Ein schrecklich langes Schweigen erfüllte den Raum und drückte Jane die Stimme weg bevor sie überhaupt anfangen konnte zu reden. Faith war nervös, so sah sie zumindest aus. Immer wieder spielte sie mit einem Ring herum, den sie normalerweise um den Zeigefinger ihrer rechten Hand trug. Ihre Mutter hatte ihr diesen gegeben bevor sie verstorben war, das hatte Faith Jane in der Nacht im Gewächshaus erzählt. „Okay, was ist jetzt los?", fragte Jane in die Stille. Faith sah zu ihr herüber, aber konnte ihrem Blick nicht standhalten. „Er kommt.", war das Einzige was sie erwiderte. „Wer kommt?", fragte Jane, doch im selben Moment realisierte sie wer kommen würde. „Aber er sollte doch noch wegbleiben. Er ist einen ganzen Monat zu früh!", spuckte sie entsetzt aus. Sie spürte wie Tränen heiß und langsam ihre Wangen herunterliefen. „Ich weiß.", entgegnete Faith kleinlich, die einfach nur die Wand anstarrte, um nicht den verweinten Blick der anderen Frau sehen zu müssen. Auch sie stand den Tränen nahe. „Woher weißt du es?", drückte Jane hinter ihren Tränen hervor. „Es kam ein Brief. Wie es scheint haben die Cussings ihn gestern Abend bekommen. Ich habe die Beiden belauscht wie sie besprochen haben, dass das Ganze eine Überraschung für dich werden soll. Mit großer Feier und so weiter. Er kommt in einer Woche. Am Montag." Jane griff nach Faiths Hand. „Ich will ihn nicht heiraten.", flüsterte sie, als hätte sie Angst, dass sie jemand hörte. Sie setzte sich Faith gegenüber. Nun musste sie sie anschauen. Auch Faiths Augen waren rot unterlaufen, sie hatte wohl schon vorher geweint. „Aber dir bleibt keine andere Möglichkeit. Sonst musst du auf die Straße. Schon vergessen? Das Haus deines Vaters gehört jetzt ihm." Jane kam eine Idee. „Was ist, wenn es ihm nicht gehören würde? Was ist, wenn es mir gehören würde?", sie stand auf und lief scheinbar ziellos im Raum herum. „Wie meinst du das?", Faith verstand nicht. Jane zog einige Schubladen auf und aus einer holte sie schließlich einen Umschlag heraus. „Mein Vater ist erst vor wenigen Monaten verstorben. Das Testament wurde noch nicht verlesen. Und das hier...", sie öffnete den Umschlag und holte ein Stück Papier heraus. „...ist genau dieses Testament. Darin steht, dass der Besitz unseres frühen Hauses nur an mich geht, wenn ich Theodore Cussing heirate. Wir haben das originale Testament. Wir können ein Zweites anfertigen. Eine Fälschung. Seine Handschrift ist einfach nachzuschreiben und den Beglaubigungsstempel ist hier in diesem Haus. Mein Vater hat sein Testament in der Kanzlei von Mr. Cussing beglaubigen lassen. Wir müssen nur in sein Büro kommen und den Stempel holen. Fertig ist die perfekte Fälschung." Begeistert von ihrem eigenen Geistesblitz musste Jane sich erst einmal auf einen Stuhl setzen. Sie starrte auf das Stück Papier in ihrer Hand. „Dann bin ich endlich frei.", flüsterte sie sich selber zu. Sie sah auf zu Faith, die sie nur anstarrte. „Aber... aber das ist kriminell.", stotterte sie. Jane erwiderte nur, „Ich weiß.", und grinste vor sich hin. Als sie bemerkte, dass Faith immer noch perplex war stand sie auf und ging zu ihr herüber. „Wenn wir das schaffen kann ich in mein altes Zuhause ziehen und muss Theodore nicht heiraten. Und du kommst mit. Wir könnten zusammenleben." Als Faith das hörte schlich sich ein Lächeln in ihr Gesicht. „Zusammenleben? Für immer?" Jane lehnte sich zu Faith und berührte mit ihrer Stirn, die der anderen Frau. „Für immer.", sagte sie noch und legte schließlich ihre Lippen auf die von Faith.
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Weiße Rosen frieren nicht
Historical FictionJane Poltman, aufgewachsen im England des 18. Jahrhunderts, soll nach dem Tod ihres Vaters auf seinen letzten Wunsch hin mit Theodore Cussing verheiratet werden. Jane hält nichts von diesem Plan, doch als sie auf Drängen der Tante und Einladung der...