Kapitel 3 | III

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Kapitel 3
Donach im Jahre 1308


»Lady Plantagenet«, begrüßte der Laird Elizabeth mit einem knappen Nicken, »du bist recht spät. Man sagte mir, als man dich in deinem Zimmer abholen wollte, dass du nicht da gewesen wärst.«

»Lady Veloria hat mich heute morgen dort abgeholt. Sie war so freundlich, mir den Bücherraum mit Meerblick zu zeigen«, erklärte sie. Ein kleiner Teil von ihr, der offensichtlich Todessehnsucht hatte, ließ sie dann noch hinzufügen: »Eigentlich hätte ich erwartet, dass schon gestern jemand nach mir schauen würde, aber offenbar hatte man vor, mich dort in Ungewissheit zu lassen.«

Kaum hatten die Worte ihren Mund verlassen, hätte Elizabeth sich am liebsten selbst getreten. Sie wollte keine Aufmerksamkeit erregen und sie wollte dem Laird eigentlich auch nicht noch mehr Gründe geben, dass er in ihr eine Feindin sah. Und doch, jener kleiner Teil von ihr, der sie diese Worte hatte sagen lassen, verlangte danach, diesen Mann zu schlagen und zu demütigen — und sei es nur verbal.

»Deine Feindseligkeit mir gegenüber überrascht mich nicht«, kam es langsam von ihm, »Ihr Engländer handelt nur nach Vorurteilen und Gerüchten. Dabei war ich stets freundlich zu dir.«

Empört ballte Elizabeth die Fäuste: »Ihr habt mich entführt! Was erwartet Ihr also? Dass ich Euch vor Freude die Füße küsse? Und selbst wenn Ihr mich nicht entführt hättet, ich mag Euch nicht. Ist es Euch denn noch nie untergekommen, dass man sich einfach nicht mag? Manchen Menschen passen eben einfach nicht zusammen, egal, welcher Religion oder Herkunft sie angehören oder welche Vergangenheit sie teilen. Ist das so schwer?«

Mit einem finsteren Ausdruck auf seinem Gesicht trat Kenneth MacDonald näher an Elizabeth heran. Unwillkürlich wich sie zurück, bis sie mit ihrem Rücken an das harte Holz der Tür stieß. Sie war allein mit ihm und der Gang hier oben war so menschenleer gewesen, dass sie davon ausging, dass nicht zufällig jemand das Arbeitszimmer des Lairds betrat. Und selbst wenn jemand vorbei käme, niemand würde ihr helfen.

»Ich bin es nicht gewohnt, mit einer solchen Frechheit behandelt zu werden«, zischte er ihr kalt zu.

»Das wundert mich, dabei seid Ihr Schotte. Niemand in diesem Land schert sich darum, wie er einen Schotten behandelt«, zischte sie ebenso kalt zurück und bemühte sich um eine gleichgültige Haltung, sodass er nicht bemerkte, wie verängstigt sie von seiner Gegenwart war.

»Ich werde dein vorlautes und freches Verhalten nicht tolerieren. Mag sein, dass Höflichkeit in England unwichtig ist, aber hier verlange ich, dass du dich an meine Regeln hältst.«

»Mir war nicht bewusst, dass ich unhöflich bin«, presste Elizabeth zwischen ihren Zähnen hervor, »ich habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ich Euch nicht mag und es deswegen vorziehen würde, Eure Gesellschaft zu meiden. Und das hat nichts damit zu tun, dass Ihr Schotte seid. Die Anwesenheit von Lady Veloria empfinde ich bisher als sehr angenehm. Ich frage mich, ob Euch das nicht gelegen kommt? Warum wollt Ihr die Gesellschaft eines Menschen, der die Eure nicht schätzt?«

»Es reicht jetzt«, stieß er hervor, ehe er sie mit seinen Händen an ihren Schultern fest gegen die Wand drückte. Bevor er jedoch mehr sagen konnte, drückte Elizabeth ihre Arme rechts und links unter seinen Armen nach oben, wodurch er seinen Halt verlor, ehe sie ihm mit der flachen Hand unter sein Kinn schlug. Sie sah Überraschung in seinen Augen aufblitzen — keinen Schmerz. Natürlich hatte sie ihn nicht verletzt, aber zumindest bedrängte er sie nicht mehr. Innerlich klopfte sie sich auf die Schultern, denn ihr nächtlichen Übungen, in denen sie die Übungen der Soldaten nachahmte, sowohl jener auf Windsor und als auch auf Barnard Castle, hatten sich ausgezahlt.

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