Montag
"Also am 5.8.1963 unterzeichneten die USA, die UdSSR und Großbritannien eine erste wichtige Vereinbarung des Atomteststoppabkommen stimmt’s?" Verunsichert sah ich Finn an, der neben mir Platz genommen hatte.
"Genau und dieses Abkommen Verbot Tests von Kernwaffen in der Luft, dem Weltraum und unter Wasser. Was sollte damit eingedämmt werden?"
Konzentration bitte. Streng deine grauen Zellen an Toni!
"Die zunehmende radioaktive Verseuchung der Atmosphäre und der Meere?" Okay das war mehr eine Frage statt einer Antwort.
Mein Mathelehrer würde jetzt sowas wie 'ist das eine Antwort oder eine Frage' sagen.
"Siehst, du geht doch" begeistert sah er auf mich hinunter und automatisch musste ich lächeln.
Wir lernten bestimmt noch zwei weitere Stunden bevor ich in die Küche schlich und uns beiden einen Kakao machte. Langsam wurde es immer kälter und das, obwohl wir gerade mal Mitte September hatten.
Meine Mum schlief schon und ließ sich auch nicht von mir stören als ich mit den beiden Tassen und der Packung Gummibärchen wieder zurück nach oben eilte.
"Was ein Service. Dankeschön", vorsichtig schlürfte er an seiner Tasse und schon breitete sich ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht aus.
Ich selber gesellte mich auf mein Bett und stellte die Tasse auf den Nachttisch neben mir.
"Hast du Lust morgen mit ins Kino zu kommen? Wir wollen uns den vierten Teil der Purge Reihe angucken."
Überrascht sah er mich an.
"Du willst mich dabei haben?"
"Klar wir sind doch immerhin Freunde", strahlend sah ich ihm in die Augen.
Es stimmte ja schließlich auch, Finn war innerhalb dieser zwei Wochen ein Freund geworden, den ich fast täglich zusehen bekam und welcher sogar bei mir duschte.
Ich gebe zu, da ist noch etwas anderes in mir, das sagt, dass wir, ich weiß nicht, mehr sind als normale Freunde. Wenn er mir dieses Lächeln schenkt, dann beschleunigt sich mein Herzschlag und am liebsten würde ich ihm in die Wangen kneifen, weil er dabei so bezaubernd aussieht.
"Gern wann denn?" Die tiefe Stimme des braun haarigen riss mich mal wieder aus meiner kleinen eigenen Gedankenwelt.
"Mittwoch 17:05 Uhr"
Na dann wär das ja geklärt perfekt.
Wir gingen noch ein paar Sachen für Geschichte durch und sprachen noch über Gott und die Welt bis mir langsam der Po und die Beine einschliefen. Jeder kennt doch dieses ekelhafte kribbeln.
"Ich kann nicht mehr mein Po und meine Beine sind eingeschlafen" passend dazu erhob ich mich von meinem Stuhl um im Raum hoch und runter zu laufen während ich ein paar komisch aussehende Dehnübungen machte.
"Na dann los" Finn klatschte sich enthusiastisch auf die Oberschenkel bevor er kurz durch die Lucke zu sich rüberging und dann mit Pulli und Jacke wieder rauskam.
"Was hast du vor?" die Verwirrung in meiner Stimme war deutlich zu hören.
"Hier zieh das-" er warf meinen schwarzen Pullover in meine Richtung und dabei voll auf mich drauf "-an. Wir gehen spazieren."
Wieso eigentlich nicht?
"Okay bin dabei"
Unten schlüpfte ich schnell in meine Air Force die mittlerweile alles andere als weiß waren und zog mir noch eine Jacke drüber. Meine Mum war noch nicht zu Hause, weshalb ich nicht aufpassen musste, ob sie Finn sehen würde.
Mit den Schlüsseln bewaffnet begaben wir uns Richtung Stadtrand. Hier war es deutlich leiser als im Zentrum und auch die Luft war irgendwie besser. Ein tiefer Atemzug und meine Lungen füllten sich mit frischem Sauerstoff.
Es dämmerte und die Fledermäuse fingen an über unseren Köpfen hin und herzufliegen. Die Häuser hier waren nicht mehr die neusten und sahen noch viel schlimmer als unseres aus.
Wir liefen eine ganze Weile ab und zu redeten wir auch über belanglosere Dinge wie über unsere Freunde, die Schule und die Uni. Eben sowas aber selbst jetzt mochte ich es Finn beim Reden zuzuhören. Er hatte etwas Beruhigendes und Friedvolles an sich.
Als mein Blick zu Finn ging, konnte ich ihm ansehen, dass ihm etwas auf der Zunge lag aber sich nicht wirklich traute auszusprechen.
"Na los, frag schon" Ich will ihn ja nicht allzu dolle quälen.
"Was ist eigentlich mit deinem Vater?" Ihm schien es offensichtlich unangenehm zu sein das zu fragen aber mir machte das nichts aus.
"Gute Frage. Ich war ein One-Night-Stand meiner Eltern und meine Mum wollte mich behalten als sie ungeplant schwanger wurde. Sie hat meinem Vater gesagt er brauch sich, um nichts zu kümmern, eben nur das es nett von ihm wäre ein bisschen Unterhalt zu zahlen. Naja das macht er auch aber gesehen hab ich ihn nur einmal in meinem Leben und das war an meinem 14 Geburtstag"
Als ich klein war, gab es eine Zeit, in der ich mir einen Vater gewünscht hatte, weil alle anderen ein hatten, aber heute macht es mir schon lang nichts mehr aus. Ich bin gut ohne klargekommen und hatte die beste Mum aller Zeiten also warum daran etwas ändern.
"Was ist mit deinen Eltern, wie sind die so drauf?"
"Meinem Dad gehört eine große Handwerksfirma. Sie reicht gerade so um alles abzubezahlen aber so eine Firma zu haben war schon immer sein großer Traum. Und meine Mum ist in einer Schneiderei tätig. Früher hat sie meiner Schwester immer Kleider und Kostüme genäht" ein Lächeln umspielte seine Lippen bei den Erinnerungen.
"Du hast eine Schwester?" Überrascht sah ich Finn an. Das wusste ich gar nicht.
"Ja, sie ist drei Jahre jünger und wohnt im Wohnheim ihrer Schule. Sie ist gewissermaßen hochbegabt weshalb sie auf diese Sonderschule geht"
Ich wollte schon immer wissen, wie es ist Geschwister zu haben. Naja eigentlich hatte ich eine Vorstellung durch das Aufwachsen mit Liz und Tyler aber richtige Geschwister zu haben muss nochmal was anderes sein.
"Wie heißt sie? Erzähl mir was!"
"Kate ist 17 und sehr kontaktfreudig mit anderen. Als wir klein waren, hat sie mich ständig geärgert, da sie eine Zeit lang größer war als ich, bis ich ihr dann körperlich doch noch im Vorteil war. Dann hab ich den Spieß umgedreht"
Finns Augen strahlten, wenn er über seine Familie erzählte und das fand ich wunderbar. Meine Mum war so gut wie meine einzige Familie abgesehen von entfernen Verwandten, die man vielleicht alle drei Jahre zu sehen bekam. Es waren immer Sie und ich gegen die Welt.
"Wollen wir langsam zurück?"
"Ja, ich könnte im Stehen einschlafen."
Gott war ich müde.
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Finn
Teen FictionEs war stockdunkel, doch mit der Taschenlampe ging ich einige Schritte voran, bis ich einen unterdrückten Schrei von mir gab, als ich erst eine graue Socke sah, welche wirklich eine Ratte hätte sein können. Ein richtiger Schrei entkam meiner Kehle a...