Akt 5: This gig, duuuuude

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Bobby's Bowling war der Kleinstadt-Treffpunkt schlechthin. Jeder Jugendliche würde an einem Freitagabend das Elternhaus verlassen und sagen: „Mom, Dad, ich bin mit meinen Freunden bei Bobby's Bowling." Meistens war das dann nicht einmal gelogen. Leider war es Montag und bei Bobby's Bowling herrschte das übliche Geschäftstief zum Beginn der Woche. Jerry und Ben nahmen ihren Job dennoch professionell und bauten kommentarlos für ein fünfköpfiges Publikum auf. Zum Glück waren weder Julia noch Sandy vor Ort. So blamierten die Beiden sich zumindest nicht vor allzu vielen Leuten. Hätte Tante Donna nicht bereits bei ihrer Ankunft an der Bar gesessen, hätten sie das Alles sogar mit Humor genommen. Allerdings war sie nun Mal an der Bar und beobachtete sie mit einem honigsüßen Lächeln, dem der auf den Zähnen verschmierte Lippenstift keinesfalls fehlen durfte. Als sie sich erhob, um nach großer Ankündigung für das gesamte Klientel die Toilette aufzusuchen, zeichneten sich die Linien ihres Strings unter ihrer berühmt berüchtigen lila Glitzerleggins ab. Daraufhin wendete sich Ben wieder angewidert der Höheneinstellung seines Mikrofons zu. Der eine oder andere leise Pups ließ sich allein durch ihre Nähe dennoch nicht mehr aufhalten.

Inzwischen hatten sie alles aufgebaut. Es war also an der Zeit, die Band zusammenzutrommeln. Ein kleiner Mut-Plausch sollte das Einheitsgefühl stärken. Außerdem musste Ben Jerry dringend daran erinnern, den lila Morgenmantel endlich auszuziehen.

„Dudes!", rief Jerry und winkte alle zu sich. Berry erhob sich brummend von seinem Schlagzeughocker, was Jerry als ein positives Zeichen deutete. Nach zwei Jahren in einer Band mit Berry, hatten Jerry und Ben alle Facetten ihres Gegenübers herausgefunden.

Zum Beispiel rümpfte Berry bei dem Wort Himbeeren die Nase (dies war vermutlich auf seinen Namen zurückzuführen) oder er konnte auf 36 Art und Weisen „Hm" brummen. Umdiese 36 Kategorien des „Hm" zu kategorisieren, waren für Jerry und Ben eineMenge dampfender Nächte vor einem Whiteboard drauf gegangen, welches sie aus dem Restmüllder Familie Harris gefischt hatten. Aber das nur am Rande.

Sein „Hm" an diesem Tag, war ein entschlossenes „Hm". Das war an den Winkeln seiner Augenbrauen abzulesen, welche etwas spitzer und höher wurden. Jen war Berry recht ähnlich. Allerdings sprach sie wesentlich mehr und aß zu Berrys empören sehr gerne Himbeeren. Die Beiden mochten sich trotzdem. Immerhin wohnten sie zusammen. Allerdings hatten sie auch unterschiedliche Rufnummern, weswegen sich Jerry und Ben bis heute fragten, welche Art von Beziehung sie führten. Ben hatte Berry einmal bei Burger Knight gefragt. Als Antwort hatte er nur ein „Hm" erhalten.

Die Vier steckten also die Köpfe zusammen.

„Was gibt's Jungs?", fragte Jen, motiviert, den Laden zu rocken. Um dies zu untermauern, zog sie sich den dunkeln Zopf etwas fester zu. 

„Ben und ich sind ohne DAS ZEUG unterwegs." Plötzlich herrschte ohrenbetäubende Stille unter den Vieren. Unterbrochen wurde sie jedoch von einem „Hm" in einer wesentlich höheren, fast schon quietschenden Tonlage. Die 37sigste Bedeutung war also geboren.

„Es war Mrs. Harris, oder?", Jen ballte die Hände zu Fäusten, „Der Tante zeig ich's!" 

Ben hob beschwichtigend die Hand. „Diesmal hat Mrs. Harris tatsächlich nichts mit der Sache zu tun."

„Oh." Jerry beugte sich vor. „Dudes, wir packen das. Wir spielen einfach die Songs auf der Setliste und dann ist Feierabend." Alle nickten und er gab jedem eine explodierende Faust. Motiviert von Jerry's wirklich coolem Fistbump ging jeder an sein Instrument. Ben stellte sich und seine Band vor. Aus Richtung Toiletten ertönte ein lautes Klatschen. Seine Hände schwitzten. Dann zählte Berry den Takt mit zusammenschlagenden Drums an. Es war so weit. Jerry und Ben funktionierten nur noch. Sie dachten nicht mehr, sie taten das, was sie die letzten Stunden geprobt hatten. Und obwohl sie gar nicht so schlecht waren, erschien es den Beiden, als wäre dieser Auftritt vergleichbar mit einer Glitzerleggins im Schrank: Unnötig, aber das Ding schien manchmal einfach trotzdem zu existieren. Nach dem ersten Song ertönte reger Applaus von zumindest drei von fünf Besuchern. Diesmal war Jerry mit der Ankündigung für den folgenden Songnamen dran. Er stellte sich also gerade direkt neben Ben an das Mikrofon, da veränderten sich die Windströmungen fühlbar. Marvin Gaye's Spirit wisperte erneut durch die Luft, noch bevor er das anmutigste Geschöpf der Welt überhaupt entdeckte. Jerry öffnete den Mund, jedoch nicht zum Sprechen. Völlig befangen von Sally's Schönheit stand er da. Sie lächelte ihn an, er lächelte zurück, so viel bekam er noch auf die Reihe. Ben erging er ebenso. Nur verdrehte Julia die Augen, während sie ihr apricotfarbenes Haar zurückwarf. Das war definitiv das Highlight seiner Woche. Plötzlich - erschien ein Engel mit den Beiden an der Tür. „5 Minuten Pause", brachte Jerry hervor und schnellte zu seiner Bestimmung. Ihm direkt auf den Fersen war Ben. Von Glückseligkeit durchströmt waren beide den Tränen nahe. Dann taten sie es. Sie fielen Dave in die Arme. Dave, der ein Tütchen Torpedo in der Hand hielt. Dave, um dessen massigen Körper Jerry und Ben mit vereinten Kräften nur reichten. Dave, der laut auflachte, während die beiden Damen an seiner Seite verwirrt die Stirn runzelten. „Das ist ein Weihnachtswunder, was?" Jerry und Ben nickten gefesselt und gemeinsam gingen sie vor die Tür. Sally und Julia dackelten unbemerkt hinterher. Mit vorgehaltener Hand fragte Sally Julia Folgendes: „Ist das immer so, wenn Dave auftaucht." Kurz bevor sie ebenfalls rausgingen brummte Julia „Hm-h", dies sofort bemerkend unterbrach Berry sein Gespräch mit Jen am anderen Raumes. Er registrierte das traurige „Hm" und salutierte Julia mitfühlend. Dafür kassierte er nur verwirrte Blicke und einen mitleidigen Schulterklopfer seitens Jen. Draußen machten sich Jerry und Ben direkt ans Drehen. Den Stoff würden sie später von ihrer Gage bezahlen, solange würde Dave noch warten.

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