Kapitel 3

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Aaliyah van Arietes

Meine Tante sah mich an, als wäre ich ein dummes naives Mädchen

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Meine Tante sah mich an, als wäre ich ein dummes naives Mädchen. Das hatte sie in letzter Zeit oft getan. Aber jetzt sah sie mich an, als wäre sie endgültig zu der festen Überzeugung gekommen, dass ich keine fähige Königin sei. Dass ich meinen Verstand verloren und meine Pflichten vergessen hätte.

Als sie sich wieder gefasst hatte, sagte sie mit lauter Stimme: „Das wirst du nicht tun."

„Und ob", widersprach ich. Sie konnte mich davon nicht abhalten.

„Lass mich das nochmal zusammenfassen." Sie versuchte sich zu beruhigen, doch das gelang ihr kein Stück. „Du möchtest deine Armee nach Castra schicken und mitgehen."

Entschlossen sah ich ihr in die Augen. Diane gewann bei einem Augenduell immer. Nur schade, dass ich ihre Nichte war, die Tochter ihrer verstorbenen Schwester Imara. Also lag diese Sturheit wohl in der Familie.

Als Diane bemerkte, dass es keinen Zweck hatte, stöhnte sie frustriert. „Das ist völliger Schwachsinn! Aaliyah, du musst im Schloss bleiben! Soll man dich etwa töten? Dich, die einzig Verbliebene van Arietes? Wenn dir etwas passiert, bricht Chaos auf dieser Welt aus!"

„Du bist also der Meinung, dass ich mich in meinem Gemach verkriechen soll, anstatt auf das Schlachtfeld zu gehen?"

„Ich bin sogar der festen Überzeugung!"

„Wie kann ich ihre Königin sein, wenn ich dem Volk nicht beweisen kann, dass ich eine Kämpferin bin?"

„Weil du das nicht zu sein hast! Du triffst Entscheidungen über Leben und Tod und lässt sie deine Soldaten ausführen."

„Nachdem ich das Laufen gelernt habe, wurde ich von Mutter und Vater auf den Trainingsplatz geschickt, um eine Waffe in meinen kleinen Fingern zu halten - um das Kämpfen zu erlernen. Das war meinen Eltern sehr wichtig. Du warst zu dieser Zeit noch in Solis, nicht in Arietes. Es ist meine Bestimmung zu kämpfen. Ich habe eine außergewöhnliche Begabung. Das hat schon Vater in mir gesehen. Es wäre der Wille meiner Eltern gewesen, dass ich gegen ihn kämpfe."

„Genauso wie es ihr Wille gewesen wäre, dass er dir auch ein Schwert durch die Brust jagt, wie er es bei Ilyas und Imara gemacht hat?"

„Ich bin keine Königin, wenn ich nicht versuchen würde zu kämpfen. Castra wird der erste Angriffspunkt sein. Ich muss dorthin, um die Linie zu beschützen. Sie dürfen nicht weiter ins Land eindringen, sonst haben wir verloren."

„Hör dir doch mal selbst zu, Aaliyah! Das ist nicht deine Aufgabe. Du bist für die Befehle zuständig, aber dafür musst du nicht vor Ort sein. Das wäre viel zu gefährlich! Genau deshalb hast du Leute wie Adam Steel oder Delaila Adeyemi." Frustriert schüttelte sie ihren Kopf. „Du bist einfach nur lächerlich. So habe ich dich nicht erzogen."

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

„Du willst zu ihr! Das ist der einzige Grund!"

Meine Nägel gruben sich in meine Handflächen.

„Deswegen willst du nach Castra. Denkst du, ich bemerke das nicht?"

Ich öffnete meine Hände wieder. Meine Handflächen pochten vor Schmerz, doch ich ignorierte ihn. „Er wird zuerst nach Castra einmarschieren - und alles zerstören."

„Mein Gott, das ist nicht unser Problem! Wir werden unsere Armee vor dem Regenwald aufstellen und ihn und sein Gefolge überraschen."

„Das ist ein schlechter Plan. Er wird stärker als wir sein. Wir dürfen erst gar nicht zulassen, dass er arietischen Boden betritt. Wir brauchen die Navis-Piraten und ihre Anführerin Atlas. Gemeinsam mit ihnen können wir ihn und seine Schatten auf dem Meer abwehren."

„Das wird niemals funktionieren und tief in dir weißt du das. Aber du bist wegen Hiraeth, wenn das überhaupt ihr echter Vorname ist, völlig verblendet!"

Ich erhob meine Stimme. „Ich treffe hier die Entscheidungen!"

„Ich werde nicht zulassen, dass du zu ihr gehst. Sie wird deine Schwäche zu ihr ausnutzen und dich töten."

„Was redest du für einen - "

„ - Unsinn?", beendete sie mit spöttischer Stimme meinen Satz. „Ich habe ganz genau gesehen, wie sie dich damals auf dem Platz angesehen hat, als du deinen Dolch aus der Brust des Jungen gezogen hast. Den Hass, den sie dir gegenüber empfunden hat, war auf dem ganze Platz spürbar. Hass ist manchmal stärker als Liebe."

„Das ist nicht wahr." Meine Stimme zitterte und ein eiskalter Schauer jagte meinen Rücken herunter. 

„Werde endlich erwachsen, Aaliyah."

Auf einmal herrschte eine aufgeladenen Stille zwischen Tante und Nichte.

„Diane, ich - ich liebe sie", brach ich die Stille. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich sah wieder zu ihr auf, nur um festzustellen, dass sie es schon längst wusste. „Wenn Hiraeth tatsächlich die Nachfahrin der Viridians ist, wird er etwas mit ihr vorhaben. Warum sonst ist sie in meinen Träumen gewesen? Es ist Schicksal gewesen, dass wir uns begegnet sind. Das weiß ich. Die Götter haben es so gewollt. Sie wollen, dass Hiraeth und ich zusammenhalten und gegen ihn kämpfen. Damit Hiraeth zurückkehren kann."

„Wohin zurück?"

„Nach Tenebris."

„Das tenebrisische Volk sind unsere Feinde. Damit ist Hiraeth automatisch unsere Erzfeindin. Dieses Mädchen ist eine Lügnerin. Sie hat dich manipuliert. Wie oft muss ich dir das noch sagen?"

„Und wie oft muss ich dir noch klar machen, dass das nicht stimmt und Hiraeth keine Ahnung von ihrer Herkunft hat? Ich muss es ihr sagen. Nur zusammen haben wir eine Chance gegen ihn."

„Muss ich dich daran erinnern, dass Emerald Viridian unfruchtbar gewesen ist und sie diejenige war, die einfach nur daneben stand und nichts getan hat, als er Ilyas und Imara getötet hat?" Sie holte tief Luft. „Du wirst nicht gehen."

Wie konnte sie es wagen? Ich richtete mich vor ihr auf. „Das Haus der Aurums, der Beallators und der Solis stehen unter mir! Also frage ich dich: Bin ich nicht deine Königin?"

Diane zuckte zusammen. Ich hatte das ausgesprochen, was schon immer zwischen uns gestanden hatte. Es war das erste Mal, dass ich sah, wie meine Tante ihre Fassung verlor.

„Habe ich nicht alles für dich getan?", zischte sie wütend und baute sich vor mir auf. „Habe ich nicht meinen Thron in Solis wegen deinem Wohl all die Jahre vernachlässigt? Habe ich deswegen nicht mehr Zeit mit dir, als mit meinem eigenen Sohn verbracht, den ich kaum kenne? War nicht ich es, die dir immer zugehört hat und zur Seite gestanden ist? Du wirst jetzt auf mich hören, Aaliyah, und nicht den größten Fehler deines Lebens begehen! War ich nicht wie eine Mutter für dich?"

„Ich weiß, was du alles für mich geopfert hast und dafür bin ich dir dankbarer, als ich es jemals in Worte fassen könnte. Aber - " Ich festigte meine Stimme. „Sage mir niemals, was ich zu tun oder zu lassen habe. Du hast vielleicht die Rolle meiner Mutter eingenommen, aber du hast und wirst niemals ihren Platz einnehmen."

AALIYAHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt