Kapitel 12

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•Charlie Morgan•

Mein Blick wanderte an dem Regal lang runter. Meine Mom musste aber auch ausrerechnet mich los schicken um den Wein für ihren »Frauenabend« zu kaufen.
Trocken, Halbtrocken...
Nach etwa zehn Minuten, in denen ich einfach nur auf die Flaschen starrte, entschied ich mich für eine Weißweinschorle, für die ich mich austrecken musste, da sie ziemlich weit oben stand und ich gerade einmal 1,55m groß war.
Mit einem kleinem Lächeln griff ich nun endlich die Flasche, die mir keine zwei Sekunden wieder aus der Hand rutschte, da ein Ellenbogen in meiner Magengrube landete und ich dadurch ins Wanken kam.
»Verdammt, mach langsam!«
Mein Kopf schnallte wütend nach oben, wobei mich Louis blauen Augen anstarrten.
»Scheiße, es tut mir leid!«
Ich schüttelte verlegen den Kopf und bückte mich, um die Scherben einzusammeln.
Warum musste genau er es sein?

»Warte, du schneidest dich noch!«
Erst zu spät, fiel mir ein, dass ich ein kurzes Sommerkleid trug, weshalb ich mich genau auf eine der Spitzen Glassplitter kniete und schmerzerfüllt zurück zuckte.
Louis beugte sich zu mir, und betrachtete für einen Moment mein Knie, wobei seine kurzen schwarzen Haare an meiner Wange entlang strichen. »Das sieht schlimm aus...«
Sein Kopf hob sich wieder, so dass wir uns für einen langen Moment ansahen. Sein Gesicht war geradezu perfekt. Die Wangenknochen, die braungebrannte Haut, die schwarzen Haare und diese Augen...

Erst als mir die erkenntnis kam, dass genau er der Freund meiner besten Freundin war, schaute ich auch auf das blutende Knie.
»oh man...«
»Das kannst du laut sagen!«, rief der Ladenbesitzer, der nun direkt neben uns stand und die Sauerei betrachtete.
»Wehe ihr verklagt mich auf Schmerzensgeld! Ich will nur das ihr die Flasche bezahlt und verschwindet!«

Louis hielt mir seine Hand entgegen, die ich nach einem kurzen Zögern annahm. Es tat weh aufzustehen.
Als ich erneut zusammenzuckte, legte er seine andere Hand auf meinen Rücken, was mir eine Gänsehaut verpasste.
Für wenige Sekunden ließ er meine Hand los, um einen zehn Doller Schein aus der Tasche zu holen und es dem Agressiven Mann zu geben und mit einem »War schön Sie kennenzulernen« aus dem Laden zu laufen. In meinem Fall eher humpeln.
»Ich glaube das müssen wir erstmal behandeln...«
»Es geht schon, danke.«

Ich machte einen Schritt zurück um humpeld umzudrehen, mit dem Plan die halbe Stunde Fußweg nach Hause anzugehen.
»Charlie, entweder du kommst jetzt mit zu mir und lässt mich das desinfizieren oder ich komme mit zu dir nach Hause und desinfiziere es dort. Aber ich lass dich jetzt nicht allein damit, immerhin bin ich Schuld daran, jedenfalls fast.«
Er war Schuld daran. Nicht nur fast.
»Bitte, Charls.«
»Na gut...«

Wie auf einen Schlag war ein Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen, was mich ebenfalls zum
Grinsen brachte.
»Herein Herein, Madame.«
Er zog die etwas Rostige Tür seines PickUps auf und verzog für einen Moment das Gesicht, wegem dem lautem quietschendem Geräusch.
Erst als er neben mir Platz nahm, und an dem Gurt zog um sich anzuschnallen, ergriff er wieder das Wort, ohne mich anzusehen.

»Mein Stiefvater und ich wollen ihn bald etwas aufpeppen, wenigstens so, dass die Türen normal klingen.«
»Vielleicht kann ich helfen...«
Er starrtete den Motor, wobei erneut ein eher ungesunden Geräusch erklang.
»Du?« Er zog eine Augenbraue nach oben. Ich nickte.
»Mein Onkel und ich haben oft sowas zusammen gemacht... aber ich muss nicht dabei sein, es war nur-«
»Ich würde mich freuen!«
Mir blieb für einen Moment die Stimme weg, als er mich wieder anlächelte.

»Ich wohne gleich hier...«
»Und da fährst du mit dem Auto?«
Er zog die Handbremse wieder an und stieß die Tür wieder auf.
»Ich wollte eigentlich eine Menge einkaufen, weil meine Mutter und Andrew wollen morgen heiraten. Aber ich kann nachher nochmal los.«
Ich sprang wieder aus dem Auto, wobei mir wieder ein langgezogener Schmerz durch das Bein schoss.
»Morgen?«
»Ja.«

Ich war schon einmal hier gewesen, als er vor Lucias Abreise eine Party geschmissen hatte, weshalb ich auch sofort den Weg zum Bad fand.
An dem Abend war ich oft hier gewesen, um Luce die Haare zu halten. Ich setzte mich auf den Badewannen Rand, so das Louis sich hinknien konnte.

»Drück meine Hand, wenn es dolle brennt...«, murmelte er, und schob zum zweiten Mal heute seine in meine.
Ich begriff zu spät was er gesagt hatte, weshalb ich zischend zudrückte, als er das Zeug aus der kleinen Sprühflasche auf die Wunde sprühte unf fing an auf Niederländisch zu Fluchen.
»Onzin, verdomd...«
Er lachte auf und wich zurück um den Verband aufzuwickeln.
»Das ist nicht lustig!«
Er betrachtete sein Vollendetes Werk und nickte.
»Seit wann kannst du Niederländisch?«
»Mein Vater arbeitet dort...«
Sein Lächeln verschwand.

Er wusste es genau. Für einen Monat war ich Gesprächsthema Nummer eins gewesen. Mein Vater hatte meine Mutter betrogen.
Fünfzehn Jahre lang.
»Deine Mutter heiratet Morgen, ehm alles gute«, murmelte ich, um schnell das Thema zu wechseln, wad anscheinend nur alles schlimmer machte.
Seine Miene veränderte sich nicht.
»Ja, aber sie tut es nicht aus Liebe.«
Ich schluckte.
»Seit mein Vater gestorben ist, sind wir knapp bei Kasse...«
Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter und unterbrach ihn.
»Du musst nicht drüber reden.«

Seine Augen wurden glasig als sie meine fanden und wir uns erneut genauer ansahen.
Mein Herz begann höher zu schlagen und mein Kopf drohte zu explodieren, als er plötzlich näher an die Wanne kam. Er kniete immer noch auf den Kalten Fliesen.
Diesmal direkt zwischen meinen Beinen, kurz vor meinem Gesicht.
Mein Atem verschnellerte sich.
»Louis...«
Er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich, weil er genau wusste was ich ansprechen wollte.
»Es ist nur dieser eine Moment... Lass uns diesen Moment.«

Seine Lippen trafen meine und für diesen einen Augenblick vergaß ich alles um mich herum.
Ich legte meine Hände an seine Wangen und er zog mich an der Hüfte näher an sich, so das ich nun auch auf den Boden sank und breitbeinig auf seinem Schoß saß.
Er zog mich Näher an sich und begann mich noch sehnsüchtiger zu küssen.
Da war nichts zwischen uns.
Nichts zwischen unseren Lippen.
Nicht einmal Luft.
Doch dann war dieser Moment vorbei. Genau dort, wo mir Lucia in den Kopf schoss, drückte ich mich von ihm und stellte mich Ruckartig hin. Sein Blick verriet, dass er genau wusste was ich dachte.
Tränen verschwammen mein Sichtfeld.

»Das hätte nicht passieren sollen...«
Er stand ebenfalls auf.
»Ich-«
»Nein!«
Ich schloss meine Augen kurz.
»Das hier, ist nicht passiert. Wir vergessen es einfach.«
»Sowas kann man nicht einfach vergessen, Charlie!«
»Doch... kann man. Muss man.«
Ich machte einen Schritt zurück und wischte die Tränen von meinen Wangen.
»Danke, ich kann von hier aus nach Hause laufen.«

Mit diesen Worten, humpelte ich aus dem Haus.

◽️◽️◽️

Ohoh, Louis und Charlie hmmmm

Hold on tight to meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt