Kapitel 5

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Meine Mutter öffnete uns gerade mit einem Lächeln in ihrem Gesicht die Haustüre.
,,Ich dachte, ihr hättet uns schon vergessen'' scherzte sie.
Wir liefen in die Küche.
Meine Mutter bereitete uns trinken vor, während ich dort saß und Clay sich im Wohnzimmer bei Mike befand.
Clay verstand sich mit ihm genauso gut, wie ich.
,,Was ist passiert?'' fragte meine Mutter plötzlich.
,,Hm?'' machte ich.
,,Dein blaues Auge ist ja wohl nicht schwer zu übersehen'' kam es von ihr, während sie sich umdrehte und mir das trinken überreichte.
Ich hatte mein blaues Auge schon total vergessen.
,,Halb so wild'' antwortete ich ihr.
Sie war meine Mutter und kannte auch meine Vergangenheit, doch es sollte auch meine Vergangenheit bleiben.
Nicht nur für mich, sondern für alle anderen um mich herum ebenfalls.
Ich wollte niemanden weiter Sorgen beschaffen, ich musste damit nun einfach irgendwie alleine klar kommen.
Sie legte ihren Kopf schief und musterte mich.
,,Es hat aber nichts mit ihnen zu tun, oder?'' fragte sie nun.
Ein einfaches nein hätte gereicht, doch aus irgendeinem Grund, verstummte ich.
Ich schaute auf mein Glas und wippte darauf etwas unsicher und gedankenversunken mit meinem Finger auf und ab.
,,George'' hörte ich sie meinen Namen sagen.
Als ich sie wieder anschaute, wusste sie es.
Sie wusste, dass es er war - mein Vater.

Sie stellte ihre Kaffeetasse ab, schnappte sich ihren Schlüssel und schaute mich an.
,,Wir werden jetzt sofort zur Polizei fahren!'' kam es von ihr.
Sie wollte schon aus der Küche laufen, doch ich hielt sie auf.
Ich schloss die Küchentüre, damit Mike und Clay nichts mitbekommen würden.
,,Jetzt beruhig dich doch mal'' rief ich zu ihr.
,,Beruhigen? Um Gottes Wilen, George! Dein Vater ist nicht nur aus dem Gefängnis ausgebrochen und wird wahrscheinlich schon längst gesucht, sondern bedroht dich auch noch und will weiß Gott was von dir!'' entgegnete sie.
Sie legte ihre Schlüssel wieder auf den Tisch und lehnte sich gegen die Küche an.
,,Weiß Clay davon?'' fragte sie nun.
,,Nein, dass soll auch so bleiben'' antwortete ich ihr.
Sie fing an entsetzt ihren Kopf zu schütteln.
,,Du musst zur Polizei, du hast überhaupt keine andere Wahl!'' rief sie.
,,Nein, keine Polizei''
,,Was denn, George? Was willst du gegen deinen verdammten Vater alleine unternehmen?'' rief sie nun.
,,Was dachtest du denn? Was dachtet ihr alle? Das ich so leicht aus der ganzen Sache raus kommen würde?''
Sie fuhr sich mit ihren Händen über ihr Gesicht und seufzte dabei.

Plötzlich wurde die Küchentüre aufgerissen und Clay kam herein.
,,Ist alles ok bei euch?'' kam es verwundert von ihm.
Meine Mutter schaute mich an, ich schaute sie ebenfalls an - bittend, dass sie ihm nichts sagen würde, was sie zum Glück auch nicht tat.
,,Ja. Nur eine kleine Mutter - Sohn Auseinandersetzung'' scherzte sie.
Nun schaute Clay mich an, ich schenkte ihm ein Lächeln - auch, wenn kein echtes.
,,Wie läuft es mit deinen Eltern bisher? Kam noch immer nichts von ihnen?'' fragte meine Mutter Clay nun.
Sie schien das Thema wechseln zu wollen, aber war auch wirklich interessiert daran.
,,Nein, aber das ist mir mittlerweile auch ziemlich egal'' antwortete Clay.
Zum Verständnis noch einmal: seit dem heraus kam, dass Clay mit mir zusammen war, wollten seine Eltern mit ihm nichts mehr zu tun haben, da ich ja schließlich zu der Bande angehörte, die seine Familie und auch ihn bedroht hatte.
Clay sagte zwar, dass es ihm egal war, doch ich wusste ganz genau, dass es ihn auch traurig machte.
Familie, war schließlich Familie...was für mich allerdings nicht gilt.

Meine Mutter wusste, dass ich Sachen getan hatte, die sie sich nicht einmal hätte vorstellen können, aber sie wusste nicht genau was.
Ich fragte mich öfters auch, ob bereits aufgefallen war, dass Devin verschwunden war und falls ja, ob Spuren zu mir führen würden.
Alles, was zu mir führte, führte auch zu Clay.
Ich hatte vor nichts Angst, doch vor einer Sache gewaltig - Clay zu verlieren.
Wenn ihm noch einmal etwas - diesmal jedoch wegen meines Handelns - passieren sollte, könnte ich mir das niemals verzeihen.
Ich musste unter allem Umständen darauf acht geben, dass niemand von irgendetwas mitbekam oder mit herein gezogen werden würde.
Denn diesmal wusste ich nicht einmal, ob ich mich selbst retten konnte.

Tell me the truth - (Tell me everything 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt