7. Kapitel

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Sturmpfote versuchte mit der Patrouille mitzuhalten. Sie hatten ein schnelles Tempo vorgelegt, seit sie das Lager verlassen hatten.

Vor ihm lief Entenfeder, neben ihm Maulwurfkralle, von dem nur ein Schatten in der Dunkelheit zu sehen war. An der Spitze der Patrouille lief Wolkenschauer, der nur durch seine weißen Flecken verraten wurde. Mondstrahl bildete das Schlusslicht.

Seine Mentorin musste ihm zwar ab und zu helfen, wenn er über eine Wurzel stolperte oder im nassen Laub ausrutschte, doch abgesehen davon versuchte er die anderen nicht aufzuhalten. Es war nämlich eine große Ehre, dass er ausgewählt worden war, obwohl er noch nicht zum Krieger ernannt wurde.

Wolkenschauer hob seinen grau-weiß gefleckten Schwanz. Das war das Signal zum Anhalten. Entenfeder, Maulwurfkralle, Mondstrahl und Sturmpfote wurden langsamer und stellten sich neben dem zweiten Anführer auf. Sie hatten den See erreicht.

Erst zweimal war Sturmpfote bei Nacht hier gewesen. Doch bei diesem Anblick wurde er jedes Mal sprachlos. Staunend schaute er auf die glitzernde Wasserfläche vor ihm. Der volle Mond spiegelte sich hell und klar im Wasser und wurde von einzelnen Sternen umrahmt, die es nicht an Helligkeit mit ihm aufnehmen konnten.

Entenfeder brach als Erster die Stille. „Seht ihr? Da sollten eigentlich die Trittsteine sein, die zum Baumgeviert führen! Aber es ragen nur die wenigsten aus dem Wasser und selbst die wurden beinahe überschwemmt!" „Du hast Recht, Entenfeder! Dieser Weg ist nicht mehr sicher, außer wir schwimmen kurze Distanzen, doch Morgenstern wird das Risiko bestimmt nicht eingehen wollen!", bestätigte Wolkenschauer Sturmpfotes Gedanken.

„Es muss einen anderen Weg geben! Es muss einfach!", rief Sturmpfote verzweifelt. „Was ist mit Eichenfells Idee? Was ist mit der Zweibeinerbrücke?"

„Darüber muss Morgenstern entscheiden! Sie ist die Anführerin, ich bin nur ihr Stellvertreter", erinnerte ihn sein Vater, doch bevor er wiedersprechen konnte, fuhr Wolkenschauer fort. „Jetzt müssen wir so schnell wie möglich zurück ins Lager und Morgenstern Bericht erstatten!" Mit einem strengen Blick auf alle Katzen gab der zweite Anführer zu verstehen, dass er keine Widerworte duldete.

Mit gesenkten Köpfen trabte die Patrouille zurück in den Schutz des Waldes und rannte den Weg zurück, den sie gerade gekommen waren.

Jetzt sind wir den ganzen Weg durch den Wald gerannt nur um festzustellen, dass unser üblicher Weg zur Großen Versammlung unzugänglich ist, dachte Sturmpfote niedergeschlagen. Der Weg zurück ins Lager schien endlos lang, zweimal rutschte er aus und wäre beinahe hingefallen, hätte Mondstrahl ihn nicht gestützt.

Niedergeschlagen und mit hängendem Schweif lief er hinter seiner Mentorin her, bis sie vor dem Lagerwall anhielten. Hintereinander schlüpften die fünf Katzen durch den Dornentunnel. Sturmpfote betrat als letzte Katze hinter Mondstrahl die Lichtung.

Die meisten Clan-Katzen hatten sich schon auf der Lichtung versammelt und tuschelten aufgeregt miteinander. Man musste nicht verstehen, was sie sagten um zu wissen, dass sie gute Nachrichten erwarteten. Morgenstern kam, gefolgt von Weißdorn, aus ihrem Bau unter dem Großfelsen und lief durch die Menge direkt auf Wolkenschauer zu. Als sie in die Augen ihres Stellvertreters blickte, legte sie ihre Ohren an, als ob sie die Nachricht nicht hören wollte.

Wolkenschauer schüttelte traurig den Kopf und jeder wusste, was sie herausgefunden hatten.

Für einen Moment lag eine bedrückende Stille über dem Clan, keiner sagte auch nur ein Wort. Doch von einem Herzschlag auf den anderen zerbrach die Stille und alle riefen und miauten durcheinander.

"Was sollen wir jetzt nur tun?" „Die Zweibeinerbrücke ist unser einziger Weg!" „Morgenstern wird nicht zulassen, dass wir uns erniedrigen lassen, indem wir durch BaumClan-Territorium schleichen!" „Aber was werden die anderen Clans denken, wenn wir nicht zur Großen Versammlung erscheinen?"

Sturmpfote schwirrte schon der Kopf von so vielen Stimmen, die alle auf einmal riefen.

„Morgenstern! Es ist deine Entscheidung, ob wir hier bleiben, oder die Brücke ins Territorium des BaumClans betreten!", erhob sich Amselfeders Stimme laut und deutlich über den Tumult. Löwenpfotes Mentor stand mit erhobenem Haupt vor dem Großfelsen, auf den die Anführerin unbemerkt gestiegen war.

Sofort verstummten die Katzen um ihn herum und starrten hinauf zu ihrer Anführerin.

„He, Sturmpfote! Ihr seid ja wieder da! Was ist jetzt mit den Trittsteinen?", fragte ihn sein Bruder Regenpfote, der sich von hinten genähert hatte. „Das weißt du nicht? Die meisten Trittsteine sind überschwemmt, also können wir diesen Weg nicht nehmen. Wo warst du eigentlich? Ich hab dich nicht gesehen als ich zurückgekommen bin!", miaute Sturmpfote überrascht. „Ich war in der Kinderstube bei Flinkschweif. Als ich den Lärm gehört habe, wusste ich, dass ihr wieder da sein müsst und bin auf die Lichtung geeilt", gab er ihm bereitwillig Auskunft.

„Pst! Morgenstern verkündet jetzt, was wir tun!", flüsterte Tigerschweif den beiden eindringlich zu.

Morgenstern ließ ihren Blick über alle ihre Katzen schweifen, von den Schülern angefangen über die Krieger, Ältesten und über die einzige Königin, die aus der Kinderstube herauslugte. Sie schien angestrengt nachzudenken, das konnte man ihr aber auch nicht verdenken.

Schließlich stieß sie einen tiefen Seufzer aus und schien einen Entschluss gefasst zu haben. Mit fester Stimme und ohne eine Spur von Zweifel miaute sie: „Wir gehen und zwar jetzt! Unser Weg führt uns über die Zweibeinerbrücke und ich hoffe, dass der BaumClan Verständnis für das Eindringen in sein Territorium hat." Nach einer kurzen Pause und noch einem Blick auf die Katzen unter ihr, fügte sie hinzu: „Es werden diesmal weniger Katzen mitkommen, da wir nicht wie eine Kampfpatrouille wirken sollen, daher kommen nur Wolkenschauer, Weißdorn, Eichenfell, Hasenpelz, Amselfeder, Blütenfell, Langsteif, Löwenpfote, Regenpfote und Sturmpfote mit."

Sturmpfote hatte so sehr gehofft, aufgezählt zu werden, dass er, als Morgenstern seinen Namen nannte, erleichtert aufatmete. Und noch mehr freute es ihn, dass sein Bruder sie begleiten durfte, doch er fand es wirklich schade, dass seine Mentorin und seine Mutter im Lager bleiben mussten. Schnell winkte er Mondstrahl und Kirschblüte, die nebeneinander saßen, mit dem Schwanz zu, bevor er den anderen ausgewählten Katzen durch den Dornentunnel folgte.

Warrior Cats - Düstere SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt