Ein lautes Klopfen löst mich aus der Trance, in der ich mich befinde. Unfreiwillig muss ich mich von den Seiten lösen. Gerade wenn es spannend wird. Stöhnend lege ich das Buch beiseite, stehe auf. Mit einem Ruck öffne ich die Tür.
Der Teufel höchst persönlich steht vor mir. Meine Mutter.
„Was willst du?", frage ich und muss mich beherrschen nicht genervt zu klingen. Ich versuche mir nicht anzumerken, wie genervt ich von ihrem Besuch bin.
„Das Essen ist fertig. Komm runter", fragt sie. "Außer du möchtest heute auf deinem Zimmer essen."
Ihr Blick verrät, dass nur eine Antwort die richtige ist. Ich rolle mit den Augen und seufze. Da mir keine andere Wahl bleibt, gehe ich hinter ihr her. Ich verkneife mir einen Kommentar, da ich eigentlich möchte, dass wir uns wieder verstehen. Streit ist noch nie mein Wille gewesen. Normalerweise bin ich ruhig und zurückhalten. Doch bei meiner Mutter kann ich nicht anders. Ich muss kontern, denn sonst würde ich untergehen.
Ich setzte mich gegenüber von ihr an den Tisch. Sie stellt mir einen Teller vor mein Gesicht. Eintopf. Schon wieder. Lustlos rühre ich in der Suppe und starre sie an, in der Hoffnung sie würde sich in etwas anderes als Suppe verwandeln.
„Hast du keinen Hunger oder warum starrst du die Suppe an?"
„Ich habe nicht besonderen Appetit auf Suppe. Es gibt fast immer Suppe." Ich schaue dabei nicht auf.
„Jetzt meckere nicht rum und iss. Suppe ist gesund und hat kaum Kalorien. Du ernährst dich sonst nur von Süßigkeiten, was ich nicht besonders gut finde. Sie machen dick und du bekommst Pickel. Dann findet dich kein Junge mehr attraktiv und du endest allein mit zwanzig Katzen."
Ich lege meinen Löffel beiseite und schaue sie an. „Wirklich? Das fällt dir dazu ein?" Ich erhebe die Stimme. Etwas, was meine Mutter nicht erwartet hat.
„Schatz, das meine ich doch nicht böse. Nur wenn du etwas mehr auf deine Ernährung achtest und mehr Sport treiben würdest, dann ändert sich deine gesamte Lebenseinstellung. Nur in deinem Zimmer zu hocken und Bücher zu lesen ist ungesund. So findest du nie einen Freund. Ich will doch nur das Beste für dich."
Ich schüttle unglaubwürdig den Kopf. „Nur weil es mir schwer fällt neue Freunde zu finden, musst du mich doch nicht beleidigen. Ich mag es halt zu lesen. Dort werde ich wenigstens nicht für meine Eigenheit kritisiert", sage ich und verschränke die Arme vor der Brust.
Sie steht auf und nimmt ihren Teller in die Hand. „Versuch doch wenigstens während deiner Abschlussfeier etwas offener zu sein. Du könntest doch Carter fragen, ob ihr gemeinsam den Tag verbringen könntet."
Ich stehe ebenfalls auf und knalle meine Hände auf den Tisch. Meine Suppe verteilt sich auf den gesamten Tisch. „Wag es nicht diesen Namen zu nennen." Meine Stimme erhebt sich. "Er ist für mich gestorben."
„Ach Liebling, nur weil ihr beiden nicht mehr zusammen seid, bedeutet das nicht, dass ihr nicht befreundet sein könnt." Sie sieht in mein abwertendes Gesicht. „Jetzt mach nicht so ein Gesicht und räum dein Chaos auf."
Grimmig räume ich den Teller vom Tisch und wische die Oberfläche mit einem Lappen sauber.
Ich gehe an meiner Mutter vorbei. „Nur zur Erinnerung. Er hatte mit mir Schluss gemacht, um mich gegen eine Austauschschülerin aus Frankreich zu ersetzten."
Sie seufzt laut auf. „Jetzt komm doch darüber hinweg. Er ist doch noch immer der charmante junge Mann. Wenn du hier auf die Universität gehst, dann kennst du schon jemanden."
Jetzt bin ich es, die laut aufseufzt. „Wir hatten das Thema vorhin. Ich gehe nach Harvard. Ende der Geschichte."
Sie hält mich an der Schulter fest. Müde drehe ich mich zu ihr um. „Wir können doch vernünftig darüber reden. Wie wäre es, wenn wir das ganze morgen nach deiner Abschlussfeier besprechen. In dem Waffelladen, den du so liebst." Ihr Blick ist flehend. Sie ist verzweifelt.
Ich sehe sie an. "Nun gut, jedoch nur wenn du mich ausreden lässt."
Sie nimmt mich in den Arm. „Ich möchte nicht mehr mit dir streiten", flüstert sie in mein Haar und küsst meinen Scheitel.
Nach einiger Zeit löse ich mich von der Umarmung und gehe in mein Zimmer. Ohne etwas gegessen zu haben. Das stört mich nicht wirklich. Für den Notfall habe ich immer eine kleine Reserve an Schokolade in meinem Nachttisch.
Ich könnte auch runter in die Küche gehen und etwas anderes essen. An manchen Abenden mache ich das auch. Ich schleiche mich im Dunkeln der Nacht runter und essen Obst oder Gemüse. Alles andere wäre zu laut zum Zubereiten und dann würde meine Mutter wach werden und mir eine Predigt darüber halten, warum ich nicht ordentlich zu Abend gegessen habe.
Ich ziehe mich aus, werfe meine Kleidung in den Wäschekorb und krame meinen Schlafanzug aus meinen Bettlaken. Das weiche Material schmiegt sich an meinen Körper und ich fühle mich sofort wohler.
Gähnend lege ich mich ins Bett und kuschle mich in die Bettdecke. Ich nehme das Buch von vorhin zur Hand und blättere bis an die Stelle, an der ich unterbrochen wurde. Mit jedem Satz werde ich müder. Meine Augen werden schwer und ich spüre, wie die Müdigkeit die Oberhand gewinnt. Jedoch währt dies nicht lang.
Kurze Zeit später werde ich von einem Rumpeln geweckt. Gefolgt von einem Schmerzgefühl. Verwirrt öffne ich die Augen und schaue mich um. Alles um mich herum sehe ich aus einer anderen Perspektive. Das Buch liegt nicht mehr neben mir. Jedoch bin ich immer noch in meine Decke eingewickelt. Ich halte mir den Kopf. Ein dröhnender Schmerz breitet sich aus. Ich bin aus meinem Bett gefallen. Nicht schon wieder.
Ich setzte mich auf und löse mich vom Knäuel der Bettdecke. Mit Kopfschmerzen lege ich die Decke auf das Bett und glätte sie sorgfältig. Das Buch liegt auf dem leeren Kopfkissen. Ich habe genügend Platz in meinem Bett. Jedoch schlafe ich immer auf der rechten Seite. Ich könnte mich ausbreiten, doch dann fühle ich mich so klein zwischen den Bettlacken.
Um die Schmerzen zu lindern, schlürfe ich ins Badezimmer. In einen der Schubladen bewahre ich immer eine kleine Ration an Kopfschmerztabletten auf. Ich habe sie erst gekauft, als ich das erste Mal aus dem Bett gefallen war. Dabei habe ich mir den Kopf an meinem Tisch gestoßen. Seither nehme ich eine, wenn ich mal wieder in der Nacht das Lager gewechselt habe. Mit einem Glas voll Wasser schlucke ich die kleine Tablette herunter. Danach trinke ich noch ein weiteres Glas, um den bitteren Geschmack zu mildern.
Ich kehre zurück in mein Zimmer und schaue auf das leuchtende Display meines Handys. Es ist 7:30 Uhr. Es lohnt sich nicht mehr zurück ins Bett zu gehen. Sicherlich hat meine Mutter bereits den Frühstückstisch gedeckt und wartet bis ich runterkomme. Ich strecke mich und laufe dann die Treppen hinunter. In der Küche erwartet mich eine Überraschung, welche ich nicht kommen gesehen habe.
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Enchanted by you
ФэнтезиFictional Boyfriends can be real ... Ein Bücherwurm in Harvard entdeckt eine Welt voller Magie, als der Protagonist eines Fantasy-Romans plötzlich vor ihr steht und sie gemeinsam zwischen der modernen Welt und einem faszinierenden Königreich Gefahre...