Kapitel 1 | I

3.3K 162 15
                                    

Kapitel 1
Durham im Jahre 1308

Genervt starrte Elizabeth auf den Kübel voller Wäsche. Er schien sie zu verhöhnen, da es sie stets enorme Anstrengung kostete, jenen zu der Waschstelle am anderen Ende des Castles zu tragen. Die ganzen letzten Monde über hatte sie sich bereits darüber geärgert, dass sie zum Wäschewaschen verdonnert wurde. Nicht vor jedem einzelnen Wäschewaschen, aber oft genug. Und jedes Mal, wenn die Wäsche schon aus dem Kübel fiel, würde sie am liebsten das Handtuch schmeißen und abhauen. Aber wo sollte sie schon hin? Sie kannte sich nicht einmal in Windsor wirklich gut aus, dann würde sie hier oben in Durham kaum überleben können.

Sich selbst zuredend, dass sie es die letzten Male auch hinter sich hatte bringen können, hob sie den Kübel hoch und hielt ihn mit beiden Armen umschlungen fest. Beim ersten Mal hatte Eleanor ihr erklärt, wie sie die Wäsche zu waschen hatte und währenddessen waren sie auch deutlich schneller voran gekommen. Inzwischen brauchte Elizabeth nur noch zwei Tage für die gesamte Prozedur – einen zum Wäschewaschen und Wäscheaufhängen und den anderen zum Wäschefalten und das Einsortieren der Wäsche. Als sie mit dieser Arbeit begonnen hatte, brauchte sie ganze vier Tage für alles.

Elizabeth huschte mit eiligen Schritten aus der Waschkammer, in Richtung Innenhof. Jenen musste sie nämlich durchqueren, um an die Waschstelle zu gelangen. Wie immer herrschte ein reges Treiben in dem gepflasterten, schlammigen Innenhof, welcher stets dafür verantwortlich war, dass ihre Cotte am unteren Rand schmutzig wurde. Sie sah gerne den Kindern dabei zu, wie sie lachend über den Hof einem Ball hinter rannten oder sich im Heu versteckten. Wenn sie dann von einem Ritter oder ihrer Mutter angeschnauzt wurden, dass sie diesen Unfug gefälligst lassen sollten, wäre die englische Prinzessin am liebsten eingeschritten. Die Kinder waren noch so jung und frei, und solange sie dieses Privileg besaßen, sollten sie es auch ausnutzen. Aber da sie als einfache Magd nicht das Wort gegenüber einem Ritter, welcher dem niederen Adel angehörte, erheben konnte, schwieg sie und versuchte, die aufkommenden Erinnerungen an ihre strenge Kindheit zu verdrängen.

Ein helles Glockenschlagen ertönte plötzlich. Es hörte sich so anders als sonst an. Normalerweise waren es der Uhrzeit entsprechend viele Glockenschläge – ruhige, angenehme Glockenschläge. Jene, die allerdings nun über Elizabeths Kopf hinweg ertönten, bimmelten aufgeregt, durcheinander und schnell. Jegliche Ritter kamen in wenigen Augenblicken in den Innenhof gerannt, Mrs. C befahl den Kindern sofort den Schutz des Schlosses in Gebrauch zu nehmen und die Kinder eilten vor Angst davon.

Etwas schlimmes musste passiert sein, denn die Notfallglocke wurde nur in höchster Gefahr geläutet. Elizabeth hatte dieses hektische Glockenschlagen erst einmal vernommen und das war an jenen Tag, als die Scheune in Flammen stand. Es hatte Monde gedauert, bis man die Scheune wieder betreten und benutzen konnte. Mrs. C befahl allen, dort zu bleiben, wo sie waren, um sich der Gefahr entgegen zu stellen. Nur die Kinder mussten in Sicherheit bleiben.

Elizabeth eilte mit ihrem Wäschekübel hinter einen Karren voller Heu, hinter welchem sie sich versteckt hielt und schaute zu dem Innenhof herüber, wo Eleanor mit Mrs. C sprach. Doch gebrauchte sie nicht den ansonsten von ihr gewohnten ruhigen, liebevollen Tonfall, sondern kreischte hysterisch und voller Panik:

»Die Wilden! Die Wilden kommen... wilde Horden, hunderte, Mrs. C, hunderte! Riesen mit bemalten Gesichtern... draußen vor den Toren und sie kommen... sie kommen auf uns zu... auf das Barnard Castle!«

Erschrocken stießen auch die anderen Mägde, die sich rund um sie sammelten, schrille Angstschreie aus und rannte fort, um sich in dem Castle zu verstecken. Plötzlich tauchte Eleanor neben Elizabeth auf.

»Wen meintest du?«, fragte Elizabeth sogleich, bevor Eleanor auch nur die Chance hatte, ihren Mund zu öffnen. Ehrfürchtig zog Elizabeth ihre Schultern bis zu den Ohren, in der Hoffnung so könnte sie sich kleiner machen.

Allein gegen HighlanderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt