»Warum lässt du dir nicht helfen?«
»Die bessere Frage wäre, warum mir niemand hilft.«
𓂉
Ayliz lebt als ambitionierte Streitschlichterin nach folgendem Kodex:
1.) Streitschlichtende sind stets neutral.
2.) Die Streitschlichtung bleibt vertraulich.
3...
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Eine Streitschlichtung kann zuvor nicht geplant werden, sondern ergibt sich erst im Gespräch.
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𓂉
»ERDE AN AYLIZ!« Ich schrecke von meinem Handy hoch. Obwohl mir die Augen von den wenigen Stunden Schlaf noch höllisch brennen, hat mir Lennja und der morgige Blick in den Spiegel versichert, dass es nicht auffällt. Längeres Betrachten des Bildschirms halte ich trotzdem nicht aus, ohne dass sie ganz schmal werden.
Geantwortet hat er nicht, aber irgendwann zwischen erster und zweiter Pause wird er die Nachricht gelesen haben. Was kann ich nur antworten, um zu entschärfen, dass ich ihm letzte Nacht mein Herz ausgeschüttet habe?
»Er starrt zu uns rüber.« Meine beste Freundin sticht mit ihrem Ellenbogen hartnäckig in meine Taille. Ihre erdbeerblonden Brauen zucken links zu den Plätzen vor den Räumen für Naturwissenschaften. Dort sitzt Theo, allein und lediglich von der Musik seiner Kopfhörer beschallt. Mittlerweile starrt er allerdings nicht mehr, sondern betrachtet das Laminat zu seinen Füßen.
»Das bildest du dir doch nur ein«, murmele ich. Seitdem sie das von mir ausgehende Missfallen über die Zusammenarbeit bei den Projektwochen registriert hat, scheint sie regelrecht besessen bezüglich Details zu meinem Privatleben.
»Von wegen! Ihr habt euch in Reginas Café getroffen.« Und wie er mich getroffen hat. »Und später saß er in eine deiner Streitschlichtungen. Das kann kein Zufall sein.«
Ihre Begeisterung wäre ansteckend, wenn ich mittlerweile nicht auf dem Trip bin, Theo nach Möglichkeit fallenzulassen. Sie nippt verheißungsvoll an ihrem Schokokaffee und klimpert dabei viel zu aufreizend mit ihren Wimpern.
»Natürlich nicht. Fallsberg ist ein Kaff. Würde man sich hier nicht öfters über den Weg laufen, stimmt etwas mit der Welt nicht mehr.« Meine höhnische Aussage wird von ihr ignoriert.
Verträumt stützt sie das Kinn auf ihre Handflächen. Dabei schaut sie äußerst grazil aus – mit ihren naturgegebenen langen Wimpern und der leicht rosigen Färbung ihrer Wangen. Bei unserer ersten Begegnung habe ich aufgrund ihrer rauen Stimme einen kurzen Schock bekommen, die nicht zum Rest ihres Körpers passen wollte. Schon damals trug sie klassische Röcke. »Wie in einem kitschigen Liebesfilm.«
