Kapitel 4 | II

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Kapitel 4
Donach im Jahre 1308

Sorgsam strich Elizabeth sich über ihr beigefarbenes Mieder, das ihrer Meinung nach immer viel zu eng geschnürt wurde und nichts anderem diente, als ihre Brüste nach oben zu pressen, um für einen Mann ansehnlicher zu wirken. Immerhin sagte man, je größer die Brüste, desto fruchtbarer war die Frau und es gab für Männer kaum etwas Wichtigeres, als einen starken, gesunden Nachfolger zu zeugen.

Nervös strich sie erneut über ihr Mieder, während sie darauf wartete, dass ihr Klopfen beantwortet wurde. Seit sie gestern früh mit Lady Veloria über das Kampftraining, welches auf Donach auch den Frauen zuteilwurde, gesprochen hatte und Veloria ihr versicherte, sie würde mit ihren Onkeln reden, hatte Elizabeth dem Moment entgegengefiebert, dass sie mit dem trainingsleitenden Krieger reden könnte. Nun hatte Veloria sie vor einer Tür im ersten Stockwerk abgeladen und war dann eilig wieder verschwunden, da sie sich um irgendwelche Vorbereitungen kümmern musste.

»Ah, Veloria hatte mir mitgeteilt, dass du herkommen würdest«, sagte Causantín erfreut, kaum dass er die Tür geöffnet hatte. Überrascht trat Elizabeth einen Schritt zurück. Causantín war Velorias Onkel? Sie hatte gestern gesagt, dass sie ein gutes Wort bei ihren Onkeln einlegen würde. Das hieß, Kenneth war auch ihr Onkel. Elizabeth unterdrückte das aufkeimende Gefühl der Erleichterung, als ihr bewusst wurde, dass Kenneth nicht der Vater war. Die beiden Brüder mussten also noch weitere Geschwister haben, die ein Elternteil von Veloria waren.

»Kommst du nun herein?«, hakte er nach.

Elizabeth riss sich von ihren Gedanken los und folgte seiner einladenden Geste, mit der er sie zu einem Sessel gegenüber von seinem Schreibtisch geleitete, ehe er sich selbst in seinem niederließ: »Veloria erzählte mir, dass du an unserem Kampftraining teilnehmen möchtest?«

Entschlossen betrachtete Elizabeth ihren Gegenüber. Sie brauchte dringend etwas, durch das sie ihren Hass und Zorn kanalisieren konnte. Schon oft hatte sie darüber nachgedacht, sich selbst Schmerzen zuzufügen, aber zum Glück hatte sie sich stets dagegen entschieden. Dadurch würde sie ihre seelischen Schmerzen nur unterdrücken, doch sie wusste, sie würden immer wieder kommen. Sie wollte die Schmerzen loswerden, sie herausschreien, sie wegschlagen, sich so sehr verausgaben, dass es keinen anderen Gedanken mehr gab als Muskelkater.

»Ja«, erwiderte sie mit monotoner Stimme, um den langsam auftauchenden Hass zu dämpfen, der immer dann erschien, wenn sie an ihre Vergangenheit dachte.

Causantín nickte: »Hast du Erfahrungen mit der Kampfkunst?«

»Nicht viele«, begann sie zaghaft, darauf bedacht, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen, »ich habe einige Bücher darüber gelesen und versucht, die beschriebene Theorie in die Praxis umzusetzen. Manchmal habe ich Krieger auch bei ihren Übungen beobachtet.«

»In Ordnung«, sagte Causantín und lächelte sie aufmunternd an, »ich werde einen meiner Krieger auf deine Ausbildung ansetzen. Leider kannst du nicht mit den anderen Frauen trainieren, da du so gut wie am Anfang stehst und unsere Frauen bereits viel weiter fortgeschritten sind.«

Elizabeth kam eine Idee. »Wäre es möglich, dass Cuilén mich trainieren würde?«, fragte sie hoffnungsvoll nach. Der junge Mann in ihrem Alter war ihr sehr sympathisch und sie hatte bereits mehrere Nächte neben ihm geschlafen, als sie nach Donach gereist waren. Mit ihm kam sie von allen Männern auf Donach immer noch am besten zurecht.

»Ich muss dich leider enttäuschen. Cuilén ist erst achtzehn Jahre, somit hat er sein Kriegertraining selbst vor gerade einmal zwei Jahren begonnen. Er ist weder bereits ein Krieger, noch dazu in der Lage, anderen etwas beizubringen. Zumal er kaum englisch spricht«, erwiderte Causantín, während er sich nachdenklich in seinem Sesseln zurücklehnte, »ich werde dir Alexander zuteilen.«

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