Ein personen-verschluckendes Schloss

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Der Schnee fiel immer noch in Massen. 5 Tage dauerte es bis es endlich einmal aufhörte zu schneien. Die Bediensteten dankten es dem Wetter. Sie hatten schon die ganze Woche Mühe gehabt die Haupttür freizuhalten und mussten sich nun auch mal wieder einen vernünftigen Weg zu den Ställen, dem Gewächshaus und dem kleinen Anbau schaufeln. Bisher hatte immer nur ein kleiner Pfad zu den Gebäuden geführt, der von den Personen niedergetrampelt wurde, die eben gerade dort entlang gingen. Der Schnee war mittlerweile schon so hoch, dass Jane aus ihrem Zimmer hätte springen können und sich wahrscheinlich nichts getan hätte. Leider konnte man Janes Fenster nicht wirklich öffnen. Nur 3 kleine Luken konnte man öffnen, um ein wenig Luft in das Zimmer zu lassen. Allerdings hätte man Janes Fenster auch nicht öffnen können, wenn die Möglichkeit da gewesen wäre. Mittlerweile stand nicht nur ein Schreibtisch mit Tintenfass und vielen aufgerissenen Briefen, sondern auch ihr Schminktisch und ihr Beistelltischchen mit Stuhl vor dem Panoramafenster. Jane wollte das Licht möglichst lange nutzen. Da sie erst abends zur Ruhe kam, war der Platz am Fenster die beste Option für alles. Im Winter wird es ja bekanntlich immer schon früh dunkel. Generell hatte sich Janes Zimmer in diesen ersten zwei Wochen schon gut gefüllt und mittlerweile besserte sie nur noch Details aus, um sich wie in ihrem alten Zuhause zu fühlen. Die letzte Woche hatte sie so gut wie jeden Tag etwas mit Beth gemacht. Ob es das Kleider kaufen, das Latein lernen, oder die vielen Runden Dame waren, die sie gespielt hatten. Beth hatte es immer geschafft Jane zu irgendetwas zu überreden. Und wenn es nicht Beth war, war es Tante Eleanor, die sie zum Lernen zwang. Nur einmal kam Jane dazu in das Musikzimmer zu gehen. Sie spielte ein paar Akkorde und summte dazu eine leise Melodie, die sie dann auf dem Flügel übernahm. Als sie so spielte bemerkte sie, dass jemand hinter ihr war. Es war Faith, die nichts sagte und sich einfach auf einen Hocker setzte und Jane zuhörte. Als sie gerade aufhören wollte zu spielen sah Faith Mr. Cussing den Flur entlanglaufen und hastete schon fast fluchtartig aus dem Raum. Vielleicht dachte sie, er würde sie suchen. Das letzte Mal, dass Jane Faith gesehen hatte war beim Abendessen vor 2 Tagen. Sie brachte das Essen mit ein paar weiteren Hausmädchen. Sie warf ihr ein Lächeln zu und nickte kurz, was Jane erwiderte und schon war sie wieder mit den Anderen aus dem Raum verschwunden. Es war als würde dieses Schloss die Menschen verschlucken. Man konnte hier Verstecken spielen und würde sich doch nicht in einer Woche finden. Sie wollte unbedingt das Gewächshaus sehen, aber bei dem Schneefall ging es einfach nicht. Auch das Labyrinth war bisher nicht zugänglich gewesen. Morgen. Beim Frühstück verkündete Mr. Cussing stolz, dass es morgen zur Begehung des Labyrinthes kommen würde. Beth und Tante Eleanor machten sich gleich daran ihren Bekannten zu schreiben, damit sie morgen auch pünktlich zu dem Spiel erscheinen würden. Jane ging jetzt schon seit 20 Minuten durch das ganze Schloss und suchte Faith, um ihr die glückliche Nachricht zu verkünden, dass sie mitmachen dürfte. Was war das da hinten am Ende des Flurs? Da war doch gerade eine Frau mit langen dunklen Haaren um die Ecke gegangen! „Faith!", rief Jane die lange Halle entlang. Und tatsächlich. Die junge Frau schaute verdutzt um die Ecke und lächelte als sie erkannte wer sie gerufen hatte. „Jane. Was ist denn los, dass du hier durch die Flure schreist?" „Faith, ich habe gute Neuigkeiten. Also wir wollen morgen mit den Cussings durch das Labyrinth gehen und daraus ein kleines Spiel machen. Wir hatten aber zu wenig Spielende und deshalb habe ich vorgeschlagen von uns jeweils einen Bekannten auszusuchen. Beth wollte Jonathan und Tante Eleanor einen alten Freund aus der Stadt. Und ich hätte gerne dich als Spielpartnerin. Also willst du mitmachen?", fragte Jane und faltete die Hände zusammen, als würde sie Faith anbetteln. Faith fing an zu grinsen. „Aber natürlich habe ich Lust. Wann fängt das Spiel denn an?" „Um 14 Uhr." „Ich bin pünktlich da, versprochen.", sagte Faith. „Super, dann können wir nur gewinnen.", freute sich Jane und die Beiden gingen getrennte Wege. 

Weiße Rosen frieren nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt