Sieg? II

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PoV Elrond
Verzweifelt rannte ich durch das dicke, teils noch fackelnde Gebüsch, während die dornenbesetzten Zweige meine empfindliche Haut zerkratzten. Ich musste jemanden finden, der mir helfen konnte, da ich gezwungen gewesen war, Glofindel allein zu lassen. Ich hatte sowohl ein schlechtes Gewissen, als auch ein ungutes Gefühl im Bauch, wenn ich an den blonden Krieger dachte. Zwar war er lang genug bei Bewusstsein gewesen, dass ich ihm hatte erklären können, dass ich Hilfe holen würde, dich hatten sich seine Augen danach sofort wieder geschlossen. Was, wenn er sie nie wieder öffnen würde? Was würde aus Erestor? Wie sollte ich ihm so eine Nachricht überbringen? Nein, er musste es einfach schaffen, und das würde er.

Ich hatte mittlerweile keine Orientierung mehr, wo ich war, ich wusste nur, dass ich versuchte, mich von den Flammen fernzuhalten. Asfaloth wäre mir nun eine große Hilfe gewesen, doch war der Hengst in den Wald geflüchtet, den Weg zurück, den wir gekommen waren. Er würde vermutlich am Waldesrand auf mich warten, weit genug entfernt von den gierigen Flammen. Ich spornte mich selbst immer weiter an, nun bloß nicht aufzugeben, denn ich war kurz davor. Meine körperliche Kraft war am Ende, und ich würde alles dafür geben, einfach jemanden zu erreichen, der mir helfen konnte und würde. Zwar hörte ich noch immer Kampfgeräusche aus allen Richtungen, doch mied ich diese bewusst.

Mir war klar, dass ich so eher eine Gefahr für mich und für andere darstellte, wenn ich in ein Gerangel hineinplatzen würde. Keuchend blieb ich stehen, und versuchte über meinen lauten Atem hinweg zu hören, wohin ich noch laufen konnte. Und mir wurde bewusst, ich saß mehr oder weniger in der Klemme. Von links und rechts drang das Klirren von Metall auf mich ein, zerrissen von Schreien, genau wie von hinten. Doch von vorne konnte ich das leise Knistern des Feuers vernehmen, welches sich noch immer and den Bäumen satt fraß.
Schnell entschied ich mich dazu, weiter geradeaus zu laufen, dort hätte ich zumindest die Chance, eine Lücke zu finden und zu durchqueren.

Je näher ich der Quelle des leisen Geräusches kam, desto verrauchter wurde die Luft. Doch zu meinem Entsetzten wurden die Schreie der kämpfenden nicht leiser- sondern lauter. Ich konnte weder verstehen wer dort schrie, noch was gesagt wurde. Unsicherheit machte sich in mir breit, doch wollte ich nun um keine Preis aufgeben. Ich nahm alle meine Kraft zusammen, und lief weiter. Immer näher brachten mich meine Füße an mein Ziel, und langsam konnte ich die Stimme erkennen. Oder zumindest glaubte ich das, denn es war unmöglich. Zwischen den Bäumen hallte die klare, verzweifelte Stimme von Legolas wieder. Doch das ergab keinen Sinn. Oder war er hierher geschleppt worden?

Es kam mir vor wie eine Ewigkeit die ich lief, doch waren es in Wirklichkeit wohl nur ein paar Minuten. Doch veränderte sich nun die von mir geschätzte Position des blonden Elben. Er schien sich von mir wegzubewegen, oder er wurde dazu gezwungen. Bei dem Gedanken daran zwang ich meine Beine immer wieder noch schneller zu laufen, bis ich durch den Wald raste. Ich wusste nicht was genau mich dazu verleitete so schnell zu laufen, doch wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Der Rauch, der mittlerweile dicht in der Luft ging, verschnürte mir meine Lunge und erschwerte das Rennen. Ich musste aufpassen nicht mit den Flammen in Berührung zu kommen, welche von den Bäumen züngelten.

Als vor mir plötzlich eine Flammenwand erschien, konnte ich nicht mehr stoppen, ich sprang so hoch ich es in meinem Zustand noch konnte, und schaffte es tatsächlich halbwegs unbeschadet durch die Hitze. Zitternd kauerte ich einen Moment auf dem weichen Waldboden, um wieder zu Atem zu kommen. Als ich das geschafft hatte erhob ich mich wieder, und drehte mich um. In meinen Augen kratzte der Rauch, und brachte sie noch mehr zum Tränen als vorher. „Hallo? Kann mich jemand hören?", rief ich mit kratziger in die Finsternis hinein, erwartete jedoch nicht wirklich eine Antwort, welche ich auch nicht erhielt. Ich lief langsam weiter, es schien sich wieder einmal um eine der zahlreichen Lichtungen zu handeln.

Plötzlich tauchte in dem Rauch eine Gestalt auf. Sie lag auf dem Boden, ihr Körper schien schlaff, und die hellblonden, fast weißen Haare hatten sich um den Kopf herum auf dem Boden verteilt. Es fühlte sich an, als würde man mir bei lebendigem Leibe mein Herz herausschneiden als ich ihn erkannte. Qualvoll stieß ich einen kurzen, lauten Schrei aus, rannte zu ihm und ließ mich neben ihm auf den Boden fallen. ,,Thranduil ?", flüsterte ich schluchzend, während Tränen aus meinen Augen zu rinnen begannen. Zitternd streckte ich meine Hand aus, und berührte sanft sein bleiches, kaltes Gesicht. Ich konnte förmlich spüren wie sich meine Gefühle zu einem unendlich kalten, und doch so heißen Klumpen verformten.

Immer wieder strich ich sanft und vorsichtig über seine Haut, welche sich anfühlte, als würde sie schon zerbrechen, wenn ich ihn bloß zu lange ansah, als er plötzlich seine Augen öffnete. Langsam, und nur einen Spalt breit, doch er tat es. Zwischen meine verzweifelten Schluchzer mischte sich ein leises Lachen, während ich seine schlaffe Hand in die meine nahm. ,,Melethron? Was tust du hier?", flüsterte er mir zu, wodurch mein Herz fast zerbrach. Er klang schwach, gebrochen und durchsichtig, doch gleichzeitig unglaublich liebevoll. ,,Ja. Ja, ich bin hier! Natürlich bin ich hier, bei dir.", flüsterte ich zurück, und küsste sanft auf seine behandschuhten Finger.

,,Ich würde dich nie verlassen, meril nin.", fügte ich hinzu, wobei ich dachte, meine Stimme würde von dem Rauch um uns vollkommen verschluckt werden. Ein sanftes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus, was mich jedoch bloß noch mehr zum weinen brachte. Das dünne Blutrinnsal aus seinem Mund verstärkte sich, wobei sich ein verzweifeltes Husten aus seinem Hals löste. Sein ganzer Körper erzitterte unter der Bewegung, und mit Schrecken konnte ich beobachten, wie sich der schlammige, teils Moosüberzogene Boden unter ihm in ein tiefes Rot tränkte. ,,Alles wird wieder gut! Ich hole Hilfe, und dann geht es dir bald wieder gut!", versuchte ich ihn zu beruhigen, doch schrie eine leise Stimme in meinem Innern, dass ich log. Ich war lang genug Heiler, um eine tödliche Verletzung erkennen, wenn ich sie sah.

,,Du musst Legolas finden. Er hat ihn mitgenommen! Bitte! Er- er-...", begann er mich verzweifelt anzuflehen, doch seine schwache Stimme zerbrach, und in seinen sonst so starken Augen begannen sich Tränen zu sammeln. ,,Es tut mir leid melethron. So unendlich leid.", erwiderte ich zitternd, meine eigenen Tränen wurden immer stärker. Ich legte meine freie Hand sanft auf die Brust meines Gefährten, welchen ich so sehr liebte, dass ich es nicht einmal aushielt daran zu denken was geschehen würde. ,,Sag meinem Sohn, dass ich ihn liebe. Das habe ich immer getan.", bat er mich leise und flehend, als sich sein Husten wieder gelegt hatte. ,,Und vergiss eines nie: ich liebe dich. Ich liebe dich so unendlich, calad nin. Bleib stark. Für mich, melethron.", ergänzte er, wobei ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht trat, welches ich verzweifelt, und dennoch ehrlich erwiderte.

Mit erstickten Gefühlen konnte ich nur ich machtlos zusehen, wie langsam das Leben aus seinem blauen Augen verschwand, und sein Kopf sich nach hinten auf das Moos legte. Die Hand in meiner wurde schlaff und leer, genau wie ich. Zitternd und schluchzend ließ ich mich nach vorne fallen, und weinte die letzten Tränen, welche ich übrig hatte. Ein letztes Mal strich ich zärtlich über sein vollkommenes Gesicht, bis sich eine glühende Hitze von meinem Herzen aus in meinem Körper ausbreitete. Gerade als ich mich an sie gewöhnt zu haben schien, schlug sie in Sekundenbruchteilen in eine stehende, schmerzhafte Kälte um. Ein letztes Mal noch sah ich in seine Augen, bevor mein Kopf auf seine Brust sank, und es um mich herum für immer schwarz wurde.

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Zum Anfang meiner Herbstferien diesmal zwei Kapitel 🌚

Le melin, calad ninWo Geschichten leben. Entdecke jetzt