Kapitel neun - zu fallen ist keine Tragödie

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Jungkook

Das Training am Montag war gar nicht mal so schlecht gewesen. Jimin hatte viel weniger gemeckert und mir nun auch endlich mitgeteilt was ich falsch tat. Wir waren irgendwie harmonischer gewesen und das machte mich glücklich. Das viele Training hatten sich ausgezahlt. Er hatte mich endlich als Tänzer akzeptiert. Gestern war ich wieder im Studio gewesen und hatte mich gedehnt, sowie Krafttraining gemacht. Ich musste genügend Kraft besitzen, um Jimin heben zu können. Am Wochenende hatte ich kurz Hoseok gehoben, nachdem er mich gehoben hatte. Nur ein paar sehr einfache und keineswegs welche die extrem hoch waren, aber ich hatte verstanden wie viel Kraft ich brauchte. Den Muskelkater, der meinen Körper durchzog, spürte ich fast gar nicht mehr.

Mein Stiefvater hatte mir versucht mein Balletttraining mal wieder auszureden, doch als er das mit dem Krafttraining vernahm war er irgendwie stolz und nickte mir anerkennend zu. Endlich würde ich mal was Männliches machen und mal ein paar Muskeln aufbauen. Die hätte ich mit meinem schmächtigen Körper bitter nötig. Gestern hatte er sich meinem häuslichen Krafttraining sogar angeschlossen und das fühlte sich erst recht falsch an. Es fühlte sich komisch an von ihm gemocht zu werden. Irgendwas von ich wusste das du nicht schwul bist oder so hatte er gesagt und mich gefragt, ob ich mit Ballett nun endlich aufhören würde. Ehrlich gesagt verstand ich den Zusammenhang da nicht. Hoseok tanzte schon sein ganzes Leben Ballett hatte eine Frau und zwei Kinder. Einer aus dem Fortgeschrittenenkurs hatte auch eine Freundin, welche allerdings Breakdance machte und mit Ballett nichts anfangen konnte.

Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Ich wartete auf Jimin. Heute hatte ich glücklicherweise eine Stunde früher ausgehabt, weswegen ich den Bus problemlos bekommen hatte. Also stand ich schon fertig umgezogen hier und wartete auf meinen Tanzpartner. Da es sich nur um Minuten handeln konnte bis er eintrat, hatte ich noch nicht begonnen mich warm zu machen. Vielleicht würden wir das ja mal zusammen machen können. „Hey Jungkook", begrüßte er mich da auch schon und stellte seine Tasche neben der Tür ab. Ich hatte schon vorher feststellen dürfen, dass Jimin recht schamlos war. Ihm machte es nichts aus sich einfach vor mir umzuziehen, obwohl die großen Fenster an der einen Wand einen guten Blick in den Raum gaben.

„Machen wir uns Warm?", fragte ich und trat zu ihm näher. „Klar." Seine Antwort fiel kurz und kühl aus. Ich traute mich nicht nachzufragen, ob er schlechte Laune hatte. Sein Privatleben sollte mich nichts angehen, zumindest vermutete ich stark das dann von ihm zu hören bekommen. Und wenn er wirklich schlechte Laune hatte, würde ich ungern seine Wand werden, auf die er Projektile schoss. Es war still zwischen uns, während wir uns aufwärmten und dehnten. Nur unser Atem war zu hören. Mal unregelmäßiger, mal langsamer, mal im Gleichklang und mal gegeneinander. Ich mochte das Geräusch, wenn sie im Gleichklang waren. Es strahlte stille aus, eine Verbundenheit, die ich gerne zu Jimin hätte. „Also dann womit beginnen wir?", fragte Jimin und schaute mich abwartend an.

„Musik?", mutmaßte ich denn die fehlte uns immer noch. „Kam noch nicht dazu", antwortete er. „Hab gestern für die Schule lernen müssen." „Gut, dann einmal Grundschritte und dann Hebefiguren?", schlug ich was anderes vor und sah, wie er zustimmte. Ich lief zur Stereoanlage und drückte auf Play. Wir hatten uns darauf geeinigt die grundschritte mit Musik zu üben, damit wir ein besseres Rhythmusgefühl bekommen. Darauf hatte Jimin bestanden und schlecht fand ich die Idee nun nicht.

Es fühlte sich nun nicht mehr ganz so komisch an mit Jimin zu tanzen, aber auch nicht so familiär, wie mit Hoseok. Hoseok konnte sich meinen Schritten anpassen, wie ich mich seinen Anpassen konnte. Jimin schien dieses Gespür fürs freie Tanzen nicht zu haben. Ich konnte um ihn herumtanzen aber nicht mit ihm. Er tanzte Choreografie abschnitte, immer wieder mal einen bestimmten abschnitt, einen bestimmten Rhythmus und ich hatte mich genau den ebenso zu beugen. Ansonsten würde ich nur wieder mit Jimin aneinandergeraten und das wollte ich nicht. Erst recht nicht, nachdem er aufgehört hatte meine Tanzkünste zu bemängeln.

Die erste Hebefigur, die wir später machten, lief relativ glatt. Natürlich ich kannte die Schritte noch nicht so gut und kam deswegen aus dem Rhythmus, aber wir mussten ausprobieren mit welcher Figur wir uns am wohlsten fühlten. Bei dieser schmiss sich Jimin als Kugel gegen meine Brust, sodass ich mit ihm in meinen Armen mich um die eigene Achse drehte, seinen Schwung dabei nutzend. Es war nicht so einfach im Richtigen Moment um seine Brust zu greifen, doch nicht unmöglich. Zu unserem Schutz hatten wir davor natürlich matten ausgelegt, die das Tanzen nicht vereinfachten, aber einen möglichen Sturz weniger gefährlich machten.

Die zweite die wir versuchen wollten war schon schwieriger, hierbei würde ich Jimin in seinem grand jeté begleiten, ihn dann an der Hüfte in der Luft halten und über meinen Kopf bringen und dann mich einmal um die Achse drehen, bevor ich ihn wieder ablasse. Zuerst übten wir natürlich nur das begleitete Springen durch meine Hände an seiner Hüfte und würden das andere erst später machen, wenn Hoseok auch dabei war, um mir Tipps zu geben, wie ich es besser machen könnte. „Hier?", fragte ich Jimin, welcher die Position meiner Hände überprüfte. Er hatte das schon öfters getanzt, er wusste, wo ich ihn anzufassen hatte.

„Ja, genau und nun probieren wir es", machte er fest und ich löste mich von ihm. Wir brauchten den Schwung von Jimin, um ihn überhaupt später in die Luft zu bekommen. Zuerst hielt ich ihn bei seinem Sprung nur an der Hüfte. Als nächstes würde ich versuchen ihn länger in der Luft zu halten, bevor ich meine Arme heben würde. Erst wenn ich ihn in einer Linie heben konnte würden wir die Drehung versuchen. 

Wir wiederholten gerade die zweite Stufe, als Hoseok in den Raum trat. „Ihr trainiert echt fleißig", meinte er und nickte uns zu. „Probiert es aus ich bin für den Notfall nun da. Ich denke ihr schafft das." Seine Aufmunternden Worte gaben mir das Selbstbewusstsein es wirklich zu versuchen. Es klappte. Dieser Sprung war uns Prima geglückt und Hoseok lächelte uns aufmunternd zu, gab uns noch ein paar Tipps und verschwand dann wieder zu den anderen.

Ich lächelte breit. Training hatte sich gelohnt es hatte sich sowas von gelohnt. Diesmal würde ich versuchen Jimin noch ein Stück höher zu bringen. Jimin tanzte mich an, ich hielt ihn, er sprang und ich hob ihn empor, dann verlor Jimin irgendwie seine Spannung, meine Arme begannen zu zitterten, meine Beine gaben plötzlich nach, ich verlor das Gleichgewicht und blieb mit den Schlappen irgendwie an der Matte hängen. Und dann stürzten wir. 

Verdammt. 

Hold me right - JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt