Kapitel 22: "Dreizehn"

17 5 2
                                    

Noah

So sehr ich es auch versucht habe, ich habe einfach kein Auge zubekommen. Stattdessen saß ich einfach nur vor der Tür und habe den Klängen der Musik gelauscht, welche auch irgendwann verklungen ist. Auch wenn man danach noch vereinzelt schreie aus der Nachbarschaft gehört hat, wurde es doch irgendwann still. Etwas, was sonst zu selten vorkommt. Und jetzt sitze ich noch immer hier. Angelehnt an der Tür, den Kopf im Nacken, darauf wartend, dass Lexa aufwacht und dass hoffentlich ihre Augen die gelbe Farbe verloren haben.

Auch wenn ich damit gerechnet habe, dass irgendwer nach hier oben kommt, sich vielleicht hier ein Zimmer sucht, so habe ich mich getäuscht. James hat es wohl irgendwie geschafft, alle fernzuhalten, wenn er überhaupt so lange da gewesen ist. Vielleicht hat er auch sofort wieder das Weite gesucht.

James. Einer meiner besten Freunde. Ein Anomolis und ich habe nichts gemerkt. Aber wieso wusste es Lexa? Oder ist das irgend so ein Ding zwischen ihnen. Vielleicht haben sie einen sechsten Sinn dafür. Aber wie konnte ich all die Jahre nichts merken? Wieso ist mir es entgangen, dass irgendein Tier in ihm ist. Und welches Tier überhaupt? Auch eine Raubkatze oder doch etwas anderes? Vielleicht ja irgendeine Schlage oder so. Aber wenn er ein Anomolis ist, wer ist dann noch einer? Und wird er denen, die was zu sagen habe, erzählen, dass ich es weiß? Vielleicht sollte ich einfach noch mal mit ihm reden. Sicherstellen, dass ich es nicht weitersage. Aber eigentlich müsste er das wissen. Wir sind Freunde und das nicht erst seit gestern.

„Ich sollte mich wohl entschuldigen", vernehme ich eine Stimme am Treppenansatz und sofort springe ich auf. Cooper kommt lässig auf mich zu und streckt seine Hände reuevoll in seine Hosentaschen, wodurch er für einen kleinen Moment wie ein 14-jähriger Junge aussieht, der einen Teller kaputt gemacht hat. Seine Augen zeichnen sich durch tiefe Augenringe ab und seine braun-blonden stehen ihm zu allen Seiten ab, als hätte er die Nacht genauso wenig geschlafen wie ich. Vielleicht wegen seinem schlechten Gewissen oder weil er zu viel Zeit mit Matt verbracht hat.

„Ja, aber nicht bei mir." Schlicht lehne ich mich an den Türrahmen und führe mir die Situation wieder vor Augen. Cooper wollte nichts Böses, dass will er nie, aber manchmal weiß er nicht, wann Schluss ist. Manchmal ist er zu unsensible.

„Nein-, ich meine ja, nicht bei dir." Er verlagert sein Gewicht an die kleine Kommode. „Ich habs echt versaut, oder?" „Ein bisschen vielleicht. Aber ich würde noch etwas warten", murmle ich mit dem Wissen, dass Lexa womöglich noch mit gelben Augen da drinnen steht. Wenn sie überhaupt schon wach ist. Wer weiß, wie viel sie getrunken hat, als sie alleine war.

„Ja... vermutlich." Er kratzt sich im Nacken. „Du kannst ihr ja sagen, dass ich mir ihr reden will... oder so." Mit einem einfachen Nicken gebe ich zu verstehen, dass ich es weitergebe. Auch wenn sich Lexa vermutlich nicht viel aus dieser Entschuldigung machen wird. Wenn sie sich überhaupt noch an die Auseinandersetzung erinnern kann. Wahrscheinlich wird es ihr eh egal sein, wie ihre Beziehung zu Cooper ist. „Ich sags ihr", gebe ich schließlich zu verstehen. „Danke." Er nickt mir noch einmal zu, bevor er sich sanft von der Kommode abstößt und den gleichen Weg wie eben zurück geht.

Mittlerweile haben wir zehn Uhr und mit einem Daumen nach oben gibt mir meiner Mutter zu verstehen, dass sie die Nachricht bekommen hat, die ich ihr die Nacht geschickt habe. So braucht sie sich wenigstens keine Sorgen zu machen, wo wir bleiben und weiß, dass wir später zu Hause sind. Auch wenn sie vermutlich zunächst nicht einmal gemerkt hat, dass wir noch weg sind.

Durch ein lautes Knallen auf der anderen Seite der Tür, wird meine Aufmerksamkeit von meinem Handy gelöst und vorsichtig klopfe ich an die Türe. „Lexa? Alles okay?" Natürlich könnte ich auch einfach die Tür aufmachen und nachgucken, aber davon ist sie bestimmt kein Fan. Ein weiterer knall kommt aus dem Raum und ich beginne mir Sorgen zu machen. Vielleicht ist irgendwas auf sie gefallen oder sie ist grade dabei aus dem Fenster zu klettern. „Ich komme jetzt rein", gebe ich Bescheid und öffne die Tür einen Spalt breit. Aber ehe ich sie weiter aufmachen kann, wird sie von der anderen Seite vollständig aufgezogen und Lexa steht vor mir. Die Haare, die sich aus ihrem Zopf gelöst haben, stehen zu allen Seiten ab und ihr Gesicht ist blass, wodurch sich die schwarze Sonnenbrille auf ihrer Nase nur noch mehr absetzt. Also haben ihre Augen noch nicht ihre Farbe verloren. „Woher hast du die Brille?"

Not quite humanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt