Kapitel 2 | II

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Kapitel 2
Livingston im Jahre 1308

Sie wurde blass. Wusste der Laird womöglich von Edwards Herzlosigkeit? Denn, wenn, dann hätte sich Edward gleich noch unsympathischer gemacht, dabei konnte er dies in einem Krieg gegen ganz Schottland so gut wie gar nicht gebrauchen. Was, wenn andere Länder davon erfuhren, wie er seine beiden Schwestern ungeschützt an die Grenze Schottland geschickt hatte? Niemand wollte doch eine Allianz mit einem herzlosen König. Immerhin musste sie sich auch um ihre eigenen Truppen kümmern. Und egal wie sehr Edward sie verletzt hatte, er war ihr Bruder und sie würde immer für ihn gerade stehen, obwohl er der Ältere war.

»Ich bin eine Magd«, teilte sie ihm daher trotzig mit.

»Magd, ja? Meines Wissens nach bist du die jüngste Königstochter«, entgegnete er angewidert.

»Unser Volk leidet unter den hohen Kosten für einen Krieg und kann daher jede helfende Hand gebrauchen. Auch die einer Prinzessin«, log Elizabeth Edward verteidigend und mit entschlossenen Ausdruck im Gesicht, der ihn einmal perplex blinzeln ließ.

»Causantín!«, rief er nach hinten zu seinem Bruder, welcher kurz darauf auf Kenneths linker Seite auftauchte. Elizabeth hatte beschlossen, ihn allein aus Trotz bei der englischen Version seines Namens anzusprechen.

»Bring sie zurück in den Karren. Allerdings in den anderen, wo Cuilén nicht ist«, richtete er sich an Causantín.

»Nein.«

»Nein?« Endlich trat so etwas wie Wärme in seinen Blick, obwohl diese Wärme in einem sonst so kalten Gesicht eher beunruhigend wirkte. »Du widersetzt dich?« Er war so nah an sie heran geritten und beugte sich zu ihr hinunter, dass sie eine tiefe, jedoch winzige Narbe unter seiner linken Augenbraue erkennen konnte.

»Dort bin ich allein und ohne Gesellschaft werde ich von meinen Gedanken zermalmt.« Sie zuckte zusammen, als die beiden großen Männer zu lachen anfingen und kämpfte gegen ihre Furcht an. Eine Demütigung.

»Bring sie in den Karren.«

»Bitte. Wenn Ihr es auf Geld abgesehen habt – ich kann es Euch zahlen. Ausreichend.« Bisher hatte jeder Mann, den Elizabeth kannte, seinen Preis gehabt und das hatte ihr schon das ein oder andere Mal ihre Seele gerettet, allerdings war das Stirnrunzeln dieses einen Mannes hier nicht gerade vielversprechend.

»Ich will Fleisch und Blut von deinem Bruder, Elizabeth! Gold kann mir nicht die Männer zurückbringen, die ich verloren habe!«

»Also habt Ihr vor, mich zu töten?«

Ehe sie noch etwas hinzufügen könnte, entwich ihm ein tiefes, unzufriedenes Knurren aus seiner Kehle, als würde sich das Monster, welches er war, direkt unter seiner Haut befinden und sich jeden Moment befreien wollen. »Im Gegensatz zu deinem Bruder töte ich keine Frauen und Kinder.«

Grenzenlose Erleichterung durchströmte sie, doch im selben Augenblick wurde sie sich einer weiteren Gefahr bewusst. Sie hatte einmal versehentlich gesehen, was Edward mit Gefangenen auf Windsor Castle angestellt hatte und eine Vergewaltigung konnte genauso brutal sein wie Mord.

Und diese Gefahr konnte von jedem der hier mitreisenden Männer ausgehen – Cuilén schloss sie sich selbst ermahnend aus. Als sie sich einmal umdrehte, ertappte sie in der Tat viele dabei, wie sie anzüglich ihren Körper betrachtete, als rechneten sie sich aus, wie groß wohl ihr eigener Anteil an der Geisel sein mochte.

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