Kapitel 2 | III

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Kapitel 2
Livingston im Jahre 1308

Elizabeth erwachte auf einen wundervoll weichen Untergrund. Man hatte ein dickes Fell als Decke über sie gezogen und neben ihr saß Causantín, welcher sie aus wachsamen, schwarzen Augen beobachtete. Draußen war es dunkel und nur eine Öllampe neben Causantín spendete ein wenig Licht.

»Bist du verletzt?«

»Nein, nur ein wenig.« Sie setzte sich auf, zog ihre Cotte von ihrer Schulter, um den Schnitt zu begutachten, mit dem MacDonald sie gezeichnet hatte. Die Wunde blutete schon fast gar nicht mehr. Elizabeth spuckte sich leicht auf die Hand und rieb dann über den Schnitt, wobei sie tapfer die Tränen herunter schluckte. »Das Mal, was er mir gemacht hat... er wird... er wird mich-«

»Er wird dich zu deiner Geliebten machen, ob mit oder ohne Mal«, fiel Causantín ihr ins Wort und sprach damit das Unheilvollste aus, was sie sich nicht getraut hatte. Allein schon in ihren Gedanken machte es sie krank, wie sollte dann die Realität aussehen? Die Geliebte eines Seelenlosen, eines Teufels?

Vor Angst bekam sie Herzklopfen. Der Laird of MacDonald war ganz anders als andere Männer – sie hatte seine Aura gespürt, als er das erste Mal auf Barnard Castle auf sie zugekommen war. Schwarz und Dunkel. Und noch irgendetwas. Etwas Unaussprechliches, Verbotenes. Sie schüttelte den Kopf und blickte wieder zu Causantín, welcher noch immer nicht seine wachsamen Augen von ihr genommen hatte.

»Der Laird hatte dich unterbrochen, als du zu einer Erklärung ansetzen wolltest, ob du Gloucesters Hure seist. Was kannst du mir darüber erzählen?«

»Mein Bruder hat mich nach dem schnellen Ende meiner ersten Ehe erneut verheiraten wollen, weswegen seine Wahl auf den Duke of Gloucester fiel. Ich sollte ihn nach meiner Rückkehr von Barnard Castle heiraten«, erwiderte Elizabeth wahrheitsgemäß und konnte den fast schon vorwurfsvollen Unterton in ihrer Stimme schlecht verbergen. Die Heirat würde wohl ins Wasser fallen.

»Also hat er dich schon gekennzeichnet, ohne den Bund der Ehe?«

»Ja.« Elizabeth nickte betrübt, während alte Erinnerungen von ihr Besitz ergriffen. »Er meinte, da ich keine Jungfrau mehr wäre, könne er schon jetzt die Verpflichtungen einer Frau in einer Ehe einfordern. Offiziell bin ich seine Verlobte... gewesen. Inoffiziell seine Hure, leider.«

»Nur Schweine fordern so etwas von einer jungen Frau direkt nachdem sie verwitwet ist«, schnaubte er mit Verachtung in seiner Stimme.

»Also bezeichnet Ihr Euren Bruder auch als Schwein?«, fragte Elizabeth mit einem Schwung Provokation.

Causantín grinste. »Natürlich! Ich kenne kein größeres als ihn.«

Elizabeth schaute weg, damit er ihr Augenverdrehen nicht sah. Ob es Brüderliebe oder ehrliche Verachtung für die Handlungen seines Bruders war, konnte sie nicht aus dem unergründlichen Blick ihres Gesprächspartners ausmachen. Sie versteckte die Hände unter der Felldecke und war froh, dass Causantín die weiß hervortretenden Knöchel ihrer angestrengt zu einer Faust geballten Hand nicht sehnen konnte. Froh, dass Causantín nichts von ihren Gedanken wusste, die sich in ihrem Kopf überschlugen.

Bisher war ihr Causantín neben Cuilén am Normalsten vorgekommen, aber wenn der Bruder des Lairds jenen liebte und ihn als größtes Schwein bezeichnete, wer wusste schon, ob er seinen Bruder von einer schrecklichen Tat ihr gegenüber abhielt? Das war es, was sie in lähmende Angst versetzte.

Plötzlich wurden die Leinen, welche als Eingangsversperrung dienten, zur Seite geschoben und eine weitere Öllampe erschien in Elizabeths Sichtfeld. Dahinter verbarg sich das kantige, von Schatten konturierte Gesicht des Lairds.

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