[Alice Weidels POV]
Die bunten Blätter, die die Bäume in den Straßen und Gassen Berlins in rot und gelb geschmückt hatten, lagen inzwischen auf dem Boden und verschmolzen langsam aber sicher zu einer undefinierbaren braunen Masse, die unaufhörlich mit der Nässe des Regens getränkt wurde. Es regnete viel. Täglich sanken die Temperaturen um ein paar Grad und alles in allem war Berlin trostlos zu dieser Zeit. Normalerweise hätte ich mich umso mehr auf die Schweiz gefreut, doch dieses Mal bereitete mir der Gedanke, Sarah wieder zu sehen Herzrasen. Keineswegs vor Freude, viel mehr vor Angst. Ich war nervös. Nervös, was sie sagen würde, nervös, wie es weitergehen würde. Allein daran zu denken, trieb mir den Schweiß auf die Stirn und ich begann, mit den Fingern auf meinem Lenkrad herum zu tippen. „Alice, reiß dich zusammen!", ermahnte ich mich selbst. Ich wollte mich nicht verrückt machen – nicht grundlos – doch ich befürchtete, dass es ganz und gar nicht grundlos war.
Mit einem Quietschen stoppte ich mein Auto in einer Seitenstraße. Ich parkte nie direkt vor Annalenas Haus, wir hatten beide Angst, uns könnte jemand beobachten. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, eine unausgesprochene Abmachung, dass wir nach außen hin den Anschein der Rivalität wahrten. Wir konnten kein normales Paar sein. Wir wussten das beide. Wir waren alles andere als normal und manchmal wunderte mich, dass es überhaupt funktionierte. Über Politik sprachen wir selten. Eigentlich nie, und das war vermutlich auch besser so. Uns trennten Welten, was das betraf, wenn nicht sogar Universen.
Gedankenverloren starrte ich geradeaus auf die beinahe menschenleere Straße. Ich spürte einzelne Regentropfen, die auf meinen dunkelblauen Mantel fielen. Die Stimmung war melancholisch. Nicht nur überall, wo ich hinsah, auch in mir selbst war es düster und stürmisch. Ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Überall in meinem Kopf war Annalena, irgendwo dazwischen Sarah.
Ich betätigte die Klingel, woraufhin sich die schwere Haustür mit einem Brummen öffnete. Ich lief einige Treppen, bis ich schließlich Annalena im Rahmen ihrer Wohnungstür gelehnt stehen sah. Sie strahlte über beide Ohren. Ihre blauen Augen funkelten, sie schien mich bereits erwartet zu haben. Für einen Moment waren alle Zweifel wie weggeblasen. Ich schloss die deutlich kleinere Brünette fest in meine Arme und drückte einen Kuss auf ihre Lippen.
[Annalena Baerbocks POV]
Ich lag mit meinem Kopf auf ihrer Brust, ihr Arm war um meine Hüfte geschlungen und für einige Minuten sagten wir nichts. Wir lagen einfach nur da und genossen die Wärme, die wir uns einander gaben. Die letzte Woche war stressig gewesen. Lauter Sitzungen und ich konnte Christian Lindners arrogante Stimme beinahe nicht mehr hören. Was dabei zu kurz gekommen war, war Alice. Zwar hatten wir uns jeden Tag gesehen, doch mehr als ein flüchtiges Grüßen oder einen kurzer Augenkontakt konnten wir uns auf der Arbeit nicht erlauben. Ich hasste es. Mehr als alles andere. Am liebsten wollte ich der ganzen Welt sagen, wer Alice Weidel wirklich war, hinter der kühlen, beinahe menschenverachtenden Fassade, die sie der Außenwelt nur zu oft präsentierte.
„Ich will dieses Versteckspiel nicht mehr", flüsterte ich. „Was?" Alice wirkte geschockt. Empfand sie anders? „Ich meine nur", begann ich mit zitternder Stimme, „Ich will einfach mit dir draußen sein, ohne die Angst, dass es direkt Schlagzeilen gibt." Ich war verunsichert, als Alice Gesichtszüge unverändert ernst blieben. „Wir sind Politikerinnen, Annalena, ganz zu schweigen von den Differenzen unserer Parteien. Es geht nicht." Ich wusste, dass sie mit allem was sie sagte Recht hatte. Wir waren Politikerinnen. Es wäre ein Skandal. Es würde uns vermutlich beide unsere politische Karriere kosten. Von Hundert auf null. Und trotzdem kochte mein Blut davon, wie ruhig Alice blieb. Störte es sie nicht? Vielleicht wollte sie, dass ich ihr Geheimnis bleibe, schließlich hatte sie eigentlich eine Lebenspartnerin in der Schweiz... „Merkst du nicht, dass wir uns verstecken? Bei dir, bei mir, das sind doch alles nur sichere Bunker, um uns vor denen zu schützen, die uns nicht zusammen sehen wollen!" Aus mir sprach lange nicht mehr die Vernunft, sondern viel mehr die Wut... oder doch die Verzweiflung? „Dann ist es halt so..." Alice zuckte mit den Schultern. „Ich kann das so nicht, verstehst du?", entgegnete ich. Ein paar Tränen rollten über meine Wangen. Gedanken schossen mir durch den Kopf und für einen Moment war ich mir nicht mehr sicher, ob das alles richtig war.
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Verbotene Koalition || Baerbock x Weidel
FanficEigentlich sind sie Rivalinnen auf politischer Ebene, deren Einstellungen kaum verschiedener sein könnten. Doch eines Tages ändert sich alles, als Annalena Baerbock - Spitzenkandidatin der Grünen - und Alice Weidel - Spitzenkandidatin der AfD - sich...