III

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"Taylor, komm aufwachen. Wir müssen uns fertig machen", Natalie rüttelte schon an meiner Schulter. Um sie nicht zu verärgern setzte ich mich schnell auf und murmelte: "Tut mir leid" Ich war noch müde, sehr müde sogar und würde am liebsten noch Ewigkeiten weiterschlafen. "Alles gut. Ich habe Frühstück gemacht, lass uns erstmal was essen"

Sie ging schon mal vor hinaus. Mein Magen knurrte, doch ich hatte das Gefühl nichts frühstücken zu können. Mir war zu schlecht vor Angst, was passieren könnte, wenn ich heute versagen würde. Würde Natalie mich eigenhändig umlegen oder mich zurück zum Red Room schleifen, um mich dann dort vor allen hinrichten zu lassen? "Taylor, kommst du?", rief Natalie aus der Küche, worauf ich ihr unsicher nachlief. "Du hast Angst, oder?", fragte sie mich, kurz nachdem ich mich gesetzt hatte. Waren meine Gesichtszüge gerade ein soweit aufgeschlagenes Buch, dass man sie mit einem hinsehen lesen konnte? Ich nickte leicht und starrte dann erstmal meinen Teller an. "Du musst was essen. Man macht sowas nicht mit leerem Magen. Kakao?" Noch einmal nickte ich. Ich fühlte mich gerade mehr als unfähig zu sprechen. Als Natalie mir die Tasse hinstellte, umklammerte ich diese sofort. "Weißt du, vom Teller anstarren, füllt sich dein Magen auch nicht", sagte Natalie nachdem mein Magen erneut, Drachengebrüll ähnliche Geräusche von sich gegeben hatte. Langsam griff ich nach dem Stück Brot und begann zu essen.

Ich hob meinen Kopf, um meine "Tante" das erste Mal heute wirklich anzusehen. "K-kann ich mich nachher noch schnell dehnen? Ich will das nicht ungedehnt machen", der Versuch meiner Stimme einen festen Klang zu geben, war kläglich gescheitert. "Natürlich", antwortete sie knapp und ich bildete mir ein, dass in ihren Augen ein kleiner Funken Besorgtheit zu sehen war, "Wir fahren in 40 Minuten los. Sei dann einfach fertig, ja?"

"Okay, danke", damit stand ich vom Esstisch auf und ging schnell wieder in mein Zimmer. Nachdem ich mich gedehnt und angezogen hatte, klopfte Natalie nochmal. "Komm rein", rief ich, als ich gerade einen meiner Waffenholster befestigte. "Soll ich deine Haare flechten?", fragte sie. Langsam wunderte ich mich selbst, wieso sie so nett zu mir war. War das normal für Agenten, die aus dem Red Room draußen waren und "frei" leben durften? Vielleicht. Vielleicht würde ich auch mal normal leben können und.. nett sein. Wer weiß. "Uhm, ja klar. Gerne"

"Setz dich am besten hin. Hast du deine Pistolen schon geladen?", schnell setzte ich mich hin. "Ja , hab ich", damit begann sie meine Haare zu bürsten. "Okay gut. Sei nicht nervös, das bringt gar nichts. Sind Boxer Braids in Ordnung?" "Ich versuchs... Aber ich hab Angst, dass ich es nicht schaffe. Und ja, klar", daraufhin begann sie meine Haare zu teilen. "Ich weiß. Aber du machst dich so nur Wahnsinnig. Und vergiss nicht, dass man Kindern schnell vertraut" "Ich... weiß", leise seufzte ich, "A-aber ich- ach egal", unbewusst machte ich mich etwas kleiner. "Du hast Angst zu sterben, richtig?", Natalies Stimme klang wieder sehr weich und beruhigend. "J-ja, tut mir leid. I-ich sollte nicht nerven", vor Angst gleich geschlagen zu werden oder so, umklammerte ich mein Handgelenk leicht. "Tust du nicht, keine Sorge. So, fertig. Ich hoffe es gefällt dir", ich tastete über meine Haare und musste leicht lächeln. "Ja, perfekt. Dankee"

Dann ging Natalie raus und ich folgte ihr. Noch ein letztes Mal warf ich einen Blick über dieses Zimmer. Ich war hier nur eine Nacht gewesen und dennoch hatte ich mich noch nie an einem Ort so zuhause gefühlt. Mir war bewusst, dass ich an diesen Ort nicht zurückkehren würde. Ich sollte einen Avenger, im Avengers Tower umbringen. Selbst wenn es mir glücken sollte, wäre ich nie im Leben schnell genug aus dem Tower heraußen. Mein Blick blieb am Fenster hängen und an der Aussicht die sich mir bot. Die Wolkenkratzer waren von einer leichten Wolkendecke bedeckt. Sie ähnelte Watte und wirkte, als wäre es das weichste und gemütlichste Bett im ganzen Universum. So etwas würde ich vermutlich nie wiedersehen. Leise seufzte ich, als ich mich etwas widerwillig umdrehte und Natalie nachging. Wieso musste mein Leben mich auch so sehr hassen. Natürlich war ich dazu trainiert worden zu töten. Ich bin eine ausgebildete Killermaschine, doch ich wollte wirklich nicht mein Leben hinter Gittern verbringen. Zumindest nicht weiterhin.

Red as my eyes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt