"Liam hat sich gemeldet." murmelte sie, legte die Hände um die warme Kaffeetasse.
"Mhm." entgegnete Grischa, den Rücken zu ihr gewandt stand er am Herd und stapelt Pancakes auf einen Teller.
Sie zögerte, unsicher folgten ihre Augen seinen Bewegungen.
"Und?" hakte er nach, öffnete einen der Hängeschränke, griff nach dem Ahornsirup."Er fragt, ob ich Freitagnachmittag ins Studio kommen könnte. Outfits anprobieren, ein paar Testaufnahmen machen." fuhr sie fort, führte die Tasse zu den Lippen, nahm einen tiefen Schluck des schwarzen Gebräu, welches ihre Lebensgeister langsam, aber sicher wachrüttelte.
"Meinetwegen." erwiderte Grischa kurzangebunden, stellte die Pancakes und den Sirup auf der Theke ab und ließ sich gegenüber von Mika nieder.
Sie zog die Augenbraue hoch, legte den Kopf schief.
"Kein Einspruch?""Mika." brummte er, rieb sich mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken, "Lass es gut sein. Ich habe mich gerade mehr oder weniger gut damit arrangiert, fordere es nicht heraus."
"Entschuldige." murmelte sie, betrachtete seine Gesichtszüge. Er sah müde aus, erschöpft, sie sah ihm an wie zerrissen er sein musste und wie schwer es ihm zu fallen schien ihr diesen Funken Freiheit zu schenken.
Er schwieg, nickte lediglich und tippte irgendetwas auf seinem Handy, während er mit der freien Pancakes zerrupfte, in Sirup ertränkte und anschließend runterschlang. Es lag ihr auf der Zunge ihn dafür zu tadeln, ihm zu sagen er solle sich Zeit nehmen - doch sie wagte es nicht, zu unruhig, zu zerstreut erschien er an diesem Morgen.
"Du kannst ihn nicht leiden, oder?"
Grischa schnaubte.
"Ich kann niemanden leiden der sich in deiner Nähe aufhält, Kerle wie ihn am aller wenigsten."
Langsam hob er den Kopf, fixierte sie mit düsterem Blick. Er war gereizt, bemüht es zu verbergen, doch es brodelte so dicht unter seiner Haut, dass sie seine Frustration, seine Wut spüren konnte."Kerle wie ihn?" hakte sie vorsichtig nach, griff nach seiner Hand, strich zärtlich mit den Fingern darüber.
Er winkte ab. "Lass es."
"Mhm." entgegnete sie, noch immer ruhte ihr Blick auf ihm.
Er verdrehte die Augen.
"Mika, mir ist durchaus bewusst das du es nicht leiden kannst, wenn ich nicht mit dir rede - aber glaub mir, wir beide wollen nicht das es dir an die Gurgel geht, in Konsequenz meiner Laune wäre ich jedoch gerade durchaus gewillt, es mit dir spielen zu lassen." knurrte er leise.
Sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn wieder, sah ihn mit großen Augen an - eine Mischung aus Wut und Überraschung spiegelte sich in ihrem Blick.
"Du würdest es einfach ausbrechen lassen, nur weil du wütend bist über ein Problem, das du dir von Anfang an selbst herangezogen hast?" fauchte sie, verschränkte die Arme, die Wut ließ ihre Augen funkeln.
Er schnaubte, rieb sich die Schläfe, legte den Kopf schief und betrachtete sie für einen Moment.
"Hast du eine Vorstellung wie schwer es ist dieses Etwas immer wieder einzusperren, in Ketten zu legen, zu kontrollieren? Es wäre so viel leichter es einfach wüten zu lassen und ja verdammt, manchmal würde ich es gerne einfach ausbrechen lassen, um diesem Druck auf der Brust zu entfliehen. Diesem Druck, der mir die Luft zum Atmen raubt, der mir die Kehle zuschnürt und der sich unweigerlich durch meinen Körper frisst wie ein Parasit unter der Haut."
Seine Stimme war ruhig, doch er zitterte vor Anspannung.
Sein Blick hielt den ihren gefangen, doch ebenso war es ihm unmöglich seine Augen von ihr zu lassen.
Sie bebte, in ihr schien ein Orkan von Emotionen zu toben, Wut, Mitleid, so vieles lag in ihrem Blick und schürte seine Wut nur noch mehr.Frustriert fegte er seinen leeren Teller von der Theke, dass schwarze Porzellan zerschellte auf den Fliesen in hunderte Einzelteile. Fast schon nachdenklich, wanderte ihr Blick zu den Scherben, die in der gesamten Küche verstreut lagen.
"Alexander hat recht, weißt du." begann sie, erhob sich, machte sich daran die Scherben aufzulesen.
"Du bist kein Teufel. Du bist ein Sklave deiner eigenen Abgründe, mehr heimgesucht als Heimsuchender." fuhr sie fort, sah zu ihm hoch.Wie sie dort inmitten der Scherben kniete, wirkte sie so zerbrechlich, so verletzlich. Nur wenige Sekunden, es brauchte nur einen Moment - er könnte sie erlösen, erst sie, und dann sich selber.
Ihre Worte schmerzten, bohrten sich tief in seine geschundene Seele, die schon so lange so qualvoll vor sich hin litt.Er vergrub das Gesicht in den Händen, raufte sich die Haare.
Sie war nicht schwach, das war sie nie gewesen. Sie war kein hilfloses Lämmchen und er war noch viel weniger der große böse Wolf - vielmehr waren sie beide, er und sie, Gefangene seiner selbst, seiner Angst, seines Schmerz und seiner Wut."Ich möchte das du Gwen besuchst, Mika." hauchte er, ließ den Kopf erschöpft auf die Tischplatte sinken.
"Ich möchte das du weißt, was mich zu diesem Menschen gemacht hat und ich will, dass du verstehst, was es ist." er hielt inne, lautlos war sie neben ihn getreten, ihre kleine Hand strich sanft über seinen Kopf, so zärtlich, als hätte sie Sorge er würde zurückschrecken."Wenn du mit Gwen geredet hast und dich entscheidest zu gehen, werde ich dich nicht aufhalten." fuhr Grischa fort, hob den Kopf, griff nach ihrem Handgelenk und legte die andere Hand um ihren Hals, zwang sie ihn anzusehen.
"Solltest du zu mir zurückkommen, Mika, sei dir sicher, dies wird deine letzte Chance gewesen sein dich mir zu entziehen." knurrte er heiser.Seine Finger schlossen sich um ihre Kehle, drückten zu - fasziniert beobachtete er wie sich ihre Augen verengten, wie ihr Körper sich angespannte und sich doch kein Funken von Angst in ihrem Blick spiegelte.
Ruckartig ließ er sie frei, sie taumelte einen Schritt zurück, rang nach Luft."Geh." raunte er, richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Smartphone, welches noch immer vor ihm auf dem Tisch lag.
Einen Moment schien sie zu zögern, dann sah er sie aus dem Augenwinkel vorbeihuschen, hörte ihre Schritte im Flur, vernahm wie die Tür zuschlug.
Er wartete, eine Minute, zwei Minuten, ehe er sich erhob, die wenigen Schritte zur Fensterfront überwand und hinausblickte.
"Sie wird zurückkommen." erklang eine Stimme hinter ihm.
Er verschränkte die Arme, beobachtete wie sie das Gebäude verließ, die Straße entlang ging und schließlich aus seinem Sichtfeld verschwand.
"Ich weiß." entgegnete er kühl. "Und wir werden beide daran zugrunde gehen."
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Mit einem Tag Verspätung hier das neue Kapitel - es ist noch nicht korrekturgelesen, was ich aber noch nachholen werde.
Nichtsdestotrotz, markiert Rechtschreibfehler gerne in den Kommentaren, solltet ihr über welche stolpern.Nun, was denkt ihr - was wird Mika über den Mann an ihrer Seite erfahren? Wird es Klarheit bringen?
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Bittersüß
RomanceWie viel kann eine Seele ertragen bevor sie zerspringt? Grischas Liebe ist erdrückend, beängstigend und finster. Tief in ihm rumort etwas was nach ihr lechzt, was sich nach ihrer Angst sehnt, etwas Dunkles was niemals ausbrechen darf - etwas, was a...