Back Then

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11th December

Close your eyes and

feel how the dreams

flow throught ya

it's never how it seems

2007

Taemin stand vor ihm. Der Stein, der sein Leben verändert hatte. Eine einzelne Träne lief seine Wange herunter. Schnell wischte er sie weg und holte tief Luft. Er kniete nieder und lehnte seinen Kopf an den kalten Stein. Mit seinen feinen Fingern fuhr er über die Inschrift.

,,Saranghaeyo, Eomma (Ich liebe dich, Mama).", flüsterte er leise. Immer wieder sagte eine Stimme in seinem Kopf ,,Wein nicht! Es bedeutet Schwäche!". Es war die Stimme seines Vaters. Schwäche durfte in seiner Gegenwart niemand zeigen. Tränen waren eines der tausend Symbole für Schwäche.

Tae versuchte mit aller Kraft, die ihm geblieben war, seine Tränen fernzuhalten. Mit den Händen in seinen Hosentaschen ging er fort. Er verließ den traurigen Ort und machte such auf den Weg zu einem noch traurigerem. Seinem Zu Hause.

Als er nach einiger Zeit an seinem kleinem Zu Hause ankam. Betrachtete er das Haus. Bis vor ein paar Wochen war es ein Palast gewesen. Zumindest für Tae. Eigentlich hatte sich nichts an dem Haus geändert. Äußerlich. Im Inneren war es düster und kalt geworden. 

Taemins Familie war noch nie reich gewesen. Sie waren immer arm und wurden dafür von vielen gehasst. Sein Vater arbeitete nur und seine Mutter war krank gewesen. Vor fast zwei Wochen war sie gestorben. Seitdem ging es bergab. Taemins Mutter hatte Sumi nur ein Jahr nach Tae bekommen, doch Taemin fühlte sich trotzdem für seine mittlerweile vierzehnjährige Schwester verantwortlich. Nie hatte er sie mit zu seiner Mutter gebracht. Er wollte nicht, dass sie ihre Mutter so schwach und krank sah. 

Taemins Mutter war eigentlich immer einer Meinung mit ihm, doch an dem Tag, an dem sie starb. Wollte sie unbedingt Sumi sehen. In ihren Knochen hatte sie gespürt, dass sie den Tag nicht überleben würde und wollte ihre Tochter ein letztes mal sehen. Taemin verweigerte jedoch ihre Bitte, obwohl sie flehte. 

Als am nächsten Tag die Nachricht kam, seine Mutter war gestorben, wusste er, warum seine Mutter diesen Wunsch gehabt hatte. Am liebsten würde er sich schlagen. Den letzten Wunsch seiner Mutter hatte er keine Aufmerksamkeit geschenkt und Sumi konnte ihre Mutter nicht erneut sehen.

Wie konnte er nur so egoistisch sein?

Taemin betrat das kleine Haus und Sumi kam ihm sofort entgegen gelaufen. 

,,Wo warst du?!", schrie sie ihn an und umarmte ihn. Taemin genoss die Wärme, die von ihr ausging. Im nächsten Moment löste er sich allerdings wieder von ihr, durch die Schuldgefühle, die immer mehr wurden. Sein Vater war dabei gewesen, als er seine Mutter die Bitte ausgeschlagen hatte. 

Zuerst war er einer Meinung mit seinem Sohn, doch nach dem Tod seiner Frau begann er ihn dafür schuldig zu erklären, dass Taemins Mutter gestorben war. Sumi war noch immer seine Prinzessin, aber Taemin war ein Fremder für ihn. 

Ohne weitere Worte ging Taemin auf sein Zimmer. Er zog ein Blatt Papier heraus und fing an zu schreiben. Es war kindisch, doch er tat es. ,,Lieber Santa..."

Irgendetwas musste sich grundsätzlich ändern. Er kramte Bücher aus seinem Regal und begann zu lesen. Er würde erst wieder aufhören zu lesen, wenn er alles wusste. Alles, über alles.

2011

Taemin griff nach seinem Lieblings-Pullover und faltete ihn ordentlich. Den Pulli mit dem Kragen packte er in seine Tasche. Tae öffnete eine Schublade und holte ein Flugticket heraus. 

,Amerika', stand groß darauf. Er atme tief ein und versuchte sich selbst zu beruhigen. Er war neunzehn und es war Zeit für ihn etwas zu tun. Das Ticket packte er in die Seitentasche seiner Reisetasche und zog den Reisverschluss zu. Mit Schwung legte er die Tasche über seine Schulter und machte sich auf dem Weg zu seiner Schwester.

Sie schlief tief und fest. Einen Brief, den er am Tag zuvor verfasst hatte legte er neben seine schlafende Schwester. Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich umdrehte und in das Zimmer seines Vaters verschwand. Man sah ihm an, dass ihm die vielen Jahre, in denen er seine Kinder versorgen musste, ganz alleine, sehr zu schaffen gemacht haben. Auch ihm legte er einen Brief hin.

Nachdem er sich sein zu Hause noch einmal angeschaut hatte und über alles nachgedacht hatte, verließ er das Haus. Hier war er aufgewachsen. Das war sein Leben. Es wurde Zeit in die Zukunft zu blicken und die Vergangenheit endgültig abzuschließen. Keine Tränen, keine Emotionen mehr. 

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Sumi schlug die Augen auf. Ein Schluchzen hatte sie aus ihrem leichtem Schlaf geweckt. Sie horchte und folgte dem Weinen. Schließlich landete sie im Zimmer ihres Vaters. Weinend saß er auf dem Bett. In seiner Hand befand sich ein Stück Papier. Sumi rannte auf ihn zu und hob sein Gesicht mit ihren Händen.

,,Appa (Papa), was ist los?", fragte sie leise. Ihr Vater weinte nicht oft, eigentlich nie. Tränen waren immer noch ein Zeichen der Schwäche. Sumis Appa reichte ihr das Blatt. Vorsichtig nahm das Mädchen es an und drehte es um. Die Schrift erkannte sie sofort. Es war Taemins.

Vater,

ich weiß, dass du all die letzten Jahre damit verbracht hast mich und Sumi zu ernähren, zu arbeiten und deine größte Schwäche zu versteckten. Es wird Zeit nach vorne zu blicken. Mein Leben in Seoul hat keinen Sinn mehr. Seit neunzehn Jahren bin ich hier. Hier, im selben Haus. Ich musste gehen. In meinem Herzen hoffe ich, du liest den Brief, auch, wenn du mir die Schuld - zurecht - an allem gibst. 
Ich liebe dich und Sumi. 

Es tut mir leid.

Taemin

Sumi las die Zeilen immer wieder. Sie hatte nicht bemerkt, wie ihr die Tränen gekommen war, geschweige denn auf das Blatt fielen, welches ihr langsam aus den Händen glitt. Schnell rannte sie in ihr Zimmer, um nachzusehen, ob auch sie einen Brief von ihrem Bruder hatte. Tatsächlich lag neben ihrem Bett ein Zettel mit der Schrift ihres großen Bruders. Ungeduldig entfaltete sie ihn.

Sumi,

ich liebe dich, aber hier gibt es nichts mehr für mich. Mich zu finden hat keinen Sinn. Auch nicht mit deinem Dickschädel. 

Du bist meine kleine Schwester...Für immer.

Saranghaeyo (Ich liebe dich)

Dein Taeminnie

So schnell, wie sie konnte sprintete Sumi aus dem Haus, in der Hoffnung ihren Bruder zu sehen. Mit nasse Wangen und salzigem Geschmack im Mund schaute sie sich um. Jede Spur von ,Taeminnie' fehlte. 

,,Wie konntest du, Seong Taemin?", fragte sie sich selbst, in der Hoffnung er würde es hören. Natürlich bekam sie keine Antwort. Langsam sank sie auf ihre Knie.

Deep InsideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt