Kapitel 9
Melody
Sie saß im Büro an Davids neuster Auswertung der Kostensteigerung, die sie in den nächsten Jahren erwarten würde und wog gedanklich die Vor- und Nachteile einer Preiserhöhung ab, als Veronika in die Tür aufriss und wie eine Furie auf sie zukam. Und dafür sorgte, dass sie selbst in Panik geriet.
„Es war Lunas Idee, ganz alleine Lunas!" feuerte Melody sofort ab, sprang von Stuhl auf und flüchtete in die andere Ecke des Raumes, um der absolut durchgeknallten Malerin zu entkommen, die selbst, mit Schaum vor dem Mund, nicht bissiger hätte aussehen können.
„HÄ? Luna? Du meinst das sie mich Babysittet und zu diesen Treffen schleppt? Deswegen bin ich nicht hier!" entgegnete V und Melody sah sich nervös um. Tatsächlich? Dessentwegen war sie nicht sauer?
„Okay warum bist du dann so sauer?"
„WEIL ICH NICHT DEINE TREUZEUGIN BIN!", fauchte die Künstlerin dann weiter und Melody brachte schnell ihr Bürostuhl zwischen sich und ihrer Freundin, bevor sie darüber nachdachte, wie sie ihr das am besten erklären sollte.
„Ich wollte ja euch beide. Dich und Luna, aber Elija hat bereits Probleme auch nur einen Trauzeugen zu finden und ich wüsste nicht mal, ob er zwei Bekannte hat die dafür theoretisch infrage..."
„ZED UND COLE MACHEN IHM DEN TREUZEUGEN UND ICH UND LUNA SIND DEINE, DASS IHR DA ÜBERHAUPPT DRÜBER NACHDENKEN MÜSST!" fauchte V weiter und Melody versuchte ehrlich nicht, sich da herauszuwinden, aber Cole und Zed waren Kunden im Noir und Elija würde sie niemals als Freunde bezeichnen, eigentlich hatte er gar keine Freunde und Melody hatte keine Ahnung ob Zed und Cole das überhaupt machen würden.
Das könnte er ihr eigentlich auch selbst erklären!
Doch da fiel ihr auf, dass es wahrscheinlich gar nicht wirklich um den Posten als Treuezeugin ging, sie wäre auch überrascht, wenn sich Veronika dafür interessierte. In Gegensatz zu Luna, die Melody gerne bei der Planung halft, gab Veronika in der Regel nur würge Laute von sich, wenn Melody sie nach ihrer Meinung fragte.
„Sie sind keine Freunde, bestenfalls Verbündete. Ich habe mir nämlich den unsozialsten Kerl der Welt geangelt", fauchte sie demonstrativ in die dunkle Ecke, wo sich besagter Mann immer noch nicht anschickte ihr zu helfen. Toll. „Und seit wann kümmert dich das, ob du Trauzeugin bist, oder nicht? Liegt es daran, dass du es tatsächlich sein willst, oder nur damit du Hitch aus dem Weg gehen kannst, wenn er dich dazu zwingt, mit ihm hinzugehen?", fragte Melody und schien damit genau ins Schwarze zu treffen, denn Veronika biss die Zähne zusammen und knurrte fast. Vielleicht sollte Melody doch einen Hundefänger holen, die Frau war wirklich tollwütig!
„Er zwingt mich zu gar nichts!"
„Tatsächlich? Da hab ich anderes gehört!"
„GRR!", entfuhr es Veronika dann nur, sie machte auf dem Absatz kehrt und verschwand so schwungvoll aus der Tür, dass Melody noch den Windzug spürte, als das Knallen langsam verstummte.
„Genau deshalb brauch ich keine Freunde", brummte Elija gelangweilt und machte sich nicht mal die Mühe die Augen zu öffnen, während er immer noch seelenruhig auf der Couch lag und versuchte zu schlafen. So wie er es schon ein paar Stunden vor Veronikas Erscheinen gemacht hatte.
„Du bist mir ein toller Verlobter. Rührst nicht einen Finger, um mich vor einer wild gewordenen Künstlerin zu retten. Sie wäre mir fast an die Kehle gegangen!"
„Ja. Und dennoch nennst du sie deine Freundin." meinte er nur und Melody schnaufte. Wenn er schlafen wollte, brachte nicht mal Veronika ihn aus der Ruhe, obwohl diese wahrscheinlich nicht mal mitbekommen hatte, dass er im Raum war. Selbst Melody hatte seine Anwesenheit fast vergessen, dabei war Elija alles andere als subtil.
„Ihre Idee ist aber gar nicht schlecht. Frag Cole und Zed", entgegnete sie und kullerte ihren Bürostuhl an den Tisch zurück und ließ sich wieder darauf sinken.
„Nein, die haben eigenen Probleme. Sie glauben, dass sie Luna bis Ende des Jahres geschwängert haben und heulen mir die ganze Zeit die Ohren voll, wie aufwendig Kinder sind, also tu mir den Gefallen und warte mit dem Baby-Scheiß bis ich mich von der Hochzeit erholt habe", meinte Elija plötzlich und Melody sprang wieder auf ihre Füße und war sprachlos.
„WAS? BABY? BIST DU SICHER?", fragte sie und Elija stöhnt, zog sein Telefon aus der Tasche und reichte es ihr. Sie nahm es entgegengab sein Passwort ein, dass 'Passwort' lautete, weil ihr zukünftiger Ehemann, sich für so wahnsinnig kreativ hielt und las ungeniert seine Nachrichten. Er war in einem Chat mit Zed und Cole und seit einigen Tagen auch Mit Hitch den sie 'Weiber freie Zone' getauft hatten und doch wie die Waschweiber nur ein Thema hatten: Ihre Weiber. Typisch Mann.
Melody scrollte Hitchs Beschwerden über Veronika ungelesen nach oben und kam dann zu einer Nachricht von Zed, wo er fragte, ob irgendwer eine List von Dingen hätte, die man für Babys brauchte. Und dann kamen dumme Kommentare wie: >>Eine Frau die du befriedigen kannst<< oder >>einen Ständer<< . Männer waren manchmal einfach nur dämlich. Kaum überraschend kam der letzte Punkt von ihren eigenen Idioten.
„Ich will ein weiteres Mal betonen, dass ihr euch hier benehmt wie kleine Jungen. In meinen Kopf warst du immer irgendwie cooler als das hier." meinte Melody und gestikulierte mit seinem Smartphone umher. Wieder schnaufte Elija nur.
„Ja. Sei froh, dass ich dich das lesen lasse." Oh, das war sie. Obwohl sie langsam zu der Überzeugung gelangte, dass Zed und Cole tatsächlich das waren, was für Elija Freunde am nächsten kam.
„Bin ich und ich liebe dich dafür. Aber tut ihr in diesem Chat noch etwas anderes, als euch gegenseitig eure Männlichkeit abzusprechen und mit euren besseren Hälften entweder zu prahlen oder euch über sie auszuheulen?"
„Wir ziehen noch Hitch auf, weil er es bei Veronika immer noch schlimmer, anstatt besser macht. Dieser loser" Pah! Als wäre ausgerechnet er derjenige, der sich da über andere lustig machen könnte.
„Wer im Glashaus sitzt...mein Liebling!" Und daraufhin hielt Elija seine Hand hoch, an dem bald sein Ehering sein würde.
„Ich bin fast verheiratet und damit besser als der Rest dieser Versager. Meinst du, dass Luna sich ernsthaft von diesen Kellnern ein Kind andrehen lässt?", fragte er dann und Melody dachte darüber nach, nickte dann aber und grinste in sich hinein.
„Klar", sagte sie und tippte dann fröhlich eine Nachricht in Elijas Namen, wo er Zed und Cole darum bat ihre Trauzeugen zu sein. Doch der beschissene Tastenton machte ihren Verlobten hellhörig.
„Was frisst du da wieder aus, Darling?"
„Nichts. Ich sage Zed nur, dass es eh nicht klappt, weil sein Penis zu klein ist", log sie knallhart und Elija öffnete eines seiner Augen, sah sie skeptisch an und schien ihr dann doch zu glauben.
„Wie ich sehe, seid ihr Frauen tatsächlich so viel erwachsener als wir Männer." Doch Melody grinste nur und warf ihm sein Telefon auf den Bauch, bevor sie sich wieder an ihre Arbeit machte. Sie liebte ihren kleinen Idioten und freute sich bereits darauf, wenn Elija die Nachricht sah und sie dafür bestrafen würde.
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Take it deep, Babygirl - Adventskalender 2021 (Kurzgeschichten)
Short StoryLuna, Zed und Cole suchen jeweils ihren Platz in ihrer ungewöhnlichen Beziehung zu Dritt. Doch wenn die Welt sich gegen sie stellt und ihre Liebe erlischt, dann verschwindet auch Vertrauen und Hoffnung. 2 Kurzgeschichten. Lesen des Hauptwerkes zwing...