„Du bist in Sicherheit."

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Ich lasse das Schwert fallen. Kian hebt es auf und bringt es weg, ehe er wieder zu mir kommt und mich fest in die Arme nimmt. Ich kralle mich in seinen Rücken. „Danke, dass ihr gekommen seid." Ich schluchze. Tränen kullern über mein Gesicht und tropfen auf sein Hemd. „Ich weiß nicht, wie lange ich es ohne euch ausgehalten hätte", stottere ich.

Beruhigend fährt er mit über den Rücken und zeichnet mit seinen Fingern kleine Kreise. „Shhh, alles wird gut", flüstert er mir ins Ohr. „Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Du bist in Sicherheit."

Ich zittere und will ihn nicht loslassen, aus Angst, dass er verschwindet würde. „Ich habe die Hoffnung schon aufgegeben", flüstere ich und kralle mich weiterhin in seinen Rücken.

„Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sehr du gelitten hast."

Wir bleiben in dieser Haltung, bis ich mich einigermaßen beruhig habe. Erst dann lasse ich ihn los und merke, wie meine Hände schmerzen. All die Zeit habe ich sie angespannt. Ich versuche die Schmerzen mit kleinen Bewegungen zu lindern.

Fynn kommt zu uns und räuspert sich. „Hat er dir etwas angetan?"

Ich schüttle den Kopf. „Nein, er hat hat mir nicht aufgezwungen."

„Ich würde ihn ansonsten umbringen", knurrt er.

Erstaunt schaue ich ihn an. Ich hatte keine Ahnung, dass er mir so verbunden ist. Bis jetzt dachte ich, dass er nur aufgrund von Aidens Bitte hier ist. Doch da Aiden unter einem Liebestrank steht, kann er Fynn nichts befehlen.

„Da bist du nicht allein", sagt Kian.

„Ich habe mich selbst verletzt gehabt."

Beide sehen mich erschrocken an. „Warum?"

Ich schlucke und schaue in die Dunkelheit, die uns umgibt und erzähle ihnen was ich in der letzten Zeit alles erlebt habe.

„Ein Drache?", ruft Fynn und bekommt den Mund nicht mehr zu. „ER ist im Besitz eines Drachens?!"

„Ja, dass ist er. Er ist gefangen, ebenso wie ich es war."

„Viel wichtiger ist doch die Frage, wie es deinen Verletzungen geht?", fragt Kian und sieht Fynn an. Dieser hebt unschuldig die Hände. „Ein Drache ist ein sehr gefährliches Wesen, Kian. Wie würdest du reagieren, wenn du einen siehst?"

Kian versteht die Augen und sieht mich wieder an. „Also wie geht es dir?"

„Meine Verletzungen sind wieder geheilt. Carden hatte mir eine Kräutertinktur auf die Wunden aufgetragen gehabt."

„Das habe ich nicht von ihm erwartet", sagt Kian und runzelt die Stirn.

„Er hat mir ebenfalls Frühstück zubereitet", füge ich hinzu. Das verwirrt beide nur noch mehr.

„Bist du sicher, dass es derselbe Mensch war?", fragt Fynn nach.

„Auf der einen Seite war er freundlich und fürsorglich. Doch das hat nicht lange angedauert. Dann war er wieder hartherzig und hat anzügliche Bemerkungen von sich gegeben." Bei dem Gedanken daran fährt mir ein Schauer über den Rücken.

„Als Herzogssohn nahm ich an, dass man ihn bessere Manieren beigebracht hat. Doch die Erziehung ist bei ihm wohl vorbei gegangen", brummt Fynn.

„Lass das!"

Er schaut mich an. „Warum?"

Ich hole tief Luft. „Er hatte eine schlimme Kindheit. Zudem sollte man die Menschen nie beurteilen, wenn man sie nicht kennt."

„Schwierige Kindheit ist noch lange keine Entschuldigung für die Taten, die er getan hat, Thalia."

„Das weiß ich auch", gifte ich ihn an.

„Bitte sag mir nicht, dass du Gefühle für ihn entwickelt hast."

„Ich habe kein Stockholm Syndrom!", fluche ich und gehe auf die andere Seite des Schiffes und setzte mich auf den Boden.

Der Wind wird milder und aus der Ferne erkenne ich Felsen. Wir kommen der Küste näher. Das Festland ist nah. Bald werde ich wieder zurück im Schloss sein, wo Aiden schon auf mich wartet. Was erzähle ich da. Ihm würde es nicht interessieren. Er hat nur Augen für Arwen, die Schlange.

Meine Mission ist es ihm aus ihren Fängen zu befreien. Dazu brauchen wir die Hilfe der Magier. Wir müssen uns beeilen. Wer weiß wann Carden seine Rache in die Tat umsetzen möchte. 

Jemand setzt sich neben mich. „Tut mir leid." Kian schaut zu mir. „Du hast Recht."

„Danke. Tut mir leid, dass ich lauter geworden bin."

Er winkt ab. „Du musst dich für nichts entschuldigen."

„Ihr habt mich gerettet."

„Das ist doch die Aufgabe eines Prinzens."

Ein Kichern entfährt mir. „Die Burgdame in Nöten retten."

Er steigt in das Lachen ein, doch dann wird er wieder ernst. „Wir sind gleich am Festland. Danach reiten wir zurück zum Schloss. Morgen werden wir die Magier besuchen. Hoffentlich wissen sie was zu tun ist."

„Gemeinsam werden wir eine Lösung finden und Aiden retten."

Das Boot dockt an und wir gehen vom Boot. Es tut so gut wieder das Land unter mir zu haben. Der Weg ist nicht weit, doch es ist ein anderes Gefühl. Ich bin frei. Ich atme tief ein und aus und versuche es zu realisieren.

„Lass uns zum Schloss reiten", sagt Kian und steigt auf sein Pferd. Dann hilft er mir auf. Gemeinsam reiten wir los. Fynn reitet neben uns her und haltet nach Gefahren Ausschau.

In tiefster Dunkelheit kommen wir dem Schloss immer näher. Die Wachen sehen uns und wollen uns aufhalten, doch als sie Kian sehen, verbeugen sie sich und lassen uns passieren.

Wir kommen in den Ställen an, wo wir die Pferde an die Recken abgeben und ins Schloss gehen. Ich war einige Tage nicht da, doch es sieht ebenso aus wie am Tag meiner Entführung. Kian führt mich in mein Gemach.

„Ruh dich aus, zieh dir etwas anderes an. Ich lasse uns Essen raufschicken", sagt er und will das Zimmer verlassen.

In mir steigt Panik auf. Er kann mich nicht allein lassen. Was ist, wenn Carden jeden Moment durch die Tür kommt. Oder Arwen mich vergiften will?

„Bitte geh nicht", sage ich und halte seinen Arm fest. „Ich habe Angst, dass etwas passiert, wenn ich allein bin."

„Dann bleibe ich."

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