Ein schwarzer Himmel mit weißen Sternen

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-Ich will allein sein, aber ich will nicht einsam sein.

Y/N pov:
Ich drehte mich abweisend zum Fenster und stützte mich auf meine Hand. Vor ein paar Stunden hatte ich mich noch gefreut, mit so vielen Menschen in Verbindung zu treten, die ausnahmsweise mal nicht aus dem Orden waren, aber jetzt... Die ganzen Leute waren mir viel zu laut und teilweise angetrunken. Nur mühsam hatte ich Felix abschütteln können, um mich wenigstens etwas von der Menschenmasse hier zu distanzieren. Ich fühlte mich ein Bischen überflüssig, ich meine... so von Niemandem gebraucht. Nerviges Gefühl, entschied ich.

Um die ganzen Geräusche zu übertönen, starrte ich nach draußen in die dunkle Nacht. Die kleine Landschaft bis zu dem Wald sah bis auf die zwei Bäume sehr frei und ruhig aus, das komplette Gegenteil von meinem Aufenthaltsort. Verträumt betrachtete ihc die kleine Lichtung und die zwei harmonisch nebeneinander stehenden Bäume darauf, bis ich zwischen diesen Bäumen etwas funkeln sah. Sie standen so dicht beieinander, dass ich nur den starken Kontrast zwischen schwarzer Kleidung und dem angeleuchteten Gras erkennen konnte. Neugierig richtete ich mich wieder auf, bis es mir einfiel. Ich hatte Severus schon relativ lange nicht mehr zwischen den Leuten gesichtet. Ohne jemanden zu fragen huschte ich schnurstracks an den Schülern vorbei zur Bürotür, wo mich ein halb-betrunkener Felix fast mit einer Umarmung erwürgt hätte.
"Ey sag mal, spinnst du?!", rief ich ihm aufgebracht zu. Normalerweise hätte ich nicht so aggresiv reagiert, aber das Ganze ging mir schon seit geraumer Zeit ziemlich auf den Sack. Überrascht lies er mich los, was ich nutze, um mich schnell aus dem Staub zu machen. Pech für ihn, dachte ich genervt.

Auf den Gängen konnte ich mich wieder einigermaßen beruhigen und ging etwas langsamer. Es war ein befreiendes Gefühl, endlich in dem Tor zu stehen und die frische Luft durch die Lunge gleiten zu lassen. Langsam ging ich auf die beiden einsamen Bäume zu. Dort lag Snape, mit offenen Augen und überkreuzten Armen und Beinen.
"Hier versteckst du dich also.", sagte ich ruhig, um ihn nicht zu erschrecken. "Ich mich wohl auch, wie's aussieht.", fügte ich noch hinzu. Er wand seinen Blick nicht von dem klaren Sternenhimmel ab, doch seine Mundwinkel zuckten bei meinen Worten kurz nach oben. Vorsichtig lies ich mich mit genug Abstand neben ihm nieder und lies mienen Blick ebenfalls zu den leuchtenden Sternen gleiten.
"Warum bist du hier?", fragte er etwas monoton, doch ich antwortete mit einem leichten Lächeln: "Wahrscheinlich aus dem selben Grund, wie du."

Dann lehnte auch ich meinen Rücken in das Gras fallen und überkreuzte Beine und Arme hinter meinem Kopf. Eine Weile lang sagte wir nichts mehr, doch es war keinesfalls unangenehm. Manchmal schielte ich zu ihm herüber, doch er schien den Himmel heute ghanz besonders interessant zu finden.
"Was denkst du gerade?", fragte ich unsicher, ob er mich langsam nervig finden würde, doch er antwortete ruhig. "Nichts besonderes.", dann wartete er ein paar Sekunden, bevor er mich unschlüssig zurück fragte: "Und was denkst du gerade?"
Erst wusste ihc nicht, was ich antworten sollte, doch dann fiel es mir wieder ein.
"Ich frage mich, wie du das machst."
Ich wusste genau, auf was mein Gehirn mit diesem Satz hinaus wollte, doch ich durfte dies nicht zulassen. Ich würde es gänzlich für mich behalten, dass ich über die wahre Identität des Nachtschattens bescheid wusste.
"Was machen?", fragte er und drehte den Kopf zu mir, um mir in die Augen zu schauen. "Falls du meinen Job meinst-", stöhnte er auf, doch ich unterbrach ihn. "Nein, Severus. Ich meine nicht deinen Job - denke ich zumindest. Ich meine, wie machst du das; Leben, ohne eine Vertrauensperson oder sowas... Eine Person, die man liebt?"
Bei mehreren Anspielungen zuckte er leicht zusammen, hatte sich dann aber wieder schnell unter Kontrolle.
"Das mich Leute nicht lieben können, habe ich bereits eingesehen. Daran kann ich nichts ändern.", meinte er gleichgültig und schloss die Augen. Verwirrt von solch einer Ergebenheit kniff ich die Augen zusammen und musterte ihn.
"Aber jeder braucht jemanden.", sagte ich und richtete meinen Oberkörper auf. "Sogar der Teufel braucht einen Freund."
Snape öffnete eines seiner Augen und blinzelte mich an. Dann zuckte er mit den Schultern und schloss es wieder. Etwas erschüttert von seiner Gleichgültigkeit rutschte ich näher an ihn heran und legte mich wieder hin. Ihn schien das nicht zu stören, denn er regte sich keinen Millimeter. Irgendwie kam es mir eher vor, als würde er sich noch ein paar Zentimeter zu mir bewegen, aber das war sicher nur die Müdigkeit.
"Weißt du... Immer, wenn du so lange weg bist - nicht beim Essen erscheinst und so weiter - denkt der Orden, dass du... Naja, du weißt schon.", meinte ich leise. Er machte seine schwarzen Augen auf und lies einen genervten Laut von sich hören. "Wenn du hier bist, um mit mir über den Orden zu reden-" Ich unterbrach ihn wieder: "Nein, dass bin ich ganz bestimmt nicht. Ich wollte dir nur sagen, dass ich nicht dazu gehöre. Ich glaube dir, wenn du sagst, du hättest in dieser Zeit nichts mit du-weißt-schon-wem zu tun, und ich wollte, dass du es weißt."
Er antwortete nicht, sondern starrte nur weiter in den Sternenhimmel und es schien, als würde er nicht reagieren. Nach einer Weile legte er den Kopf schräg und flüsterte: "Da bist du so ziemlich die Einzige."
Am Liebsten hätte ich jetzt mit "Das glaube ich nicht" geantwortet, doch das wäre eine Lüge gewesen.
Stattdessen legte ich meinen Kopf ebenfalls zur Seite und wir schauten uns wieder in die Augen. Stundenlang hätte ich so daliegen können, auf der Wiese, versteckt von zwei Bäumen und unter den klaren Sternenhimmel.
"Ich habe mich schon seid dem 'Vorfall' im Grimmaultplatz etwas gefragt.", begann ich und er hörte mir erwartend zu. "Du warst so wütend auf Sirius und...", ich stockte. Ich wusste nicht, wie ich ihn fragen sollte. Er wusste wahrscheinlich schon, was ich meinte, lies mich aber dennoch ausreden. Ich fasste mich kurz und seufzte lautlos. Dann fragte ich: "Woher kommt diese ganze Wut? Was hat Sirius getan?"

𝙳𝚒𝚎 𝚣𝚠𝚎𝚒𝚝𝚎 𝙻𝚒𝚎𝚋𝚎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt