Jimin
Ich hatte irgendwie alles erwartete, als sich die Tür öffnete, nur nicht Jungkook. Jungkook der mit großen Augen in der Tür stand, total erschrocken, auf mich starrte. Dann änderte sich sein Blick, er holte Luft und begann: „Bist du von allen guten Geistern verlassen mit einem verletzten Fuß zu tanzen? Du könntest dir damit doch nur noch mehr wehtun und der Fuß kann durch die Belastung bestimmt nicht heilen! Ich meine, hast du schmerzen? Kann – kann ich dir was Gutes tun? Nein ich meine, können wir neu starten? Und könntest du bitte aus der Position kommen?" Der Jüngere redete schnell, stammelte zwischendrin die Wörter durcheinander und schien ein bisschen überfordert.
Bisher hatte ich es geschafft meine Verletzung vor allen geheim zu halten. Mein Vater hatte sich tierisch über den Mathetest aufgeregt und mir beinahe wieder verboten tanzen zu gehen. Nur im Angesicht des kommenden Wettbewerbs hatte er mich gehen lassen. Ansonsten hätte ich jetzt daheimsitzen und büffeln müssen, damit der nächste Test keine drei-plus, sondern mindestens eine zwei-plus wird. Ich selbst war mit der drei-plus eigentlich ganz zufrieden, allerdings war ich nicht damit zufrieden, dass Jungkook recht gehabt hatte. Mit einem kühleren Kopf hatte ich mich daran erinnert, tatsächlich für einen Moment meine Haltung verloren gehabt zu haben, weil mich seine warmen Hände abgelenkt hatten. Ich ließ mich auf den Boden sinken, während Jungkook die Tür hinter sich schloss und zu mir trat.
„Entschuldigung, ich wollte nicht plappern", murmelte er und setzte sich neben mich. „Schon gut", antwortete ich und betrachtete meinen Knöchel. Er schmerzte durch den Ballast, den ich ihm auferlegt hatte. Jungkook hatte ganz recht mit dem, was er gesagt hatte. Vielleicht war er ja nicht der Nichtsnutz, sondern ich, der seinen Vater nicht zufrieden stellen konnte. „Hör mal Jimin. Ich möchte mit dir einen Neuanfang wagen. Ich möchte dich besser verstehen lernen. Warum dir der Wettbewerb so wichtig ist und warum du der Meinung bist ich würde Privatstunden nehmen, um besser zu sein als du. Ich möchte dir sagen, dass ich diese Stunden nahm, um dir gerecht zu werden. Ich möchte das du gewinnst, weil du es mit deinem Können verdient hast. Ich bin dir dabei nur ein Klotz am Bein. Ich bin schlecht im Tanzen im Gegensatz zu dir."
Ich war etwas sprachlos. Jungkook war doch mega talentiert. Er war talentiert... Die Erkenntnis traf mich hart. Eine Pistolenkugel, die mich durchbohrte. Mir wurde leicht schlecht. Ich war eifersüchtig. Auf Jungkook. Ich hatte seinen Tanz nicht gemocht, weil er so viel Ausdruck drin hatte, der bei mir immer bemängelt wurde. Immer dann, wenn die Begründungen kamen, warum ich nicht den ersten Platz belegt hatte. Deswegen hatte ich begonnen meinen Tanz zu perfektionieren. Nicht Jungkook war der Fehler gewesen, sondern ich. „Das... das ist nicht wahr. Du tanzt gut. Ich... ich... Es tut mir leid, was ich alles zu dir gesagt habe." Tja, da war ich es nun der stammelte.
Überrascht schaute er mich an. Es fiel mir schwer, mir die Sache einzugestehen. „Als ich begann zu tanzen, hat jeder meine Ausführung bemängelt. Ich würde zu sehr außerhalb der Choreo tanzen und meinem Vater hat das nicht gefallen. Er möchte von mir immer Perfektion. Selbst bei einem Hobby, welches ich selbst wähle. Also habe ich begonnen hart zu trainieren, es hat mich Jahre gebraucht zu den Fortgeschrittenen zu kommen und bereit für Wettbewerbe zu sein. Ab dann wurde ich immer nur gelobt...", erzählte ich und lächelte schwach. „Du hast wohl den Ausdruck, den ich verloren habe. Und obendrauf ein Talent, was ich mir hart erarbeitet habe."
„Du bist so anders", stellte Jungkook fest und schaute mich aus großen Kulleraugen an. Aus süßen Kulleraugen. „Ja... kann sein. Mich haben wohl gerade mehrere Erkenntnisse getroffen", lächelte ich schwach. Nach einer Ewigkeit fühlte ich mich mal wieder ich selbst. Der Druck meines Vaters war gerade wie verflogen und ich glaube, dass es vor allem an Jungkooks verständnisvolles, sanftes Lächeln lag. Wir schwiegen uns ein Weilchen an. Die Stille war angenehm, nicht wie sonst, wenn wir trainierten. „Mein Vater ist sehr streng und ist nur zufrieden, wenn ich die besten Ergebnisse abliefern. Das ist der Grund, warum ich gewinnen möchte." „Ein scheiß Grund, wenn du mich fragst", meinte Jungkook leise und lugte vorsichtig zu mir herüber, um meine Reaktion abzuwarten. Als ich aber nichts sagte fuhr er fort: „Man sollte immer sowas für sich tun und nicht für andere."
Ich konnte nicht anders als ein bisschen zu lachen. „Und du?", fragte ich, „Du hast doch auch nur so hart wegen mir trainiert." „Touché", murmelte er und stieg in mein Lachen ein. „Dann sind wir wohl beide völlig falsch dran gegangen", stellte ich fest. Er nickte und schaute mich an. „Möchtest du mit mir weiterhin am Wettbewerb teilnehmen?" Die Frage traf mich auf einmal härter, als ich erwartet hatte. Wollte ich mit ihm am Wettbewerb teilnehmen? Unerwartet traf mich das Bild seines Vortanzes. Es spielte sich vor meinem inneren Auge ab, doch fügte meinen eigenen Tanz hinzu. Jetzt gerade fühlte ich mich mehr mit Jungkook verbunden als mit allen anderen des Tanzkurses. Alle anderen, hätten gleich gewechselt und ich, wenn ich mir mein Verhalten anschaue, hätte auch den Tanzpartner gewechselt. Jungkook nicht. Er hatte es versucht mit mir klar zu kommen.
„Als Neuanfang?", fragte ich und streckte meine Hand zu ihm aus. Jungkook lächelte sanft, doch noch nahm er meine Hand nicht an. „Aber nur mit dem Versprechen, dass wir ab jetzt nur noch für uns mitmachen. Wir sollten Spaß dran haben und nicht gewinnen wollen." Diesmal war ich es der für einen Moment zögerte. Ich wusste nicht, ob ich mich daranhalten konnte. Ob ich es schaffen würde auch gegen die Anforderungen meines Vater zu handeln. Aber vielleicht war ich dann mal wieder frei.
Freiheit...
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Hold me right - Jikook
FanfictionManchmal muss man seinen Safe-Place verlassen, um etwas neues zu entdecken. Viel zu schüchtern um überhaupt ein Wort rauszubekommen, schlägt sich Jungkook irgendwie durch, bis er in seinem Ballett Unterricht dazu gezwungen wird zusammen mit Jimin a...