Kapitel 12. Ein unerwartetes Wiedersehen

1 1 0
                                    

Erleichterung breitete sich auf den Gesichtern der Freunde aus. „Rikki?", fragte Firenah erfreut. Sie ließen ihre Waffen sinken. „Was machst du denn hier?", fragte Josko. Rikki sah verändert aus. Seine Haut war brauner geworden und sein Haar etwas länger. Es hing nun in einem Mittelscheitel über seinem Gesicht. Er trug ein lockeres Leinenhemd, eine braune Hose und war barfuß. Doch das auffälligste war eine feine weiße Narbe, die quer über sein linkes Auge verlief.

„Wir waren auf Reisen in fernen Ländern. Es war sehr schön, doch nun hat es uns wieder nach Hause verschlagen. Wir waren gerade auf dem Weg nach Runan.", entgegnete Rikki und strich sich den Schweiß von der Stirn. „Ist Wehaja auch da?", fragte Firenah hoffnungsvoll.

Plötzlich fiel ein Schatten über die Freunde. Ihre Blicke wanderten in den Himmel. „Hallo zusammen!", rief Wehaja. Sie saß auf Karganta und winkte hinunter. Sie trug ihre dunklen Haare unter einem roten Tuch. Mit einem gehörigen Erbeben der Erde landete sie neben Rikki, doch sie war nicht alleine.

„Kenos?!", stieß Salya erschrocken aus. Kenos stieg von dem Drachen. Er sah schlimm aus. Seine Kleidung war nass und zerfetzt. Dunkle Ringe waren unter seinen angeschwollenen Augen zu erkennen. „Was ist denn mit dir passiert, Kumpel?", fragte Josko und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich bin nur hier um zu helfen.", antwortete Kenos mit schwacher Stimme. „Wir haben ihn herumirrend und völlig ausgehungert im Gebirge gefunden und ihn mitgenommen. Er hatte euch gesucht und wir wussten, dass ihr hier sein würdet, dank unserer guten Beziehung zu den Wassermenschen.", erklärte Rikki. „Der arme!", sagte Merrottli geschockt, „Komm her, Schätzchen! Wir pflegen dich gesund bis es Nacht wird!"

Die Gruppe hatte vier große Zelte am Strand aufgeschlagen. Die Abendsonne warf ihr rötliches Licht auf Firenahs Gesicht. Sie sah zu, wie Karganta Kreise am Himmel zog. Rikki saß mit Wehaja neben dem Feuer, dass er gerade gemacht hatte. Sein Arm war um sie gelegt und sie lachten ausgiebig. Wawildi brachte Futter zu Bob und Helena. Seine kleine runzelige Gestalt hüpfte leicht beim laufen, während er glücklich vor sich her summte. Er watschelte um die Tiere herum und kümmerte sich so gut um sie. Merrottli lief gestresst immer wieder mit unterschiedlichen Kräutern und Fläschchen in eines der Zelte und wieder heraus, sie war immer noch damit beschäftigt Kenos wieder aufzupäppeln. Haer saß etwas abseits auf einem der schwarzen Steine. Seine grünen wachsamen Augen huschten immer wieder über einen merkwürdigen schwarzen Spiegel, den er in der Hand hielt. Salya lief ganz in Gedanken versunken den Strand entlang. Ihr rotes Kleid wippte vor und zurück bei jedem Schritt. Firenah machte sich Sorgen um ihre beste Freundin. Ihr Herz war immer noch gebrochen.

„Was ist los mit dir? Du schaust so besorgt!", sagte Josko und setzte sich neben Firenah in den Sand. Er legte seinen starken Arm um ihre Schulter. „Es ist nichts!", meinte Firenah und legte ihren Kopf auf Joskos Brust, „Ich bin der Schlüssel, weißt du?" „Ich dachte es mir schon!", entgegnete er lächelnd, „Du bist etwas ganz besonderes. Du bist der einzige Mensch, der es schafft, meine ganze Welt zum Leuchten zu bringen. Ich bin froh, dich und Wellori zu haben. Ihr seid mein Ein und Alles."

Die Sonne war inzwischen untergegangen und der helle Blaumond erschien am Himmel. Er schien über das schwarze Gestein und aus den tausenden kleinen Rissen brach ein helles grünes Licht hervor. Sie alle führten in das Meer, das nun langsam zu Schäumen anfing.

Merrottli holte Kenos aus dem Zelt. „Los, macht euch bereit, es geht los!", sagte sie und legte ihren Eisenkettenrock an und befestigte ihre kleine, unzerstörbare Axt an ihrem Gürtel.

Firenah war nicht nervös. Sie verspürte ein merkwürdiges Gefühl der Ruhe, das sich in ihrem Körper ausbreitete. Stück für Stück legte sie ihre Rüstung an. Ihren, aus dunklem Holz gefertigten Bogen mit eingeschnitzten Falken und den Köcher mit ihren Pfeilen hing sie sich über die Schulter. Firenah band sich die blonden Strähnen in einen Dutt.

Aufmerksam huschten ihre braunen Augen über das Wasser, welches mittlerweile zu brodeln begann. Die Wellen am Strand wurden immer und immer größer. „Schaut!", rief Rikki, „Da hebt sich etwas aus dem Wasser!" Und tatsächlich war an der Wasseroberfläche ein kleiner glatter grauer Hügel mit lauter Schuppen zu erkennen, der immer höher zu steigen schien. „Das ist Chikkid!", sagte Firenah mit entschlossenem Blick.

Chikkid stieg aus dem Wasser. Es hatte grüne schuppige Flosssen an den Vorder- und Hinterbeinen und auf dem Rücken. Sein grauer Schwanz war mindestens zehn Meter lang und mit lauter giftgrünen Stacheln besetzt. Doch das schlimmste waren seine fünf Köpfe. Sie waren schlangenartig und schmal. Zungen zischten zwischen den Reißzähnen hervor. Mit einem Moment öffnete es alle seine 15 Augen und richtete sie auf die Freunde. Es lag ein mordlustiges Funkeln darin.

Allorgan - Das Amulett des LichtesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt