Pole Position. Bei fast jeder Strecke, in jedem Land die am meist begehrteste Platzierung in der Qualifikation. In der Formel eins fahren zwanzig Rennfahrer um diesen Platz, doch nur einer kann es am Ende schaffen. Jedes Mal ist es etwas besonderes, denn jedes Mal zeigt sie der ganzen Welt, dass du entweder das schnellste Auto fährst oder der geeignetste Fahrer für diesen Wagen bist. Dass du das beste aus diesem Wagen holen kannst. Die schnellsten werden bewundert, manchmal sogar schon verehrt, deswegen ist es auch eines der größten Wunder neben solch einem Fahrer aufwachen zu dürfen. Ihm durch die Haare fahren zu dürfen und das ganz legitim. Ohne dir Gedanken machen zu müssen.
Landos weißes Shirt klebt verschwitzt an seinem Oberkörper, trotzdem steigt mir ein angenehmer Geruch in die Nase. Dass ich am heutigen Tag nicht dabei sein konnte hat mich um ehrlich zu sein frustriert. Bei so einem wichtigen Ereignis nicht bei ihm gewesen zu sein versetzt mir einen Stich, denn all die Fans und seine ganze Familie waren da um ihn anzufeuern, um ihn in Empfang zu nehmen und ihn zu gratulieren. Ich war es nicht. Ich lag hier nur in meinem Bett, habe mitgezittert und laut dem Arzt einen kleinen Anfall bekommen. Aber bei all dem ganzen Tumult konnte ich nicht bei ihm sein und für ihn da sein.
Es war schön als er am Abend noch zu mir gekommen ist, trotz dass er so müde war. So müde dass er vor wenigen Minuten sogar neben mir eingeschlafen ist. Seine Gesichtszüge liegen ruhig und entspannt auf meiner Brust und seine Arme umgreifen mich fast gänzlich. Wenn er da so liegt kann ich einfach nicht anders und meine negativen Gedanken zur Seite zu schieben und zu lächeln. Meine Finger fahren in sanften Kreisen durch seine dichten Haare. Wann er wohl wieder losmachen muss? Laut der Uhr in meinem Zimmer ist es jetzt halb neun, also kann er nicht mehr allzu lang machen... seufzend fällt mein Kopf in den Nacken.
Wie ein Blitz durchfährt mich auf einmal jedoch ein anderer Gedanke. Ich muss Dienstag wieder zur Uni! Mist... das habe ich total verdrängt. In meinem Zustand kann ich jetzt noch nicht gehen, aber sicher wird es mir bald wieder besser gehen. Wenn ich schon an die ganzen Mitschriften von Henry denke dreht sich mir mein Magen wieder um. In den vergangenen zehn Tagen haben sich fast dreißig Bilder in meinem Uni Album gesammelt und es werden von Tag zu Tag mehr... warum tu ich mir diesen Stress eigentlich an? Ich könnte doch auch irgendetwas einfaches machen, Mediendesign zum Beispiel. In England wären meine Einstiegschancen genauso hoch wie mit einem Journalismus Studium. Ich muss noch drei Jahre auf meinen Abschluss hinarbeiten... will ich das überhaupt? So lange warten? Bei dem Gedanken schüttle ich meinen Kopf und versuche so meine negativen Gedanken aus dem Kopf zu bekommen. Ich will Journalistin werden, das wollte ich schon seit ich logisch denken kann. Warum kommen mir dann jetzt Zweifel dass es nicht das richtige für mich ist?
„Verlass mich nicht."
Überrascht sehe ich an mir herab und in Landos schlafendes Gesicht. Was war das? Seit wann redet er denn im Schlaf...? Meine Hand ruht auf seinem Kopf und beginnt jetzt wieder sanft durch seine Haare zu fahren. Schmunzelnd sehe ich wie sich seine Muskeln wieder entspannen und er schließlich ganz ruhig weiterschläft. Er brauch wirklich viel Aufmerksamkeit... Nur kurz habe ich aufgehört ihn zu graulen und schon fängt er an zu meckern. Aber irgendetwas an seinen Worten und der Art wie er sie sagte gefällt mir ganz und gar nicht. Als ob er es wirklich für möglich halten würde... Vorsichtig und den Schmerz in meinem Nacken ignorierend bücke ich mich zu ihm runter und gebe ihm einen Kuss auf die Schläfe.
„Ich verlasse dich nicht... niemals."
Und genau so meine ich es auch, denn selbst wenn ich Lando verlassen wollen würde, könnte ich es nicht über mein Herz bringen. So jemanden wie ihn kann und darf man einfach nicht verletzen. Vorsichtig und darauf aus ihn nicht aus seinem Schlaf zu reißen, lege ich meine Hand auf seine Wange und streiche sanft über seine Haut. Ist das etwa ein Bart? Schmunzelnd sehe ich etwas genauer hin und tatsächlich entdecke ich feine, kurze Härchen an seiner Wange. Sonst beschwert er sich immer darüber, dass er sich keinen richtigen Bart wachsen lassen kann, aber anscheinend ist Lando in letzter Zeit nicht zum rasieren gekommen... Zerrt mein Zustand wirklich so stark an seinen Kräften? Nehme ich ihm seine kostbare Zeit für sich selbst? Besorgt sehe ich auf ihn herab. Ich sollte ihn zurück ins Hotel schicken, sobald er wieder wach ist. Das kann nicht so weiter gehen, dass er meine Gesundheit über seine eigne stellt und dann darunter leidet.
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Made The Decision
FanfictionSechs Monate ist es her dass Lando und Jul sich das letzte Mal gegenüberstanden. Sie hat ihre Europareise beendet, wohnt in einer kleinen aber gemütlichen Einzimmer Wohnung in Dresden und ist kurz davor ihr Traumstudium zu besuchen. An der Uni finde...