Kapitel 8. | Drachenschiffe

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Der eisige Wind blies mir mein Haar um die Ohren als wir die warmen Gemächer verließen. Der Himmel ließ einige Schneeflocken auf die Erde rieseln und von weitem war ein Horn zu hören.
Die Menschen in Kattegat waren in Aufruhr und auch Ubbe starrte nervös in Richtung Meer. Meine Augen folgten seinen.
Am Horizont waren Schiffe zu sehen.
Viele große Schiffe. Doch es waren nicht jene welche Floki für die Krieger Kattegats erbaut hatte, im Gegenteil es waren Schiffe auf denen fremden Flaggen gehisst waren. Instinktiv griff Ubbe nach meinem Oberarm und zog mich näher zu sich heran während er unsicher die Umgebung betrachtete. Vermutete er einen Angriff ?
»Stimmt etwas nicht?« hakte ich vorsichtig nach, doch er kaute nur nachdenklich auf seinem Unterkiefer herum. Jetzt wurde auch ich langsam nervös und sah mich in der umherwuselnden Menschenmenge um. Die Schiffe kamen immer näher und ein weiteres Mal ertönte das Horn am Hafen.
»Bleib bitte in meiner Nähe Sól« hauchte Ubbe mir kurzerhand entgegen ehe er in Richtung des Steges losmarschierte. Ich nickte nur kurz bevor ich ihm hektisch hinterher hastete. Wenn das ein Angriff war würde ich das sicher nicht überleben. Ich wäre eine der Ersten die drauf gehen würde. Ich jagte Ubbes schnellen Schritten hinterher bis wir am Steg angekommen waren. Die anderen Lothbrok Brüder und auch Lagertha hatten sich bereits unten versammelt. Sie hatten allesamt eine Hand an ihren Waffen was mir nur noch mehr unbehagen bescherte.
»Wer ist das?« fragte Ubbe die Anderen. Seinen Blick hatte er dabei stets auf das erste Schiff gerichtet welches nun fast am Steg angekommen war. »Es sind die Norweger« antwortete Lagertha kühl. Sie warf Ubbe dabei diesen seltsamen Blick entgegen. Was war hier schon wieder los?

»Harald Schönhaar!« rief Ivar breit grinsend einem stattlichen Mann entgegen welcher das große Drachenschiff mit einem beherzten Sprung auf den Steg verließ.
»Willkommen in Kattegat mein alter Freund!« fuhr er fort und die Beiden begrüßten sich mit einem kräftigen gegenseitigen Schulterklopfen.
Der muskulös gebaute Wikinger ging nun auch auf uns zu, begrüßte auch Hvitserk sehr herzlich. Jedoch warf er Ubbe und Lagertha einen sarkastischen Blick zu. »Schön euch wieder zu sehen« grinste er den Beiden entgegen, doch sie nickten ihm nur recht unerfreut entgegen. Sie schienen nicht begeistert über seine Ankunft zu sein.
»Und wer ist die junge Dame?« fragte er Ubbe während er mir in die Augen blickte. Dann nahm er meine Hand und presste einen langen Kuss auf meinen Handrücken.
»Das ist Sól. Björns Weib« fauchte Lagertha ihm mit funkelnden Augen von der Seite aus entgegen.
»Björns Weib also?« wiederholte er ihre Worte schmunzelnd während er mich mit seinem Blick durchbohrte.
»Sie ist nicht sein Weib...sie ist einfach nur unser Gast« mischte Ubbe sich mit zusammengekniffenen Zähnen ein während er mich erneut am Oberarm packte um mich sanft ein wenig hinter sich zu ziehen. Harald hob eine Augenbraue.
»Ich verstehe..« sagte er lachend und klopfte Ubbe fest auf die Schulter.
»Was ist nur mit eurer Gastfreundschaft, meine Männer sind hungrig und vor allem durstig!« lachte er weiter und hob seine Arme an um seine Männer zum verlassen der Boote zu animieren.
»Na los macht schon, auf in die Halle !« befahl Ivar einige Sklaven die am Steg herumstanden. Sie machten sich sofort auf in die große Halle um ein Mahl für die neuen Gäste vorzubereiten.
Der große Wikinger lachte erneut laut auf, dann machte er sich ebenfalls auf den Weg zum Speisen. Sein Gefolge von mehreren Hunderten Männern ging an Land, sie alle starrten sowohl mich als auch alle anderen anwesenden Frauen mit lüsternen Blicken an. Daran musste ich mich wirklich gewöhnen. Nicht alle waren so höflich und wohlerzogen wie die Lothbroks, sie würden sicher noch Ärger machen. Auch Lagertha und die Anderen hatten sich mittlerweile auf zur großen Halle gemacht. Während Ubbe und ich ebenfalls nach oben gingen hielt er mich unaufhörlich an meinem Arm fest als sei ich ein kleines Kind welches weglaufen könnte.

Dann blieb er stehen, wartete noch kurz bis mehrere Norweger an uns vorbei gegangen waren und wandte sich mir dann mit besorgter Miene zu.
»Hör mir zu Sól, so lange diese Männer in unserem Dorf sind darfst du unter keinen Umständen alleine hier umher laufen. Ich will garnicht wissen wie viele von denen gerne alles unerdenkliche mit dir anstellen würden.« Ich schluckte schwer während mein Blick die fremden Männer verfolgte. Dann legte er seine Hand an mein Gesicht und drehte es sanft zu sich. »Hast du mich verstanden Sól?« fragte er mich mit ernster Miene. Ich nickte daraufhin heftig.
»Ja« flüsterte ich unterwürfig.
Sein Gesichtsausdruck wurde umgehend besänftigt. »Ich könnte es mir nicht verzeihen wenn sie dir Schaden zufügen.« Er strich mir sanft mit seinem Daumen über meine Wange, dabei betrachtete er mein Gesicht. Halt. Waren wir nicht so etwas wie Freunde? Wollte er doch ein bisschen mehr als das? Hatte er deshalb vor Harald das Wort gegen Lagertha ergriffen, dass ich nicht Björns Weib sei. Langsam dämmerte es mir und ich war mehr und mehr verwirrt.
»Lass uns rein gehen mir ist ziemlich kalt« wich ich der Situation gekonnt aus woraufhin er seine Hand von meinem Gesicht nahm. »Verzeih mir« grinste er mir entgegen und wir gingen endlich in die Halle.

Die Anderen hatten schon an der großen Tafel platz genommen und plauderten euphorisch mit den Neuankömmlingen.
Nur Lagertha saß mit trüber Miene auf ihrem Thron. Sie grübelte scheinbar über etwas und im selben Moment wie sie Ubbe und mich sah winkte sie ihn auch schon zu sich rüber.

»Setz dich zu Hvitserk und Ivar, ich komme bald« bat mich Ubbe bestimmt und ich tat was er von mir wollte ehe er mit Lagertha in ihren Gemächern verschwand.
»Björns Weib also...« sprach mich Harald Schönhaar schief grinsend an während ich an der Tafel zwischen Ivar und Hvitserk platz nahm.
Ivar verdrehte angenervt seine Augen.
»Wo ist Eisenseite denn abgeblieben? Wie ich sah sind seine Schiffe nicht im Hafen?«
»Er ist nach England gesegelt um einige Geschäfte abzuwickeln« antwortete ich dem Fremden freundlich, dann nahm ich mir einen Krug mit Met welchen ich mit einem Zug halb leer trank. Die Situation stressste mich wohl ziemlich.Schönhaar beobachtete mich dabei nachdenklich, blickte dann aber grinsend zu Ivar rüber. »Er ist also fort gesegelt? Wie unpassend...«
Dabei warf er Ivar erneut einen verschmitzen Blick zu, dieser erwiderte nur mit einem fiesen Lachen. Was ging hier vor sich? Es war fast als hätten die Beiden etwas zu verbergen? Hatten sie etwas vor?
Ich versuchte mir meine Gedanken abzuschütteln, tat so als würde ich nichts von all dem verstehen und lauschte weiter den Gesprächen am Tisch. Doch meine Gedanken drehten sich nur um das Geschehene. Was führten Ivar und Harald im Schilde? Konnte ich dem Fremden und vor allem Ivar noch trauen? Ich dachte er und ich würden ein gutes Verhältnis pflegen, doch ich wurde einfach nicht schlau aus ihm. Den einen Tag war er mein Freund, den nächsten Tag war er mir plötzlich wieder so Fremd. Und was mussten Ubbe und Lagertha so dringendes besprechen? Ubbe war ebenfalls so nervös gewesen. Irgend etwas lag in der Luft doch ich wusste nicht ob ich meinem unguten Gefühl vertrauen schenken sollte.

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