Kapitel 13

743 48 3
                                    

[Annalena Baerbocks POV]

Die Tage vergingen und ich spielte meine Rolle perfekt. Es war beinahe Oskarreif, wie gekonnt ich meinen Kollegen vorgaukelte, dass es mir gut ging. Ich stürzte mich in Arbeit, um nicht an Alice zu denken. Das hatte gerade sowieso keinen Sinn, egal was war, ich musste warten, bis sie von selbst zurückkam. Meine Kollegen begrüßten meinen Ehrgeiz und die etlichen Überstunden, die ich bereitwillig auf mich nahm. Der Koalitionsvertrag kam schneller voran, als erwartet. In dieser Hinsicht hatte es wohl etwas Gutes... sofern ich die Leere in mir als gut bezeichnen konnte.

Es war bereits stockdunkel, als ich den spärlich beleuchteten Parkplatz des Reichstagsgebäudes heute verlies. Ich fuhr durch die Dunkelheit Berlins und wünschte mir nichts sehnlicher, als Alice auf dem Beifahrersitz. Ich wollte sie sehen, ihre Stimme hören, ihre Haut auf meiner spüren. Zum Glück war es so spät, dass die Straßen der Berliner Vorstadt nur noch kaum befahren waren. Ich fuhr bestimmt zu schnell, so eingenommen war ich von den Gefühlen in mir, die mich beinahe zerrissen. Ich fuhr nie zu schnell... selten zumindest. Das erhöhte den Benzinverbrauch und somit den CO2-Ausstoß. Ein zu hoher CO2-Ausstoß war normalerweise das letzte, das ich gebrauchen konnte, doch jetzt wollte ich nichts mehr als schnell nach Hause und mich in meinem Bett zu vergraben, nur um am morgigen Tag erneut zu funktionieren.

Ich parkte den Wagen gerade vor meinem Haus, als plötzlich eine Nachricht auf meinem Bordbildschirm aufpoppte.

Anruf von unbekannter Nummer

+41 45.......

Schweizer Vorwahl. Soweit reichte mein Allgemeinwissen. Mein Atem stockte und mein Herz schien für einen Moment stehen zu bleiben. Ich kannte nur eine Person, die ich mit der Schweiz in Verbindung brachte. Mein ganzer Körper begann zu kribbeln, am liebsten hätte ich sofort nach meinem Handy gegriffen, die Nummer gewählt und in den Lautsprecher geschrien, dass ich sie vermisse. Doch ich wollte stark bleiben. Alice war gegangen. Und egal was sie mir sagen wollte, das konnte sie persönlich tun. Falls sie wiederkam... Bei dem Gedanken stoppte mein Herz erneut, nicht vor Freude, sondern weil mir ein kalter Schauer durch die Glieder fuhr. Nein, sowas wollte ich nicht denken. Ich konnte es nicht wahrhaben, noch nicht. Sie musste wiederkommen. Es war doch kein Abschied für immer gewesen... Oder doch?

Verbotene Koalition || Baerbock x WeidelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt