Kapitel 8. Die verlassene Stadt

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Firenah kniff ihre Augen zusammen. Sie hatte Mühe, sich auf ihrem Pferd zu halten. Mit dem Ärmel ihres grünen Kleides strich sie sich den Sand aus den Augen. Schweiß lief über ihre Stirn.

"Wir müssen ein Lager aufschlagen!", rief Merrottli, die Bob fest umklammerte, damit er im Sandsturm nicht weggeweht wurde, "Es ist sinnlos weiterzugehen!" "Ich stimme dir zu!", entgegnete Josko, der seinen Hengst beruhigte, der ganz unruhig wurde.

Plötzlich ertönte ein lauter Schrei. Haer, der eine eher schlaksige Figur hatte, wurde von einem Windstoß erfasst und von seinem alten Pferd runtergeworfen. Er landete mit dem Gesicht im Sand. Die Freunde drehten sich um und brachen in Lachen aus. "Nichts passiert!", sagte er und rappelte sich auf. Sein Gesicht wurde ganz rot.

Die Freunde holten zwei große Zelte aus ihren Satteltaschen und machten sich an die Arbeit. "Das geht so nicht!", stellte Salya fest, nachdem sie eine Stunde versucht hatten, die Zelte aufzustellen, ohne dass sie vom Wind weggeweht wurden. "Hmmm.", machte Merrottli und strich sich die dunkelbraunen Haare aus dem Gesicht, "Vielleicht könnte ich einen Zauber durchführen. Wawildi, hole mir bitte mal mein Zauberbüchlein aus Bobs Satteltasche." Das Moosmännchen lief mit seinen kurzen Beinchen los und brachte der Zwergin das Buch. „Hier, bitteschön, Madame Merrottli.", sagte er höflich und verbeugte sich kaum merklich. „Dankeschön. Mal sehen!", antwortete sie, „Ah, hier!" Merrottli murmelte einige elfische Worte leise vor sich hin, während sie ihre Augen geschlossen hatte.

Die Zelte schwebten kurz in die Luft und fielen dann wieder zu Boden. Sie waren perfekt aufgebaut. Firenah stürmte hinein. „Es ist, als wären sie auf dem Boden festgeklebt!", sagte sie verblüfft.

In dem Zelt war es angenehm kühl. „Wie wäre es, wenn ich, Salya und Josko hier übernachten und Wawildi, Merrottli und Haer in dem anderen Zelt?", schlug Firenah vor und rollte ihre Matte aus. Salya warf ihr einen dankbaren Blick zu und schob Haer aus dem Zelt, bevor er protestieren konnte.

Am nächsten Morgen saß Firenah auf ihrer Matte im Zelt und kämmte sich den Sand aus den blonden Haaren. Der Sturm war vorüber und es war warm und stickig. Josko kam in das Zelt. „Guten Morgen! Hast du gut geschlafen?", fragte er sie, „Ich habe die Pferde gesattelt und bepackt. Wir können weiter reiten!"

Merrottli betrachtete die Karte, während sie auf Bobs Rücken saß. Ihre Hände waren schwitzig und ihre Haare in einem Turban nach oben gesteckt. Ihre Augen waren zusammengekniffen und ihr rotes Gesicht lag in Falten. Der Arme Bob stolperte erschöpft über den sandigen Boden. Wawildi pfiff ein fröhliches Lied vor sich hin. Er schwebte auf Helena hin und her und wippte mit seinem Kopf.

„Da müssen wir hin!", sagte die Zwergin schließlich und deutete auf einen Punkt in der Ferne. „Sind das- Häuser?! Mitten in der Wüste?", fragte Firenah und kniff die Augen zusammen.

Die Freunde ritten durch das steinerne Tor in die Stadt. Ein unheimlicher kühler Wind blies ihnen ins Gesicht. „Warum ist hier alles so verlassen?", fragte Haer misstrauisch und strich sich durch sein oranges Haar. „Weil niemand in der Wüste leben will, du Dummkopf!", sagte Wawildi lachend und schwang sich von seinem Schmetterling. Auch die anderen stiegen von ihren Pferden.

Firenah lief durch die leeren Straßen. Die leeren steinernen Häuser und die staubige Straße unter ihren Füßen bereitete ihr Gänsehaut.

„Buh", ertönte es plötzlich hinter ihr und sie wurde an den Schultern gepackt. Firenah schrie auf und fuhr herum. „Ach, du bist es!", sagte sie beruhigt und fiel dem lachenden Josko in die Arme. „Wir haben einen Ort zum Schlafen gefunden! Komm!", sagte er und zog Firenah hinter sich her.

Merrottli und Wawildi hatten ein Nachtlager in einem verlassenen Stall aufgeschlagen. Hier war es wohlig warm und sie konnten auf dem weichen Heu schlafen. „Salya und Haer suchen etwas zu Essen!", sagte Merrottli und machte ein Feuer. „Setzt euch schon einmal hin!", ergänzte Wawildi und deutete auf ein paar umgedrehte Kisten, die rund um das Feuer platziert waren.

Die Sonne war nun untergegangen und der Mond erschien am Himmel. Haer und Salya hatten die ganze Stadt durchsucht und nur ein bisschen vertrocknetes Brot und ein paar Kräuter gefunden gehabt. „So ein Mist!", schimpfte Salya, „Davon werden wir doch nie im Leben alle satt!"

Plötzlich ertönte ein komisches leises knurren. „Was war das?", fragte Salya ängstlich und klammerte sich an Haers Arm. „Entschuldigung!", sagte sie, als sie bemerkt hatte, was sie getan hatte und entfernte sich ein paar Schritte von ihm.

Das knurren wurde lauter und kam von allen Seiten. Salya und Haer zogen ihre Schwerter und sahen sich alarmiert um. Aus einem Haus stolperte eine Gestalt. Sie hatte blasse, mit grünen und Lianen Adern durchzogene Haut und trug zerfetzte Kleidung. Knochen ragten merkwürdig abstehend aus ihrem Körper heraus. Das gruseligste jedoch war, dass das Wesen keinen Kopf hatte.

Immer mehr von ihnen kamen auf Salya und Haer zu. Sie waren umzingelt.

Allorgan - Das Amulett des LichtesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt