Manchmal muss man seinen Safe-Place verlassen, um etwas neues zu entdecken.
Viel zu schüchtern um überhaupt ein Wort rauszubekommen, schlägt sich Jungkook irgendwie durch, bis er in seinem Ballett Unterricht dazu gezwungen wird zusammen mit Jimin a...
Mein Fazit aus dieser Stunde: Jungkook war eine absolute Zumutung. Okay, ich musste zugeben, der Junge wusste, wie er sich bewegte, aber es sah mehr nach Modern Dance aus als klassisches Ballett. Er wirkte so als würde er auf unsicheren Boden tanzen, so als würde er den Boden nicht verlassen wollen. Füße waren immer recht flach oder setzten erst vorsichtig auf, bevor er Gewicht darauf verlagerte. Er hatte definitiv noch zu lernen, wie man sich ordentlich bewegte. An der Barre sah er ganz gut aus. Er stand sicher, konnte Plié*, ein einfacher Tendu* und ein einfaches Sauté* waren kein Problem. Bei einer Révérence* hatte er noch Probleme. Und Gott, es war nur eine Verbeugung. Wie konnte man sich bei der so anstellen?
Eindeutig. Er war nicht gut genug gedehnt. Und wir mussten noch andere Arten von Sauté üben. Und von Tendu auch. Himmel das würde viel Arbeit werden, wenn auch noch obendrauf kam, dass wir Hebefiguren und ähnliches einbauen mussten. Mir grauste es jetzt schon davor full-point zu tanzen. Es war nicht sonderlich schlimm, ich mochte es nur nicht besonders. Aber für den Wettbewerb würde ich es wohltun. Wenn Jungkook noch nicht so weit war auf dem ganzen Fuß zu tanzen, dann war das wohl so. Allerdings konnte ich so auch bestimmte Choreoparts streichen. Wir hatten uns noch nicht mal für eine Musik entschieden. Das würden wir hoffentlich bei unserem nächsten Treffen tun.
Seufzend schloss ich die Haustür auf und hängte meine Sporttasche an ihren Haken, bevor ich die schmutzigen Sachen daraus entfernte und diese in den Wäschekorb im Bad schmiss. Erst dann trat ich ins Wohnzimmer. „Bin nun daheim", teilte ich meinem Vater mit. „Wie war das Training?", fragte er und schaute einen Moment von seinen Unterlagen auf. Er brachte immer irgendwelche Arbeit mit nach Hause. Ich wusste nicht mal genau was er machte, aber ich durfte auch nicht schauen. „Lief gut", antwortete ich und überlegte einen Moment, ob ich ihm vom Wettbewerb erzählen sollte oder nicht. Schließlich hatte ich mit Jungkook keine Chance. Das würde mein Niedergang sein. „Hast du von dem Tanzwettbewerb gehört?", fragte er und ich seufzte innerlich. Das war definitiv mein Niedergang.
„Ja", sagte ich und pflanzte mich gegenüber meines Vaters. Meine Hausaufgaben warteten hier noch auf mich. „Hoseok hat uns in Pärchen eingeteilt. Das ist ein Pärchen basierter Wettbewerb. Und es gibt Runden, in denen man etwas erfüllen muss.", erklärte ich und schlug meine Hefte aus. Erst wenn ich hier fertig bin, wird es Abendessen geben. Ich war zwar nicht so ausgepowert wie sonst, aber doch verspürte ich den Hunger. „Verstehe", murmelte mein Gegenüber und schaute kurz auf seine Unterlagen, bevor er aufschaute, „Hoseok hat dir aber einen guten Partner zur Seite gestellt, oder?" Ich zuckte die Schultern.
Niemals würde ich zulassen, dass mein Vater wusste mit was für einer Niete ich zusammenarbeiten musste. „Ein weiterer Sieg tut sich gut in deinem Lebenslauf." Er murmelte zwar mit den Blick auf seine Unterlagen, aber ich verstand trotzdem was er sagen wollte: Verlier nicht. Ich holte Federmäppchen und begann meine Mathehausaufgaben zu machen, während sich in meinem Kopf diverse Szenarien abspielten.
Ich würde nicht wegen Jungkook verlieren. Wenn er doch so talentiert war und innerhalb solch kurzer Zeit in den Fortgeschrittenenkurs kam, so musste er sich eben nun auch anstrengen in der kurzen Zeit alles Nötige zu lernen. Gut du Nichtsnutz, beweise mir, dass du zu irgendwas nützlich bist. „Jimin...", mahnte mich mein Vater, da er bemerkt hatte, dass ich mal wieder nicht sofort schrieb, sondern in meinen Gedanken hing. „Es ist nicht viel, machst du schon Abendessen?", fragte ich und versuchte von meiner Unaufmerksamkeit abzulenken. Er nickte nur und begann seine Sachen wegzuräumen. „Du bist bis dahin aber auch fertig.", mahnte er ein weiteres mal und ging den Weg zu unserer Küche.
Bis nach dem Abendessen steckte ich alle Gedanken ans Tanzen in eine Schubblade und öffnete die erst wieder, als ich in meinem Zimmer war. Musik, wir brauchten passende Musik. Zuerst würde ich wohl meine Liederliste durchgehen und dann im Anschluss überlegen welches einfach ist. Wir brauchten was Einfaches, das umhauen konnte. Mit meinen Kopfhörern auf den Ohren, schob ich mein Bett zurück an die Wand. Unsere Wohnung war recht minimalistisch gehalten. In meinem Zimmer stand mein Bett mein Kleiderschrank und ein weiterer Schrank, in dem ich Dinge lagern konnte. Mein Vater war sehr penibel, weswegen bis auf dem Teppich sich nichts auf dem Boden befinden durfte.
Mein Blick blieb einen Moment an meinen Schleifen und Pokalen hängen, die ich bisher auf Wettbewerben unterschiedlichster Art geholt hatte. Von früheren Jahren waren nur Teilnahmeplakate und schleifen, aber je älter ich wurde, desto besser wurden auch meine Platzierungen. Nur in Ballett, hatte ich bisher nur aufs Treppchen geschafft. Auch diesmal würde ich meinen Dad stolz machen. Auch diesmal würde ich gewinnen. „Jimin!", rief mein Vater eindringlich gegen meine Kopfhörer. „Geh schlafen. Du schreibst bald den Vokabeltest und ich möchte, dass du dir Vokabeln noch mal vorm Schlafen anschaust und morgen trotzdem ausgeruht bis." Er wartete, bis ich nickte und schloss dann die Tür wieder hinter sich. Dann rann an die Arbeit.
Legende:
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