sprach, war mein Blick auf meine Finger gerichtet. "Mr. Barton ist beschäftigt" , wieder war es Friday die mir eine Antwort gab. Dieses Mal entschied ich mich dazu mich nicht mehr zu bedanken. Es schien mir sowieso etwas unnötig, einer A.I meinen Dank zu geben.

Mein Blick war mittlerweile auf eine Uhr an der Wand gerichtet und Tony hatte angefangen Essen zu kochen. Soweit ich wusste, gab es irgendwelche Nudeln, aber um ehrlich zu sein, war es mir relativ egal. Es waren ungefähr dreißig Minuten vergangen, seit ich die ersten Geräusche aus der Küche gehört hatte, als Tony mir eine Schüssel entgegenhielt. Jetzt konnte ich auch den Inhalt sehen und meine Nase hatte mich nicht getäuscht. Es gab tatsächlich Nudeln, um genauer zu sein welche mit Tomaten Soße und Tony hatte mir sogar etwas Parmesan drübergestreut. Ich murmelte ein leises "Danke" und begann dann vorsichtig zu Essen. Tony hatte Steve auch eine Schüssel gereicht und letzterer hatte mich zum Essen endlich losgelassen.

Aus einem Reflex heraus, war ich sofort einige Zentimeter nach rechts gerutscht, um wieder etwas Abstand zwischen ihn und mich zu bringen. Meine Füße hatte ich zu einem Schneidersitz überkreuzt. Die Vorherige Sicherheit, die ich zu ihm Verspürt hatte, war wieder weg. Ich brauchte es nicht mehr, da ich mich beruhigt hatte. Jetzt stellte er wieder einen möglichen Gegner da, der mich vor den anderen beschützen musste. Auch wenn ich die Avengers nicht mehr aktiv angreifen wollte. Zumindest nicht, solange ich es nicht musste. Was so viel hieß wie, solange meine Trainer mich nicht dazu zwangen und es gab immer Möglichkeiten einen Menschen zu etwas zu zwingen. Egal wie sehr man versuchte sich gegen diese Befehle zu wehren. Es gab Wege Befehle geschehen zu machen und ehe man sich versah, waren sie ausgeführt. Oftmals aus Angst, oftmals aber auch aus anderen Gründen. Meine Hände umklammerten schwach die Spagetti Schale, die halb aufgegessenen Nudeln waren schon kalt geworden. Die Blicke der Avengers ruhten nicht mehr durchgehend auf mir, doch ich wusste, dass sie alle paar Sekunden, mehr oder weniger unauffällig einen Blick zu mir warfen.

Natasha und Clint waren den restlichen Abend wie vom Erdboden verschluckt und ich hatte mich nicht nochmal getraut zu fragen, wo sie denn waren. Tony hatte sich irgendwann zu Steve und mir auf die Couch gesetzt und den Fernseher angeschaltet. Zwischendurch hatte er mir eine Decke über meine Schultern gelegt und Bruce hatte sich einige Male erkundigt, ob jemand etwas braucht. Danach hatte auch er sich hingesetzt.

Die Lichter im Wohnzimmer waren komplett ausgeschaltet. Die einzigen Lichtquellen stellten das Licht des Fernsehers und Bruces Leselicht da. Es war durchgehend die semilaute Musik des Senders zu hören. Tony hatte auf eine Trash-TV Sendung geschaltet. Zumindest hatte Steve das genervt gemurmelt, als Stark sich nach minutenlangen durchzappen endlich für einen Sender entschieden hatte.

***

"Natasha, nach was suchst du jetzt genau?", fragte Clint mich leicht verzweifelt. Ich nahm es ihm absolut nicht übel, dass er verzweifelt klang, schließlich zwang ich ihn seit über zwei Stunden, das Zimmer eines Teenagers zu durchwühlen. Ein leises Seufzen entfuhr meiner Kehle, als ich unter dem Bett hervorrollte. "Handys, Illegale Sachen, Dinge, die sie halt nicht haben darf. Das ich dir das überhaupt erklären muss, wundert mich" , ich sah ihn leicht warnend an.  "Hast du was im Bad gefunden?" Ich wandte Clint den Rücken zu.

Hawkeye war zwar mein Bester Freund und ein super Spion, aber manchmal dachte er wirklich etwas zu langsam. "Mein Russisch ist eingerostet und du hast nur eine Welle unverständlicher, Schimpfwörter von dir gegeben. Vielleicht waren die Worte Bad und illegal dabei, keine Ahnung".

Und manchmal war unser Kommunikationsproblem auch meine Schuld. Ich wollte mich nicht mit ihm streiten, also warf ich ihm nur einen genervten Blick zu. Ihm war bewusst, dass ich wusste, dass er fließend Russisch spricht. Von Zeit zu Zeit wollte er nur nicht hören, was ich sagte, einfach weil er manchmal so war. Meistens machte mir das aber nichts aus.

"Clint. Hast du was im Bad gefunden?" , wiederholte ich mich. "Nö. Das ist nur minimal zu aufgeräumt."      
"Sie wohnt erst seit einigen Tagen hier"
"Trotzdem."
Ich sah ihn nur fragend an.

"Wenn du etwas verstecken wollen würdest, dass dich mit dem Red Room in Verbindung bringen könnte, wo wäre es?" , fragte Clint mich dann. Er selbst schob gerade einige Bilder von der Wand weg, um zu kontrollieren, ob etwas dahinter war.
"In einer Zweiten Wand im Kasten oder an meinem Körper. Alles andere wäre zu auffällig. Aber ich würde auch nicht zulassen, dass mich einer von euch angreift. Das kann sie aber nicht, weil wir ihr Kräftemäßig Überlegen sind.", während ich sprach, steckte ich meinen Kopf in Milas Schrank und begann diesen zu durchsuchen. "Ich will mal sehen, wie du Steve und Thor davon abhältst" , murmelte Clint. "Wenn Blicke töten könnten, wärst du es jetzt", gab ich kalt von mir. "Ich weiß" , Clint lachte leise. "Was ist, wenn sie es absichtlich offensichtlich versteckt hat?"

"Mhh, könnte sein. Schau mal beim Schreibtisch.", ich legte gerade wieder einige Stücke ihres Gewandes fein säuberlich zusammen. Das Geräusch des nach hinten geschobenen Stuhls gab kurz einen merkwürdigen Ton von sich. Dann hörte ich, wie Clint Hände die Unterseite des Tisches abtasteten."Fündig", seine Stimme war Näher als Gedacht und als ich mich umdrehte, stand er mit einem Klapphandy in der Hand hinter mir.

Red as my eyes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt