Wir lösen uns von einander und sehen uns in die Augen. Ich bin überwältigt. Das hätte ich nicht gedacht. Wir haben uns indirekt unsere Gefühle einander gestanden und somit unsere Liebe. Er lässt meine Hände nicht los. Völlig außer Atem lasse ich seine Hände los. Ein Räuspern schreckt uns aus unsere Zweisamkeit.
Vorsichtig schauen wir auf. Meine Mutter steht im Türrahmen und sieht uns mit einem Lächeln an. „Oh, ich wollte euch nicht stören. Ich bin gar nicht da." Sie dreht sich auf dem Absatz um und geht ins Wohnzimmer. In diesem Moment klingelt der Wecker meines Handys.
Ich streife mir die Ofenhandschuhe über und öffne den Backofen. Langsam hole ich den dampfenden Kuchen heraus und stelle ihn vorsichtig auf der Küchentheke ab. Aiden stellt sich neben mich und versucht den Kuchen anzufassen. „Pass auf! Er ist noch sehr heiß. Nicht, dass du dir die Finger verbrennst", warne ich ihn und schenke ihm ein breites Lächeln. „So heiß kann er nicht sein", murmelt er und ignoriert meine Warnung. Kurze Zeit später zieht er mit einem schmerzenden Gesicht den Finger zurück. „Das ist heiß!" schreit er auf. „Ich habe dich gewarnt."
Ich nehme seine Hand und führe ihn zum Waschbecken. Sobald das kalte Wasser die verbrannte Stelle kühlt, atmet er auf. „Du hättest nicht die Kuchenform an fassen sollen", belehre ich ihn und muss mir ein Lächeln verkneifen. „Ich möchte aber den Kuchen essen", jammert er und zieht einen Schmollmund. „Warte einfach ein paar Minuten und dann können wir ihn essen."
Während er voller Sehnsucht den Kuchen anschaut, schaue ich nach meiner Mutter. Ich finde sie in ihrem Arbeitszimmer. Die Stirn in Falten gelegt und ihre müden Augen starren auf den erleuchteten Bildschirm. Ich klopfe leise an die offene Tür. „Mama, alles gut bei dir?"
Sie schaut langsam auf. „Mir geht's gut", sagt sie und muss prompt gähnen. Sie lacht leise in sich hinein. „Schön, ich bin etwas müde", gesteht sie.
„Arbeitest du mehr, seitdem ich studiere?", frage ich vorsichtig nach, ohne sie verärgern zu wollen. „Ich arbeite wie immer."
„Wir haben doch darüber geredet. Wenn ich weg bin, solltest du doch beginnen mehr Spaß zu haben." Ich laufe in den Raum rein und setzte mich neben ihr auf den Schreibtisch.
„Ihr beide passt gut zusammen", fängt sie an, doch ich unterbreche sie. „Lenk nicht vom Thema ab." Ich schüttle lachend den Kopf.
Sie sieht mich lange an. „Ich sehe mich in dir wieder. Ihr erinnert mich an meine Jugend und die Abenteuer die dein Vater und ich erlebt haben." Sie nimmt meine Hand in ihre. „Wir waren auch so unsterblich in einander verliebt. Es hast lange gedauert, bis wir uns es eingestanden haben."
„Das mit mir und Aiden hat keine Zukunft", flüstere ich leise. Ich meide ihren Blick. Zu beschämt, dass ich gleich in Tränen ausbreche.
„Warum nicht?", fragt sie mitfühlend.
„Er kommt aus Irland und bleibt nur für eine gewisse Weile hier."
Sie dreht meinen Kopf zu sich. Jetzt habe ich keine andere Wahl als sie anzuschauen. „Das hält euch dennoch nicht davon ab, die Zeit miteinander zu genießen. Liebe ist so viel stärker als eine weite Entfernung zu einander. Ihr tragt einander im Herzen und wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werdet ihr beide euch wieder sehen."
„Was soll ich bloß machen, wenn er wieder geht?" Ein leises Schluchzen entweicht mir.
„Denk nicht an den Moment, wenn er nicht mehr bei dir ist. Denk an die Momente, die noch kommen. Schätze die Zeit, die euch noch bleibt. Sei glücklich."
Ich lehne mich an sie und schließe meine Augen. Beruhigend höre ich ihren Herzschlag zu. Seitdem ich studiere und nicht mehr zu Hause wohne, haben wir eine bessere Beziehung als davor. Die Entfernung scheint uns gut zu tun. Wir streiten uns nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit.
„Mir ist jetzt nach Kuchen. Dir auch?", sie geht mit mir aus dem Raum. „Oh Aiden, du hast die Kinderfotos entdeckt! Wie süß Thalia als Kind doch war." Sie fängt an zu schwärmen. „Ja, das war sie in der Tat", stammelt er vor sich hin. Ich sehe einen leichten Rosa -schimmer über seinen Wangen.
„Mama, du wolltest doch Kuchen essen", fange ich an und rette Aiden vor mehr Unangenehmen Gesprächen.
„Stimmt! Ich schneide ihn schon einmal an", trällert sie und lässt uns allein im Wohnzimmer stehen.
„Danke", er schaut sich weiter die Bilder an. Es sind alle Lebensabschnitte zu sehen. Ich als nur acht Monate altes Baby. In den Armen meiner Mutter. Neben ihr steht mein Vater. Er hat seinen Arm um die Hüfte meiner Mutter gelegt. Auf beiden Gesichtern zeichnet sich die größte Freude ab. Anschließend bin ich als Kleinkind auf dem Spielplatz zu sehen, ein anderes zeigt meine Einschulung, gefolgt von Bildern mit mir und meinen Freunden sowie Großeltern. Das letzte ist das aktuellste. Es ist mein Schulabschluss. Ich in den Armen von Jack.
Ich spanne mich an und sehe zur Seite. Warum hat sie es eingerahmt und an die Wand gehangen? Sie weiß, dass wir beide nie wieder zusammen kommen. Auch nach ihren kläglichen Versuchen, muss sie es sich selbst eingestehen. Zum Glück ist sie zur Vernunft gekommen.
Aiden sieht wie ich mich fühle. Er weiß wie es mir geht. So als würde er meine Gedanken lesen können. „Wie wäre es mit einem Stück Kuchen?", fragt er vorsichtig um mich von Jack abzulenken.
„Hört sich gut an", antworte ich ihm. Meine Stimme brüchig und unsicher.
Er nimmt meine Hand in seine und zieht mich mit sich in die Küche, wo schon meine Mutter mit drei Tellern auf uns wartet. „Seht wie gut er aufgegangen ist! Das habt ihr wirklich gut gemacht", lobt sie unsere Backkunst.
„Das ging doch alles schnell zu backen. Dazu benötigt es keine Magie. Einfach dem Rezept folgen, dann kann auch nichts schief gehen." Ich nehme ihr die beiden Teller ab und reiche Aiden einen der beiden. „Lass es dir schmecken, du Sternekoch" sage ich und drehe mich mit einem breiten Grinsen zu ihm. „Das ist das der erste Kuchen, den du mit gebacken hast. Kannst Stolz auf dich sein."
Er schüttelt lachend den Kopf. „Das meiste hast dennoch du gemacht."
„Nimm das Kompliment an und iss dein Stück vom Kuchen", sage ich mit vollem Mund. Dafür bekomme ich prompt einen strengen Blick meiner Mutter.
Ich schlucke den Bissen herunter. „Tut mir leid, wo sind meine Manieren." Ich ahme die Stimme von ihr nach und Aiden muss sich zurückhalten sich nicht vor Lachen an seinem Stück zu verschlucken.
„Mach dich nur über mich lustig, junge Dame. Kaum bist du aus dem Haus, schon vergisst du deine Manieren."
„Ich glaube es ist auch mal in Ordnung, wenn die Manieren für einen kurzen Zeitraum vergessen werden. Der Spaß darf nicht zu kurz kommen. Sie ähneln sehr meiner Mutter. Auch sie achtet stets darauf, dass wir unsere Manieren nicht vergessen", schaltet sich Aiden dazwischen.
„Siehst du Thalia. Er weiß, was sich gehört. Halte dich an ihn, dann lernst du noch etwas dazu."
Ich rolle mit den Augen. „Bis jetzt habe ich mehr auf ihn abgefärbt als er auf mich. Von daher habe ich die Nase vorn."
„Wer weiß, für wie lange", antwortet Aiden provokativ und wirft mir einen wissenden Blick zu. Auf was habe ich mich nur eingelassen?
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Enchanted by you
FantasyFictional Boyfriends can be real ... Ein Bücherwurm in Harvard entdeckt eine Welt voller Magie, als der Protagonist eines Fantasy-Romans plötzlich vor ihr steht und sie gemeinsam zwischen der modernen Welt und einem faszinierenden Königreich Gefahre...