10. Kapitel

32 8 18
                                    


Alle Katzen versammelten sich um ihre Clan-Anführer. Der LuftClan eilte die Anhöhe hinauf und verschwand hinter einigen Ginster- und Heidebüschen. Der ErdClan huschte in die Schatten am entgegengesetzten Ende der Lichtung und war schon bald nicht mehr zu sehen. Nur der BaumClan und der BlitzClan befanden sich noch in der Senke.

Wie vor Beginn der Großen Versammlung bildeten die Katzen des BaumClans einen Kreis um den BlitzClan. Gemeinsam liefen sie am Ufer des Sees entlang und gelangten in das Territorium des BaumClans.

„Hallo Regenpfote!", kam es schüchtern von seiner rechten Seite. Überrascht drehte er den Kopf und erblickte Blattpfote neben sich. Die dunkelbraun getigerte Kätzin hatte sich unbemerkt neben ihn gesellt und lief an seiner Seite weiter.

„Hallo Blattpfote!", miaute er ebenfalls ungewöhnlich schüchtern. „Wie geht es dir?", fragte er sie höflich. „Gut! Sehr gut sogar! Und dir?" „Mir auch!", antwortete er.

Eine Zeit lang schwiegen sie und liefen nur nebeneinander her. Ab und zu berührte sich ihr Fell, wenn sie Hindernissen ausweichen oder über Wurzeln springen mussten. Regenpfote zuckte jedes Mal zusammen und blickte sich zu ihr um.

Als sie schließlich bei der Zweibeinerbrücke ankamen, mussten sich die Clans wieder trennen. Er konnte nicht sagen, ob er mehr froh über die Ankunft in seinem Territorium war, oder mehr traurig, dass er sich von Blattpfote verabschieden musste.

Wir sehen uns ja bei der nächsten Großen Versammlung wieder! Aber eigentlich sollte ich sie nicht vermissen! Sie gehört ja einem anderen Clan an!, versuchte er sich einzureden.

Doch selbst dann, als die Zweibeinerbrücke weit hinter ihnen lag, musste er noch an sie denken.


Sturmpfote beobachtete seinen Bruder, der vor ihm herlief. Er hatte gesehen, wie Regenpfote bei Blattpfotes Berührung zusammenzuckte und schüchtern ein paar Worte mit ihr teilte.

Er fand dieses Verhalten ein wenig seltsam, doch so ähnlich war es ihm bei Buntpfote auf der Großen Versammlung gegangen. Seine Gedanken waren auf dem Heimweg immer wieder zu ihr gewandert.

Nach kurzem Marsch erreichten sie das Lager und wurden von den Katzen, die aufgeblieben waren, begrüßt. Die erste und wichtigste Frage, die gestellt wurde, war natürlich, wie der BaumClan reagiert hatte.

Sturmpfote beobachtete, wie sich die Katzen, die die Große Versammlung besucht hatten, zu ihren Freunden und Familien gesellten, um ihnen alles zu berichten.

Löwenpfote rannte aufgeregt zu Abendpfote, der aus dem Schülerbau gekommen war, um ihm alles über seine erste Große Versammlung zu erzählen. Auf der ganzen Lichtung herrschte wildes Durcheinander und alle Stimmen zerflossen zu einem aufgeregten Chor. Nur die wenigsten gingen in ihre Baue. Fast alle Katzen blieben auf der Lichtung, um entweder den Berichten ihrer Freunde zu lauschen, oder um selbst zu erzählen. Deshalb bemerkte niemand, dass sich Sturmpfote und Regenpfote durch den Eingang in den Schülerbau zwängten und sich in ihre Nester kuschelten.

Der Lärm der vielen Stimmen drang gedämpft durch die Blätterwand des Baus und störte sie nicht. Beide waren mit ihren Gedanken in einer anderen Welt. Zur selben Zeit stießen sie einen tiefen Seufzer aus und kuschelten sich noch tiefer in ihre weichen Nester. Bald darauf waren sie eingeschlafen.

Sturmpfote träumte wirre Träume. Einmal glaubte er Diamantenrose zu sehen, doch ihr Bild verschwand fast augenblicklich. Manchmal hörte er Stimmen, die nach ihm riefen.

Jedes Mal drehte er sich im Kreis und schaute um sich, doch er konnte weder Katzen, noch sonst irgendetwas erkennen. Er sah nur Schwärze, die ihn überall umgab.

Es kam ihm so vor, als ob die Stimmen ihn vor irgendetwas warnen wollten, doch er konnte ihre Worte nicht verstehen.

Plötzlich tauchte Diamantenroses glitzernde Gestalt vor ihm im Dunkeln auf und bewegte den Mund, um ihm etwas zu sagen, doch bevor er auch nur ein Wort hören konnte, wachte er auf.

Eine Pfote hatte ihn angestoßen und somit aufgeweckt. Es war Regenpfote, der mit besorgtem Blick auf seinen Bruder hinabsah.

„Alles in Ordnung mit dir?", fragte er. „Ja, warum denn nicht?", antwortete ihm Sturmpfote ein wenig benommen. „Na, weil du im Schlaf geredet hast und um dich getreten. Ich dachte mir, dass du einen Albtraum hattest!", miaute Regenpfote mit großen Augen. „Hatte ich auch", musste Sturmpfote zugeben. „Und was hast du geträumt?", fragte ihn Regenpfote neugierig. Sturmpfote dachte einen kurzen Moment nach, doch der Traum war einfach verschwunden, er konnte sich an nichts mehr erinnern, nur dass Diamantenrose vorgekommen war. „Ich kann mich an nichts mehr erinnern", miaute Sturmpfote deshalb.

Als Regenpfote ihn schief anblickte, beteuerte er nochmals: „Wirklich! Ich weiß nichts mehr!"

„Na gut! Ich glaube dir!" Regenpfote schaute durch den Eingang hindurch. Langsam sickerte Morgenlicht durch die Öffnung und vertrieb endgültig die Dunkelheit der Nacht und die letzte Erinnerung an seinen Traum. „Es lohnt sich nicht mehr wirklich weiter zu schlafen. Die Morgenpatrouille ist wahrscheinlich schon längst aufgebrochen und die anderen Katzen werden sicherlich bald mit ihren Pflichten beginnen!", stellte Regenpfote fest.

Mit einem letzten Gähnen erhoben sich die beiden Brüder, schüttelten ihre Pelze aus und trotteten auf die Lichtung.

Warrior Cats - Düstere SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt