Als Alea am nächsten Tag zum Frühstück kam, hatte sie schon bessere Laune.
„Ich weiß ja, dass Sie alles versuchen, um meine Freunde zu finden", verkündete sie. „Und da hilft es nicht weiter, immer nur eine Grabesmiene aufzusetzen und nicht viel sprechen zu wollen." Orion staunte über diesen Gefühlswechsel und fragte sich, ob Alea gerade den Elvarion-Klargeist-Effekt eingeschaltet hatte.
Sie fuhr fort. „Natürlich bin ich traurig und vermisse meine Freunde sehr. Aber deswegen muss ich mich ja nicht tagein, tagaus von der Außenwelt absperren. Und ich bin sicher, dass Sie sie finden."
Orion nickte erleichtert. „Das werde ich", pflichtete er ihr bei. „Und ich bin froh, dass es dir wieder besser geht."
„Ich habe eine Idee."
Diese vier Worte klangen nicht so, als wollte Alea sagen: „Ich werde heute noch mehr Englisch üben."
Beinahe lief Orion dabei ein Schauer über den Rücken, obgleich er nicht wusste, wieso. Doch irgendetwas bedeutungsvolles schwang in ihrer Stimme mit, dass ihm gar nicht gefiel.
„So?", fragte er und setzte ein Lächeln auf. „Welche denn?"
Nun schien Alea sogar richtig aufgeregt. „Sie haben doch mal erzählt, dass Sie nach anderen Meerkindern gesucht haben. Und da dachte ich, dass... Wissen Sie, ich habe eine Schwester." Alea schien sich kurz zu sammeln und Orion hoffte, dass sie jetzt nicht das sagen würde, was er befürchtete, was sie sagte.
„Wir sind eineiig, deshalb sieht sie so aus wie ich. Schätze ich jedenfalls. In Rach Turana hat mein Vater sie in seiner Nachricht erwähnt. Und jetzt, wo ich hier bin und Sie ja schon nach Meerkindern gesucht haben, da dachte ich, dass Sie vielleicht noch... nach meiner Schwester suchen könnten."
Orion erschauderte kurz. Wieso musste Alea nur von Thea wissen? Das verkomplizierte alles um einiges. Doch vielleicht konnte er sich noch da rauswurschteln.
„Alea, weißt du, ich habe tatsächlich lange und intensiv nach anderen überlebenden Meerkindern gesucht." Er seufzte kurz, um den folgenden Worten eine Wirkung zu bereiten. „Doch wie gesagt konnte ich leider keines von ihnen ausfindig machen. Es wäre klasse, wenn du deine Schwester mal sehen könntest. Aber auch unwahrscheinlich, dass ich genau sie finde, nach jahrelangem erfolglosem Suchen."
„Aber Sie haben ja nun Anhaltspunkte!", sagte Alea, doch Enttäuschung schwankte in ihrer Stimme mit. „Zum Beispiel wissen Sie, wie alt meine Schwester ist, also zwölf. Und sie wurde in Renesse an andere Landgänger übergeben, die womöglich dort auch wohnen. Das würde die Suche um einiges erleichtern, oder? Bestimmt geht sie auf irgendeine Schule in Holland und denkt, dass sie Kälteurtikaria hat. Und womöglich trägt sie auch Handschuhe wie ich und versteckt ihre Ohrenknubbel. Also ihre... Raffnarben. Das wäre alles total wahrscheinlich!"
So ist es aber nicht, dachte Orion und sah Thea vor seinem inneren Auge im Kerker sitzen.
„Ich kann es ja mal versuchen", sagte er dann schließlich. „Auch wenn ich nicht denke, dass meine Recherchen erfolgreich sein werden. Renesse, sagtest du? Hmm..."
Damit schien dieses Thema erst einmal abgeschlossen, und Orion dachte nach kurzer Zeit wieder an andere Dinge.
„Was möchtest du denn heute noch so tun?", fragte er nach dem Frühstück und wies Blakkarsson an, das Geschirr wegzuräumen.
„Ich weiß noch nicht", antwortete Alea. „Vielleicht kann ich Ihnen ja bei der Suche von meinen Freunden helfen?"
Orion winkte ab. „Nein, da muss man schon genau wissen, wie und nach was man sucht. Schließlich kannst du nicht einfach ‚Schulen in Renesse' oder ‚Lennox' eingeben und sofort findest du alles, was du suchst."
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Orions Spiel (Alea Aquarius Perspektivenwechsel)
Fiksi PenggemarAquilius Orion zieht nun an den Strängen - die Elvarion der letzten Generation ist bei ihm und er versucht alles Mögliche, um ihr Vertrauen zu erlangen. Doch die Alpha Cru steht ihm im Weg, Prinz Cassaras hat den Silberumhang noch nicht und Aleas Sc...