Über den Hügel

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Keinen einzigen Moment alleine hatten Faith und Jane in der einen Woche gehabt, in der Theodore nun schon da war. Zwischen den wütenden Schreien, die der ach so liebe „Theo" seinen Bediensteten entgegenbrachte gab es nur ab und zu verstohlene Blicke und kleine Berührungen. Umso mehr freute sich Jane auf den heutigen Tag, denn es war nicht nur April geworden, es war sogar genau heute Faiths Geburtstag. Außerdem wollten heute Theodore, Beth, Faith und Jane gemeinsam zu Janes altem Haus fahren und die restlichen Möbel und Sachen herausräumen, die, solange Theodore keine Pläne für das Haus hatte, besser im Schloss der Cussings untergebracht waren. Und so fuhren sie gegen Mittag mit der Kutsche über das Weideland. Der Weg zu Janes Haus war immer noch wackelig. Zwar war er nun nicht mehr schneebedeckt wie noch vor wenigen Monaten, doch die Straße hatte Schlaglöcher noch und nöcher. Faith und Beth saßen Jane in der Kutsche gegenüber, während Theodore die Kutsche fuhr. Faith sah aus dem Fenster und bewunderte die Wiesen und Felder, die jetzt im April anfingen ihre Schönheit in Form von Blumen und Gräsern darzustellen. Sie hielt die Hand aus dem Fenster und beobachtete wie die Landschaft Meter für Meter an ihnen vorbeizog. Die Frau auf der anderen Seite der Bank hatte währenddessen nur Augen für Faith selber. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen schaute sie auf Faith und prägte sich einmal mehr ihr Gesicht ein. Nach ungefähr 40 Minuten Fahrt hielt die Kutsche und Theodore öffnete die Tür. Er bot Beth die Hand zum Aussteigen an, die diese dankend annahm. Jane allerdings hielt sich an der Kutsche selber fest und sprang auf den leicht feuchten Kies, der den Vorplatz der kleinen aber feinen Villa schmückte. Die Blumen im Vorgarten hatten den Winter scheinbar gut überstanden, denn als Jane auf die Haustür zuging sah sie an vielen Halmen kleine Knospen sprießen. Die Tür gerade aufgeschlossen drängelte sich auch schon Theodore an Jane vorbei, stellte sich mitten in den geräumigen Flur und stemmte die Hüften in die Hände. Jane hätte ihn am liebsten herausgeschmissen, doch stattdessen setzte sie ein freundliches Lächeln auf und sagte: „Also womit sollen wir anfangen?". Theodore sah sich um. Man merkte wie unbeholfen er war. „Ähm, ja also ich würde mal sagen ihr Weiber übernehmt die leichten Sachen und ich übernehme die Schränke und Tische.", sagte er selbstsicher und ohne auf Zustimmung zu warten fing er an ziellos durch das Haus zu laufen. Jane seufzte. Als Beth und Faith an sie herantraten erklärte sie ihnen den Plan und sie begannen das Haus Raum für Raum durchzugehen.

Es wurde spät. Die Abendsonne hing tief über den Feldern und legte einen orangenen Teppich über die Landschaft. Theodore war über die Stunden hinweg immer wieder mit der vollbeladenen Kutsche hin und her gefahren, doch nun waren die Pferde müde. Die letzten Sachen waren verstaut und kein Platz mehr in der Kutsche um auch noch drei weitere Menschen mitzunehmen, deshalb schlug Jane vor, dass die drei Frauen für diese Nacht in dem Haus bleiben könnten, schließlich hatten sie die Betten nicht mitgenommen. Mit einem uninteressierten Schulterzucken nahm Theodore die Idee an und verschwand ohne Abschied mit der Kutsche hinter dem nächsten Hügel. Erschöpft wollten die Frauen ins Haus gehen, als Jane hinter sich ein leises Pfeifen hörte. Sie drehte sich um und sah hinter der Hauswand einen Mann mit zwei Zügeln in der Hand. Bevor sie realisieren konnte was hier gerade geschah rannte auch schon Beth auf den Mann zu und umarmte ihn. Es war Jonathan, der Beth anlächelte. Beth schaute zurück zu Jane. „Jane, Liebling, Jonathan und ich wollen auf eine Feier im Dorf. Du bist doch nicht böse, wenn ich mit ihm gehe, oder? Ich bin morgen auch vor Theodore wieder da, versprochen." Jane lächelte und nickte Beth nur an. Sie verstand. Die beiden schwangen sich auf die Pferde und ritten ebenso wie Theodore über den Hügel in Richtung Dorf. Jane freute sich für die beiden. Und für sich selber auch. Denn, dass Beth ging hieß gleichzeitig auch, dass sie mit Faith alleine war. Für eine ganze Nacht. In ihrem eigenen Haus. An Faiths Geburtstag -

Weiße Rosen frieren nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt