Kapitel 16. | Die Seidenstraße

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Mit einem leisen Schnalzen bewegte ich Håkon zum anhalten, welcher mit mir auf dem Rücken wie wild in den Wald hinein galoppiert war. Er schnaubte laut aus als wir bei der riesigen alten Eiche ankamen.
»Ruhig großer...« flüsterte ich ihm zu und klopfte ihm dabei sanft auf den Hals um ihn so etwas zu beruhigen.
Dann sah ich mich um.
Hvitserk war weit und breit nicht zu sehen.
War ich etwa schon zu spät?
Mit zusammengekniffenen Augen blickte ich in den Wald hinein um in der Dunkelheit etwas erkennen zu können.

»Du bist ja wirklich gekommen« raunte es plötzlich hinter mir und ich fiel vor lauter schreck fast vom Pferd.
»HVITSERK!« ermahnte ich ihn spöttisch und hielt mir dabei theatralisch die Hand auf meine Brust. Mit langsamen Schritten trat sein Pferd aus der Dunkelheit in meine Richtung und ich konnte schon von weitem sein breites Grinsen wahrnehmen.
»Ich dachte du würdest nicht kommen, mich stattdessen verraten« erklärte er sein Versteckspiel. Ich murmelte einen Moment lang vor mich hin. »Du dachtest ich würde dich verraten?« wiederholte ich dann nochmals seine Aussage, hob dabei skeptisch eine Braue an.

Er lachte nur.

»Nimm es nicht persönlich, aber ich weiß schon lange nicht mehr wem ich vertrauen kann und wem nicht.«
Ich zuckte nur einsichtig mit meinen Schultern. Wo er Recht hat hat er Recht.
Dann nahm ich die Zügel fester zwischen meine Finger und schnalste kurz mit der Zunge um mein Pferd zum Aufbruch zu animieren. »Worauf wartest du?«rief ich ohne mich zu ihm zurück zu drehen, während ich bereits einige Meter von ihm weg geritten war. Er lachte erneut.
Dann brachte auch er sein Pferd dazu los zu gehen. Sie galoppierten Håkon und mir rasch hinterher. »Du gibts die Richtung an ja? Ich habe keine Ahnung wo der Handelszug mittlerweile sein könnte...« rief ich als er an mir vorbei ritt, dann beschleunigte ich ebenfalls die Gangart meines Pferdes und folgte ihm schleunigst um keine Zeit zu verlieren.

Wir waren einige Kilometer unterwegs bis wir endlich die Fackeln des Handelszuges an einer kleinen Lichtung sehen konnten.
Sie hatten ihr Nachtlager dort aufgeschlagen. Als wir im Lager eintrafen wurden wir schon von einem alten Herren erwartet. Er empfing uns äußerst freundlich, nahm uns unsere Pferde ab um ihnen Futter und Wasser zu geben damit auch sie sich ausruhen konnten. Hvitserk hatte unser Vorhaben scheinbar vorab mit dem alten Mann abgesprochen gehab, was die ganze Sache natürlich etwas leichter gestaltete. Er führte uns zu einem kleinen Planwagen in welchem wir übernachten konnten.
»Ich habe euch wie besprochen euer Abendbrot und Wasser bereit gestellt Hvitserk. Falls ihr etwas benötigt schlafe ich direkt nebenan« erklärte der alte Herr warmherzig und zeigte mit seinem Finger auf den Planwagen der ein Stück weiter neben unserem Stand.
»Vielen Dank Odur« antwortete Hvitserk ihm lächelnd und klopfte ihm dabei dankend auf dessen Schulter bevor er uns alleine ließ.
Ich betrachtete den Planwagen skeptisch.
Hier sollte ich also die nächsten Wochen hausen? Auf engstem Raum mit Hvitserk.
Ich mochte ihn natürlich sehr, dennoch war es sicher seltsam mit ihm in einem Bett zu schlafen. Er bemerkte meine skeptischen Blicke sofort.
»Ich werde auf dem Boden schlafen« gab er ohne weiteres zu verstehen.
»Nein! Bitte ich bestehe darauf dass du auch im Bett schlafen sollst Hvit« konterte ich sofort. Das konnte ich nicht von ihm verlangen, nicht nach den langen Reisen auf hohem Ross. Das war zugegebener Maßen nämlich ziemlich anstrengend.
»Das sah gerade aber anders aus« deutete er auf meine Miene hin. Er nahm sich einen Apfel, welcher auf einem Tisch im Planwagen lag und biss zugleich davon ab.
Ich verdrehte die Augen.
»Das war nicht so gemeint. Es ist nur...gewöhnungsbedürftig...«
Mit umherschweifendem Blick ließ ich mich auf dem mit Fellen belegten Bett nieder, zog mir meine Schuhe aus und machte es mir umgehend bequem. Ich war platt von all dem was ich in dieser Nacht erlebt hatte. Und ich war unfassbar nervös auf das was jetzt noch alles kommen würde.

Ohne ein weiteres Wort schlief ich wie auf Knopfdruck ein, Hvitserk beobachtete mich dabei. Er lächelte nur und warf eine Felldecke über meinen Körper damit ich nicht auskühlte. Wenig später nahm er dann ebenfalls seinen Platz im Bett ein und wir schliefen uns erst einmal aus. 

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