Seine letzten Worte

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POV: Wilhelm
„Wieso hat er es nicht gesagt? Er muss es doch auch gefühlt haben." Wilhelm saß schweigend auf seinem Bett und ließ sich einen Satz immer wieder durch den Kopf gehen: „Frohe Weihnachten." Es hätte mehr sein müssen. Wille hatte sich so sehr gewünscht, dass Simon seine Liebe erwiderte. Doch je mehr er darüber nachdachte, desto schuldiger fühlte er sich. Er hatte Simon weggestoßen, wieder und wieder und er hatte es ihm sicher nicht leicht gemacht, immer bei ihm zu bleiben, trotz der Höhen und Tiefen. Was wenn Simon es nun nicht mehr konnte? Das Hin und Her hatte ihn vielleicht unsicher gemacht, sodass er sich nicht mehr auf Wilhelm, sondern auf sich selbst konzentrieren wollte. Der Gedanke, keine Chance mehr bei ihm zu haben, machte Wilhelm verrückt. Er hätte Simon nie von sich fern halten dürfen, doch es gab keine andere Möglichkeit. Seine Familie stand ihm immer im Weg. Schon sein ganzes Leben lang. Alles was er wollte, war ein normales Leben. Mit seinem Bruder, mit Simon und mit Freunden, die keinen Wert auf Erfolg oder Geld legten. In dieser Familie war ein solches Leben jedoch unmöglich.
Wille erschrak, als er ein lautes Klopfen an seiner Tür hörte. Ohne eine Antwort abzuwarten, betrat seine Mutter den Raum. „Kommst du, Wilhelm? Sie warten schon für das Interview." Schon wieder eine Aufforderung. Wilhelm seufzte und strich sich durch sein Haar. Genervt versuchte er, seine Mutter abzuwimmeln. „Ich muss bald zurück ins Hillerska. Wir haben ein wichtiges Essen mit Sponsoren." Doch sie ließ sich nicht davon beeindrucken. „Ich weiß es fällt dir manchmal schwer, doch dafür muss Zeit sein. Du trägst nun die Verantwortung, die deinem Bruder entzogen wurde und du darfst unser Land nicht enttäuschen. Das ist dir schon gelungen. Und jetzt zieh dich um. Alle warten nur auf dich."
Wille blieb still. Er konnte keine Diskussionen mehr ertragen, also stand er auf und gab kurz danach ein weiteres Interview. Das fünfte diese Woche. Simon sollte jetzt sein Zufluchtsort sein. Doch er hatte ihn oft genug in alles mit hineingezogen und das verdiente er nicht. Diese Aufmerksamkeit, die Wille auf sich zog, war falsch. Falsch für die Familie, falsch für das Land, doch vor allem war sie falsch für Simon. Er wünschte sich ein normales Leben für Simon, wenn er es auch selbst nicht haben durfte. Seine Nummer war blockiert, jeglicher Kontakt zu ihm blieb verschlossen.
Am Abend stieg Wilhelm ins Auto und fuhr zurück zum Hillerska. Das Internat schien ihm nicht mehr der richtige Ort zu sein, jetzt wo ihn alle verurteilend ansahen und er alles ohne Simon durchmachen musste. Als er durch den Flur lief, traf er auf August, welcher der letzte war, den er jetzt sehen wollte. Wilhelm hatte ihm vertraut, doch es war ein Fehler, denn er wurde hintergangen. „Wilhelm...", rief August, doch er konnte seinen Satz nicht zu Ende sprechen. Wille ignorierte ihn und verschwand hinter seiner Tür. Wie sollte er ihm je verzeihen können?
Wilhelms Handy zeigte eine neue Nachricht. „Verpasster Anruf. Von wem? Anonym." Er hatte nicht vor, zurückzurufen. Das tat er bei unterdrückten Nummern nie. Doch plötzlich las er, wo der Anruf herkam und erschrak. Bjärstadt. Bjärstadt? Alles kam durcheinander, wenn Simon nun wieder in sein Leben trat. Seine Gefühle waren gespalten seit er ihn kannte. Wilhelm war verliebt, doch er versuchte es zu blockieren. Dabei war das nie das was er wirklich wollte. Es war bloß eine Maßnahme, die er ergreifen musste, um keine Enttäuschung zu sein.
Sofort öffnete er das Fenster in seinem Zimmer. Wilhelm konnte nicht mehr klar denken. Sein Hals schnürte sich zu, als er nach Luft schnappen wollte. Vielleicht dachte Simon gerade an ihn. Vielleicht hatte er vor, ihm zu sagen, dass er ihn auch liebte und dass er ihn nicht einfach so gehen lassen konnte. Doch was dann? Das würde es nur komplizierter machen. Wille stand immer noch dicht am Fenster. Er blieb noch weitere fünf Minuten stehen, bevor er sich endlich ins Bett legte und versuchte, zu schlafen. In Wilhelms Kopf herrschte Unruhe. Er wollte schreien und am liebsten wollte er, dass alle hören konnten, was in ihm vorging, doch er konnte es nicht rauslassen.
Die Frage, wie er mit Simons Anruf umgehen sollte, blieb offen. Wilhelm schlief nach langem Nachdenken ein, doch er wusste genau, dass der nächste Tag auch nicht alle Probleme lösen konnte.

Young Royals Staffel 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt