4.Kapitel

378 29 3
                                    

Irgendwann kehrt Loki zurück und Peter muss einsehen, dass er für diesen Tag aufgeben muss. Also weist er leise Tony an, sich etwas zu essen und zu trinken zu holen und dann schlafen zu gehen. Es tut weh, aufzugeben, wenn auch nur für ein paar Stunden.
„Wie geht es dir?", will der Ase wissen, nachdem Tony die Tür hinter sich geschlossen hat. Er zieht seine goldene Krone mit den zwei komischen Hörnern vom Kopf und legt sie auf einem der Holzschränke ab.

Peter sitzt im Schneidersitz auf dem weichen Himmelbett und muss bei der Frage einen Moment nachdenken. Er hatte sie nicht von Loki erwartet, es ist untypisch für ihn, so Interesse zu zeigen.
„Okay. Denke ich. Es ist seltsam, wieder hier zu sein und es ist so viel passiert, obwohl es mir vorkommt als wäre keine Sekunde vergangen."

Lokis Kleidung ändert sich von seinem schwarz-grünem Lederanzug zu überraschend schlichten Schlafsachen. Es ähnelt einem schwarzen Shirt mit Short, nur dass beides etwas länger und vielleicht ein wenig enganliegender ist. Auch sieht der Stoff nicht nach Wolle aus. Peter kann sich nicht erinnern, diese Kleidung schon einmal an ihm gesehen zu haben.
Der Ase erwidert zunächst nichts mehr, geht auf das Bett zu während sich innerhalb eines Wimpernschlages Peters Kleidung ändert. Nun trägt er wieder die Sachen, die er im Hauptquartier ständig an hatte. Ein übergroßes grauen Shirt mit Spiderman, vor Jahren von Tony geschenkt bekommen, eher als Gag, und eine normale Short.

Mit einem Mal kommt Peter nicht umhin sich zu fragen, ob Loki das jeden Tag bei ihm gemacht hat. Ob er immer hier neben ihm geschlafen hat. Ob er... weiter gegangen ist, ohne sein Wissen. Der Gedanke lässt ein unangenehmes Gefühl sein Rückgrat hinunterlaufen und ein Schauer überkommt ihn.
Lokis Blick liegt noch einem Moment auf ihm, doch er sagt nichts, schlägt nur die Decke um und setzt sich auf seine Seite des Bettes.
„Loki... Hast du etwas getan, während meine Seele weg war? Hast du..."
„Nein. Dafür hatte ich andere Menschen hier."

Peter nimmt einen tiefen Atemzug. Die Antwort sollte ihn beruhigen, doch das tut sie nur wenig. „Gegen ihren Willen?"
„Leg dich hin und stell keine Fragen, die dich nichts angehen."

Natürlich, der Gott blockt wieder ab. Peter zieht missbilligend die Brauen zusammen, leistet aber der Anweisung Folge. Es ist nicht Teil seines Planes, sich wegen Nichtigkeiten mit Loki zu streiten, bis der ihm wieder das Bewusstsein nimmt...
„Warum hast du deine Meinung geändert?", fragt der Ase, der nun ebenfalls liegt. Sie teilen sich eine Decke doch bisher liegen sie noch so weit entfernt, dass kein Körperkontakt besteht. Wenn Peter ehrlich ist, weiß er auch nicht, ob er das überhaupt möchte. Loki widert ihn an.
„Was meinst du?"

Das Deckenlicht geht aus und nun ist es dunkel in dem Raum. Bis eine leicht leuchtende Kugel erscheint, die ein Stück über ihnen verharrt. Es ist genau so eine, wie Peter sie auf Vormir erschaffen hat. Sie reicht aus, damit Peter Lokis Gesichtszüge wieder erkennen kann. Wenn er ihn denn ansehen würde.
„Du hast den Platz an meiner Seite immer abgelehnt. Warum nicht diesmal?"

Auch darüber muss Peter einen Moment nachdenken, diesmal aber aus einem anderen Grund. Er starrt an die hohe weiße Decke. An den Rändern sind kunstvolle Ornamente eingearbeitet, die jetzt dunkle Schatten werfen.
„Ich... sah das als die bessere Alternative."

„Für was?" Lokis Ton ist scharf und wachsam. Er misstraut ihm, natürlich.
Um die Welt vor dir zu retten, denkt Peter. Sagen tut er: „Für mich. Ich will nicht wieder eine leere Hülle sein."
Das Licht der Kugel flackert.
„Du hast nur an deinen eigenen Vorteil gedacht? Was garantiert mir dann, dass du mich nicht hintergehst?"
Peter ist nicht dumm, er erkennt, was Loki eigentlich wissen will. Und obwohl er aktuell eigentlich nicht gut auf ihn zu sprechen ist, fällt es ihm nicht schwer, die Frage mit einer Geste zu beantworten. Die nicht gelogen ist, aber mit Hintergedanken. So wie es sicher oft auch bei Loki der Fall war.

Der Kuss ging nur auf die Wange, zu mehr kann der Mensch sich gerade beim besten Willen nicht aufraffen. Dann legt er seinen Kopf wieder zurück auf das Kissen, der Blick nach oben. Früher hätte schon diese kleine Geste ein Feuerwerk in ihm ausgelöst. Jetzt fühlt er nur Leere.

„Genügt das als Antwort, Loki? Ich habe dich nie hintergangen, wir wissen beide, warum. Und daran hat sich nichts geändert."
Oder zumindest nicht viel.

„Ich habe keinen der Menschen gezwungen", erwidert der Gott noch, dann verschwindet die Kugel und es wird völlig dunkel in den Raum.
Peter denkt, dass Loki wahrscheinlich jetzt darauf wartet, dass er sich an ihn kuschelt, wie er es immer getan hat. Und es jetzt nicht zu tun, wäre somit auffällig.

Aber er kann nicht. Der Mensch kann sich nun gut vorstellen, wie Thor sich fühlen musste, jedes Mal, wenn sein Bruder ihn wieder enttäuscht hat. Peter liebt Loki weiterhin, wie man jemanden liebt, der lange Zeit gut zu einem war und mit dem einen viel verbindet, bis diese Person einen plötzlich mit einer Sache unerwartet absichtlich verletzt. Man will die Person dafür hassen, aber so einfach ist es nicht. Weil Gefühle komplex sind.

Also ja, Peter erinnert sich auch an gute Taten von Loki, zumindest ihm gegenüber. Wie er auf seine sehr verdrehte Art oft versucht hat, ihm zu helfen, ihn zu schützen. Er kennt auch ansatzweise die guten Seiten von Loki, die ruhigen, menschlichen. Er weiß von vielen Dingen, die der Gott schon durchmachen musste.
Aber diesmal ist er einfach viel zu weit gegangen. Peter ist sauer, enttäuscht, verletzt, angeekelt, traurig, alles zugleich.
Also tut er nichts.
Bis Loki sagt: „Leg dich zu mir."

Peter und LokiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt