Hinata Shoyo - Ein unerwartetes Wiedersehen

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"Was kann ich Ihnen bringen?" "Ayumi?" Überrascht schaue ich auf. Vor mir sitzt ein Junge mit orangenem Haar. Seine braunen Augen mustern mich. Dann macht es endlich Klick. "Shoyo?" Sein freudiges Lächeln weckt Erinnerungen an unsere Grundschulzeit. Ich würde ihm so gern um den Hals fallen, aber ich muss leider arbeiten. "Wir reden später, kleiner Sonnenschein. Meine Schicht ist in zwei Stunden zu Ende." Seine Augen strahlen beim Klang seines früheren Spitznamens. "Pft...
Sonnenschein...", höre ich jemanden sagen. Ich fixiere die Brillenschlange mit meinem Blick. Ihn werde ich definitiv als letztes bedienen. "Tsukishima, benimm dich gefälligst!", weist ein braunhaariger ihn zurecht. "Was darf ich euch bringen?" Einer nach dem anderen nennt mir seine Bestellung und fleißig schreibe ich mit. Diesen Tsukishima überspringe ich einfach, was mir einen fiesen Blick einbringt, aber das ist mir egal. Seine Bestellung nehme ich erst zuletzt auf.

Kurz bevor meine Schicht zu Ende geht, bezahlen Shoyo und seine Freunde, aber er geht nicht ohne nochmal zu mir zu kommen. "Ich warte draußen auf dich, Ayumi.", teilt Shoyo mir mit und verschwindet durch die Tür. Sehnsüchtig schaue ich ihm hinterher. Es ist heute zwar reiner Zufall gewesen, dass wir uns wieder begegnet sind, aber erst jetzt wird mir klar, wie sehr ich ihn eigentlich vermisst habe. "Mach Schluss. Es ist eh nicht mehr so viel los.", ertönt es hinter der Theke, wo meine Chefin mir lächelnd zu nickt. "Danke!" Schneller als der Wind entledige ich mich der Schürze, hole meine Tasche und gehe schnellen Schrittes aus der Tür. Hektisch schaue ich mich um. Es ist immer noch viel los auf den Straßen, was auch kein Wunder für eine Großstadt wie Tokyo ist. Ich finde ihn nicht. Wo kann er nur sein? Er sagte doch, dass er draußen auf mich warten wird. Das ist noch nicht mal fünf Minuten her.

"Suchst du mich~?", höre ich ein Flüstern hinter mir. Abrupt drehe ich mich um und da steht er. Ein breites Lächeln im Gesicht und strahlend wie die Sonne. Nun kann ich dem Bedürfnis, ihm um den Hals zu fallen, nachgehen, was er auch sofort erwidert. "Ich hab dich so vermisst. Was machst du hier in Tokyo? Bist du hierher gezogen? Wie ist es dir in der Mittelschule ergangen? Auf welche Oberschule gehst du jetzt?..." Ich stelle ihm zich Fragen, ohne ihn auch nur zu Wort kommen zu lassen oder ihn los zu lassen. "Jetzt komm mal runter, Ayumi. Eins nach dem anderen. Ich habe auch so viele Fragen an dich.", unterbricht er mich nach einer gefühlten Ewigkeit, lässt mich aber auch nicht los. "Gomen. Ich hab dich so sehr vermisst.", wiederhole ich nochmals. "Ich dich auch." Und er drückt mich noch fester an sich.

Wir überlegen uns, wo wir hingehen könnten, haben uns aber dazu entschlossen zurück ins Cafe zu gehen. Meine Chefin lächelt mir zu und kommt auch wenige Minuten später, um unsere Bestellung entgegen zu nehmen.
Shoyo und ich reden und reden bis das Cafe eigentlich schließen sollte. "Setzt euch nach hinten in den Pausenraum. Dort kann euch keiner sehen. Schließ bitte ab, wenn ihr geht, Ayumi." Somit lässt meine Chefin den Schlüssel da und geht.

"Dein Boss ist ja voll cool!", sagt Shoyo aufgeregt. Mit einem Lächeln stehe ich auf und bedeute ihm mir zu folgen. Im Verkaufsraum schalte ich das Licht aus und gehe den Gang entlang zum Pausenraum.

"Möchtest du noch etwas Trinken?", frage ich den Jungen, während ich mir ein Glas aus dem Schrank nehme als sich plötzlich zwei Arme um meinen Bauch legen. "Wasser, bitte.", nuschelt er und schmiegt seine Wange an meinen Rücken. Auch für ihn nehme ich ein Glas aus dem Schrank und fülle uns beiden Wasser ein. "Alles gut, Sho?", frage ich ihn, nachdem er sich wenige Minuten nicht gerührt hat. Ich vernehme ein Nicken. "Möchtest du dich nicht setzen?" Diesmal schüttelt er den Kopf. "Was möchtest du dann?" Seine Arme üben einen leichten Druck auf meinem Bauch aus und nun fühle ich seinen gesamten Körper, der erschreckenderweise nicht mehr so schlacksig ist, sondern eher muskulös. Mir wird ein wenig warm. Das kommt bestimmt vom vielen Volleyball spielen. "Ich muss gehen, aber ich will nicht...", höre ich ihn quengeln. Deswegen lässt er mich nicht los. "Du musst für morgen ausgeruht sein, Sonnenschein. Schließlich möchtest du doch gewinnen, oder nicht?" "Selbstverständlich will ich gewinnen, aber ich hab dich so lang nicht mehr gesehen." "Ich hab morgen frei. Wie wäre es, wenn ich dich und dein Team anfeuern komme?" Abrupt dreht er mich um und ich sah ihm in die Freude strahlenden Augen. "Das würdest du tun?" Seine Hände auf meiner Hüfte verstärken den Griff. Etwas beleidigt schnippe ich ihm gegen die Stirn. "Dumme Frage. Sonst würde ich es doch nicht anbieten!" "Aua." "Stell dich nicht so an und jetzt ab mit dir. Ich möchte nicht der Grund sein, warum du morgen nicht ausgeschlafen bist."

Shoyo bringt mich noch zur Station, wovon ich mit der Bahn nach Hause gelänge. Sein Hotel ist nicht weit entfernt, weshalb er auch locker zu Fuß laufen kann. "Bis morgen, Yumi.", ruft Shoyo mir hinterher als ich in die Bahn steige. Mit einem herzlichen Lächeln winke ich ihm zu bis ich ihn nicht mehr sehen kann.

-

Am nächsten Tag warte ich schon ungeduldig auf Shoyo vor der Halle. Er hat mir gesagt, wann sie zur Halle fahren und ich will ihn nochmal unbedingt sehen bevor der Tag beginnt. Ich werde nämlich nur von der Tribüne aus zuschauen können und nicht von unten direkt neben dem Feld.

Als ich die bekannten Gesichter von Gestern wiedererkenne, beginnt mein Herz vor Aufregung kräftiger zu schlagen. Sie sind alle in schwarz gekleidet und flößen einen ganz schön Respekt ein mit ihrem etwas einschüchternden Auftreten. Sieht man aber genauer hin, legt sich das wieder. Diese Truppe ist ein bunter Haufen. Von Schüchtern bis Aufgedreht ist alles dabei, so wie ich das gestern mitbekommen habe. "Hey, Hinata! Deine Freundin ist da!", ruft ein aufgeweckter Junge mit einer blonden Strähne. Ich meine mich zu erinnern, dass er Noya oder so heißt. Aber bei seinem Worten werde ich augenblicklich total rot, was den grauhaarigen und den einen braunhaarigen neben ihm ein Schmunzeln entlockt. "Yumi!" Mit Schwung fällt Shoyo mir um den Hals und wir beide fliegen hin. "Verdammt, Shoyo!", fluche ich. "Entschuldige, ich- aaaah" Shoyo wird mit einem Ruck am Kragen von mir runter gehoben. "Du, Vollidiot! Auch wenn sie deine Freundin ist, kannst du sie nicht einfach so bespringen!" Ein Junge mit sehr kurz geschnittenen Haaren schnauzt Shoyo gerade an, während dieser Tsukishima sich ins Fäustchen lacht. "Fass dir erstmal an deine eigene Nase, Tanaka!" Ich mag ihn immer noch nicht... "Entschuldige, diese Chaoten." Der grauhaarige hält mir seine Hand hin und dankend nehme ich diese an. "Ayumi, richtig?", fragt er und ich nicke. "Sugawara Koshi. Freut mich." "Sind die immer so?" Er hört wohl die Skepsis raus. "Ja, aber keine Sorge. Auf dem Feld sind wir ein Team." Irgendwie bezweifle ich das gerade sehr. "Das freut mich zu hören.", antworte ich stattdessen. Ein junger Herr mit Brille ruft die Jungs wieder zur Vernunft und möchte, dass sie sich jetzt aufwärmen gehen. Bevor sich die Traube des komischen Haufens sich aber auf den Weg macht, kommt Shoyo nochmal zu mir. "Tut mir leid, dass ich dich umgeworfen habe.", sagt er und kratzt sich verlegen am Kopf. "Ist schon gut. Ich wollte dir  und deinem Team nur noch mal viel Erfolg wünschen." "Danke. Bis später." Mit einem Winken dreht er sich um, aber ich halte ihn am Handgelenk fest. "Was ist, Yumi?" Ohne ein Wort drücke ich ihm einen Kuss auf die Wange und gehe.

-

Der Ball prallt auf den Boden und in der Halle ist es erdrückend still bis der Pfiff ertönt und die Fans der Karasuno in Jubel ausbrechen. Schnell stehe ich von meinem Platz auf und verlasse die Tribüne.

Total hibbelig warte ich am Eingang, wo die Jungs gleich rausgehen werden. Nach wenigen Minuten kommen sie auch schon. Sie sehen alle sehr erschöpft aus. Es ist auch ein anstrengendes und spannendes Spiel gewesen. Mein Augenmerk liegt aber auf einen bestimmten Spieler. Mein Sonnenschein sieht ebenfalls fettig aus, aber auch niedergeschlagen, obwohl er eigentlich jeglichen Grund hat, sich zu freuen. Sein Blick ist auf den Hallenboden gerichtet. Erst als die Nummer 1, der Kapitän Sawamura, ihm auf die Schulter tippt, hebt er den Blick. Lächelnd zeigen sowohl Daichi als auch Sugawara nach vorn auf mich und sofort erhellt sich sein Blick. Augenblicklich läuft er zu mir und vorsichtshalber mache ich mich bereit seiner stürmischen Umarmung entgegenzuwirken, aber er bleibt kurz vor mir stehen und mustert mich. "Ich dachte schon du wärst ohne ein Wort gegangen...", wispert er und ehe ich mich versah, küsst er mich. Zärtlich. Kurz. Aber es überrumpelt mich, dass ich mich nicht rühre. "Guck dir diese Tomate an, Tadashi!" Das kann nur diese versalzene Pommes sein. "Du kannst mir doch nicht einfach so einen Kuss geben und mich einfach stehen lassen, mein Engel." Es ist ewig her, dass er mich so genannt hat und dieser Kosename bricht endlich meine Starre. Ich lege meine Arme um seinen Hals und ziehe ihn näher zu mir, um ihn noch einmal zu küssen. Sofort erwidert er freudig.

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1525 Wörter

Haikyuu!! - OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt