Es war ein verschneiter Morgen. Selbst ein Schritt nach draußen hätte genügt und man wäre bis auf die Knochen nass gewesen. Jane streckte sich. Ihr Nacken tat ganz furchtbar weh. Sie wusste, woher das kam. In der Nacht drehte sie sich immer auf die Seite und durch die verdrehte Position wurde ihr Nacken ganz steif. Vorsichtig drehte sie ihren Kopf, um die Verspannung zu lösen. Leise klopfte es an der Tür. „Herein.", sagte Jane, doch im gleichen Moment merkte sie, dass sie noch im Nachthemd war. Umso entspannter war sie als es nur Beth war, die durch die Tür schritt. „Guten Morgen Sonnenschein.", sagte Beth mit einem süffisanten Grinsen. Sie wusste genau, dass Jane es hasste, wenn sie Sie so nannte. „Guten Morgen.", grummelte Jane. „Die Herrschaften Cussing haben die heutigen Aktivitäten wegen des starken Schnees auf morgen verschoben.", erklärte Beth, während sie den Schrank öffnete und durch die verschiedenen Kleider betrachtete und schließlich eines herausnahm. „Gott sei Dank.", freute sich Jane. „Dann habe ich ja genug Zeit für alles andere." „Alles andere?", fragte Beth verwundert. „Ähm, ja. Eine nette junge Frau hatte mir angeboten mir das Musikzimmer und das Gewächshaus zu zeigen.", sagte Jane. Dabei gestikulierte sie wild, zeigte erst auf die Tür und danach aus dem Fenster. „Welche junge Frau? Ich dachte hier leben nur die Cussings mit ihrem Sohn?", hakte Beth nach. „Nein sie ist keine Cussing. Sie heißt Faith und arbeitet hier. Sie kümmert sich um die Pflanzen im Gewächshaus und wir haben uns gestern kurz unterhalten." „Faith? Nein den Namen habe ich noch nie gehört.", erwiderte Beth. „Von den Leuten hier wird sie mit Rose angesprochen. Sie ist glaube ich so etwas wie das Mädchen für alles.", erklärte Jane ihrer Freundin. „Na dann. Ich bin auch ein Mädchen für alles, aber eins, dass dir sagt was du tun sollst. Also zieh dich endlich an du Faulpelz, das Frühstück wartet. Meine Hilfe brauchst du nicht. Bei dem Schnee gehst du sowieso nicht raus und kannst das Kleid ohne Reifrock anziehen, dann kannst du dich auch besser bewegen.", sagte Beth, legte das Kleid neben Jane auf das Bett und ging Richtung Tür. „Beeil dich.", rief sie noch bevor sie die Tür hinter sich schloss. Sie hinterließ eine genervte Jane, die mitten auf ihrem Bett saß und auf das Kleid starrte. Mühsam schob sie die viel zu gemütliche Decke von ihren Beinen und hievte sich aus dem Bett. Sie war wirklich kein Morgenmensch. Das merkte sie immer wieder. Sie entledigte sich ihrem Nachthemd und zog sich das Kleid über. „Verdammt!", dachte Jane. Die Knopfleiste ihres Kleides konnte sie nicht selbst zu machen, daran hatte sie nicht gedacht. Sie musste wohl nach Beth rufen und sie um Hilfe bitten. Da klopfte es wieder an der Tür. Froh darüber nicht durch das ganze Schloss schreien und auch keinen Bediensteten fragen zu müssen ging Jane zur Tür. „Wer ist da?", fragte sie durch die Tür, um auch sicher zu gehen, dass es kein Mann war, der an der Tür klopfte. „Hier ist Faith.", antwortete die junge Frau. Jane öffnete die Tür. „Faith!", sagte Jane erstaunt. „Was möchtest du?", fragte sie und machte eine Geste die Faith bedeutete in das Zimmer einzutreten. Sie kam herein und Jane schloss hinter ihr die Tür. „Ich war nach unserem Gespräch gestern Abend noch einmal im Gewächshaus und habe aus ein paar Kräutern eine Salbe hergestellt, die bei Schwellungen hilft. Ich dachte es wäre gut für Ihren Daumen.", erzählte sie Jane. Faith hielt ihr ein kleines Glas hin mit einer weiß-grünlichen Masse. „Ich habe das von meiner Mutter gelernt.", erzählte sie vor sich hin. Dabei schaute sie auf den Boden. „Oh, vielen Dank. Das ist aber aufmerksam von dir Faith.", lächelte Jane sie an. „Wollen wir losgehen?", fragte Faith und kratzte sich nervös an ihrer Hand. „Ja klar gerne.", erwiderte Jane und ging auf die Tür zu. Als sie kurz davor war die Tür zu öffnen, fiel ihr auf, dass ihr Kleid noch nicht zugeknöpft war. Sie drehte sich zu Faith um. „Entschuldigung falls ich dir zu Nahe trete, aber ich kriege mein Kleid nicht alleine zu, könntest du mir vielleicht helfen die letzten Knöpfe zu schließen?" „Aber natürlich." Faith trat auf Jane zu. Sie berührte sie leicht an den Schultern, um Janes Rücken zu sich zu drehen.
Langsam fuhr Faith mit ihren Händen über Janes Schultern runter zu ihrem Rücken. Die Knopfleiste war zur Hälfte schon zugeknöpft und vorsichtig strich Faith über Janes Wirbel. Sie merkte wie sich eine Gänsehaut auf Janes Rücken bildete. Faith fragte sich, warum Jane Gänsehaut hatte. Hatte sie kalte Hände? Oder war ihr einfach nur kalt? War es ihr unangenehm, dass sie Sie berührte? Nein, sonst hätte sie Sie nicht gefragt, ob sie ihr das Kleid zumachen kann. Soll ich sie fragen? Lieber nicht. Vorsichtig strich Faith die Haare aus Janes Nacken und schloss die Knopfreihe. Sie strich noch einmal über Janes Schultern.
Jane wunderte sich warum sie eine Gänsehaut bekam. Es war doch gar nicht kalt. Im Gegenteil, ihr war sogar ziemlich warm. War das Faith? Hatte sie wirklich eine Gänsehaut, weil Faith sie berührte?
„So fertig.",sagte Faith und strich ein letztes Mal über ihre Schultern. Schlagartig wurdeJane kälter, als Faith von ihren Schultern abließ. Es war wirklich Faith. Verwirrtüber sich selbst drehte sich Jane zu Faith um. Sie versuchte sich nichtsanmerken zu lassen. „Super, danke. Jetzt können wir aber los.", freute sichJane und ging schwungvoll aus der Tür.
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Weiße Rosen frieren nicht
Historical FictionJane Poltman, aufgewachsen im England des 18. Jahrhunderts, soll nach dem Tod ihres Vaters auf seinen letzten Wunsch hin mit Theodore Cussing verheiratet werden. Jane hält nichts von diesem Plan, doch als sie auf Drängen der Tante und Einladung der...