Kapitel 1- Date Night

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Nervös stehe ich vor meinem großen Spiegel im Eingangsbereich meiner Wohnung und betrachte mich skeptisch.
Ich trage ein kurzes eng anliegendes Bordeauxrotes Kleid aus Samt, welches jedoch nicht allzu schick ist. Meine leicht lockigen braunen Haare hängen mir bis zu den Schultern runter, mein Gesicht ist natürlich und ungeschminkt.
Dennoch bin ich mir unsicher, ob es nicht doch zu viel für ein Diner ist, und ich lieber zu meinem Jeansrock und einem engen Oberteil greifen sollte.

„Hey!" reißt mich Bente's ruhige und herzige Stimme aus meinen Gedanken.
„Du siehst klasse aus, mach dir keinen Kopf. Ty wird es lieben." schelmisch grinst B mich durch mein Handy an, welches ich neben den Spiegel gestellt habe, damit die Kamera meines Handy's mich komplett erfasst.
Bente ist mein bestes Freundi und wie immer hilft B mir bei der Auswahl meiner Klamotten vor Dates mit Ty über Facetime.
Jedoch ist heute unser dreijähriges, weshalb Bente auf ein etwas schickeres Outfit besteht.

„Aber Bente, wir gehen in ein Fastfood Diner, da kann ich doch nicht so auftreten!" versuche ich mich erneut vor dem Kleid zu drücken. Ich weiß zwar noch garnicht, wo wir essen werden und was Ty geplant hat, jedoch hat er mir bereits versichert, dass es kein schickes Restaurant sein wird. Er weiß genau, wie unwohl ich mich in solch gehobenen Läden fühle und wollte mir damit bereits die Sorge nehmen.
„Sofia, entspann dich, du bist heiß, also steh dazu! Zieh dir einfach deine weißen Vans dazu an und es ist perfekt lässig-hot!"
Tadelnd sehe ich zu Bente auf mein Handy, worauf ich jedoch nach wie vor nur ein grinsen erhalte.
Da ich keine Lust auf eine erneute Diskussion mit Bente habe, folge ich der Aufforderung kommentarlos.

„Schau, du siehst klasse aus! Ty wird voll darauf abfahren."
Kurz mustere ich Bente. Kurze schwarze Haare, eine kleine dezente Nase mit einem eleganten Septum darin, eindringliche Blaue Augen und ein breites Grinsen.
B und ich sind schon seit der Schulzeit beste Freundis, gingen wortwörtlich durch Dick und Dünn.
Ich war die erste der B erzählt hat, sich selbst als non binär anzusehen, also weder Weiblich noch Männlich.
Daraufhin begann eine regelrechte Achterbahnfahrt, vor allem Bezüglich Bs Eltern und unseren damaligen Schulkameraden.
Jetzt jedoch sind wir beide mit unseren 23 Jahren berufstätig und haben uns somit von allen toxischen Beziehungen entfernen können. Zudem wurde unser Band dadurch nur noch enger, indem wir alles gemeinsam durchgestanden haben.

Anstelle von Pronomen haben wir entschlossen einfach B (Bee) zu benutzen, und anstelle beste*r Freund*in einfach bestes Freundi. Klingt auch einfach viel besonderer, so wie es auch unsere Beziehung zueinander ist. In allen anderen Fällen nutzen wir Begriffe, die uns eben gerade in den Sinn fallen, da ist B sehr offen. Falls ein Wort B unwohl fühlen lässt, wird dies offen angesprochen und fertig.

„Jetzt hör auf mit deinen ständigen Anspielungen! Ich gehe heute nicht mit Ty ins Bett!" gebe ich doch etwas zu energisch auf das Grinsen zurück.
„Aber nach eurem ersten Mal wirktest du so glücklich! Es kann doch nicht sein, dass ihr dafür über zwei Jahre brauchtet und danach wieder komplette Flaute herrscht!" wirft B zurück. Dieses Gespräch führen wir einfach zu oft. Als Ty und ich vor drei Jahren zusammen kamen, fühlte ich mich noch nicht wohl dabei, es miteinander zu tun, zumal ich es davor auch noch nie getan habe. Ty war geduldig und verstand dies, wir waren mit Kuscheln und Küssen zufrieden. Mehr brauchten wir nicht. Dann vor circa einem halben Jahr war ich bereit und wir versuchten es.
Aber irgendwie löste es in mir nicht das aus, was es vermutlich sollte. Wieder war Ty verständnisvoll und beließ es dabei.
Und genau deshalb liebe ich ihn- ich kann meine Gedanken und Gefühle immer frei vor ihm äußern, egal was es betrifft, er unterstützt mich und hilft mir.

B wiederum lässt seitdem nicht locker, wobei ich weiß, dass ein aus Spaß gemeintes Necken die einzige Intension dahinter ist.
Schließlich musste B wochenlang meine kleinen Nervenzusammenbrüche ertragen, ehe ich mich an Ty gewendet habe.

SofiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt