22. Kapitel

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Regenpfote war zum ersten Mal seit langem wieder satt und zufrieden. Die Mäuse schmeckten zwar ein wenig würzig, von dem Heu, das sie fraßen, doch sie waren so fett und träge, dass sie leicht zu fangen gewesen waren. Drei waren ihm praktisch direkt ins Maul gelaufen.

Für einen Moment konnte er alles vergessen. Die Kälte, den Hunger und die kranken Katzen, die im Lager auf ihn warteten.

Ein Lichtstrahl bahnte sich seinen Weg durch die staubige Luft und schien ihm direkt ins Gesicht. Winzige Staubkörnchen tanzten um ihn herum und brachten ihn zum Niesen.

Da fiel ihm alles wieder ein und er schoss blitzschnell um einen Heuballen herum und krachte direkt in den schwarz-weißen Kater, der soeben auf eine Maus gewartet hatte. „Nero, weißt du wo Sturmpfote ist?", fragte er hektisch.

Da kam die Antwort schon von direkt hinter ihm. „Ich bin da! Was ist denn los, Regenpfote?", fragte er überrascht.

„Komm mit! Ich zeige dir, was los ist!", miaute er und lief eilig auf den Spalt zu, durch den sie gekommen waren.

„Oh, oh!", sagte nun auch Sturmpfote, der den Stand der Sonne sah. Sie hatte fast ihren höchsten Punkt erreicht.

„Wir müssen sofort nach Hause!", stellte Regenpfote fest. „Wir holen noch schnell die Katzenminze und dann müssen wir sofort aufbrechen!"

Schnell flitzten sie wieder hinein, nahmen ihre Katzenminze auf und winkten Nero ihnen zu folgen. „Wollt ihr etwa schon gehen?", fragte er bedauernd.

„Wir müssen gehen!", nuschelte Sturmpfote durch die Katzenminze. Er lief hinaus ins Licht und ein paar Schwanzlängen weiter, dann wartete er auf Regenpfote und Nero.

„Wieso schleppt ihr die ganze Zeit dieses Grünzeug mit?", wollte Nero nach ein paar Schritten wissen. Regenpfote legte sein Bündel auf den Boden, um zu antworten. „Das ist kein Grünzeug, sondern Katzenminze! Und wir brauchen sie unbedingt, da sie das einzige Heilmittel gegen Grünen Husten ist und bei uns sind ein paar Katzen krank!", erklärte er.

Nachdem er das gesagt hatte, kam ihm ein unliebsamer Gedanke. Vielleicht hatte er ja zu viel gesagt. Selbst auf Großen Versammlungen, wo Clans sich freundschaftlich begegneten und Neuigkeiten austauschten, durfte man keine Schwächen des eigenen Clans preisgeben. Aber Nero ist unser Freund und überhaupt habe ich nicht gesagt wie viele Katzen krank sind.

„Kommt schon! Wenn es wirklich so dringend ist, dann solltet ihr schneller laufen!", rief Nero und lief an Sturmpfote vorbei. Die beiden Brüder liefen ihm eilig nach und schlossen zu ihm auf.

Er würde einen sehr guten Krieger abgeben, bemerkte Regenpfote im Stillen. Er war ein guter Kämpfer, das hatte er schon bei dem Hund bewiesen. Das Jagen im Wald würde er vielleicht noch lernen müssen, aber in der Scheune war ihm keine einzige Maus entwischt. Ein ausdauernder Läufer war Nero auch, denn selbst dann, als Sturmpfote und Regenpfote zu keuchen begannen, lief er noch stetig weiter ohne ein Zeichen von Müdigkeit.

Nero ist ja auch im Zweibeinerort aufgewachsen. Er kennt sich hier aus und ist an alles gewöhnt, dachte Regenpfote, dem schon die Pfotenballen von dem harten Stein wehtaten. Selbst seine Gedanken schwirrten in seinem Kopf wie Hummeln hin und her und seine Nase juckte von den vielen seltsamen Gerüchen.

Immer wieder bogen sie um Ecken, sprangen über Zäune und durchquerten Gärten, bis sie schließlich in einem Garten landeten, der Regenpfote bekannt vorkam.

„Wir sind in dem Garten in der Nähe vom Donnerweg!", freute sich aus Sturmpfote. Sie konnten die vorbeischießenden Monster von hier aus hören.

„Vielen Dank für deine Hilfe, Nero, aber von hier aus finden wir allein zurück!", miaute Regenpfote.

„Das ist gut! Vielleicht kommt ihr beiden mich ja wieder mal besuchen? Ich treibe mich besonders in den wärmeren Zeiten häufig hier rum, also müsst ihr nicht wieder den halben Zweibeinerort durchqueren", schnurrte Nero. „Wir sehen uns sicherlich irgendwann wieder!", verabschiedete er sich und drehte sich um.

Sturmpfote und Regenpfote winkten ihm nach. „So, jetzt aber schnell nach Hause! Morgenstern hat sicherlich schon eine Suchpatrouille geschickt!" „Ja, komm! Wer als erstes beim Lager ist!", rief Regenpfote und lief los.

Nicht weit vom Lager entfernt, trafen sie auf eine Patrouille. Sie bestand aus Mondstrahl, Hasenpelz, Kirschblüte und Wolkenschauer. Ihre Eltern und Mentoren mussten krank vor Sorge gewesen sein.

„Regenpfote! Sturmpfote!", rief Kirschblüte schon von Weitem. „Wo wart ihr denn?! Wir haben uns schreckliche Sorgen gemacht!"

Die vier Katzen stürmten auf die Schüler zu und Kirschblüte begann sofort, ihre Ohren zu putzen. Hasenpelz und Mondstrahl wollten wissen, wo sie gewesen waren. Wolkenschauer schimpfte sie aus und fragte sie, was sie sich eigentlich dabei gedacht hatten, einfach wegzulaufen, doch er meinte es nicht böse.

Es dauerte eine kleine Weile, bis jemand bemerkte, was sie zwischen ihren Zähnen hatten.

Mondstrahl bemerkte es als Erste und miaute ungläubig: „Ist das etwa Katzenminze?" Sturmpfote nickte stürmisch.

„Wo habt ihr die denn her?", wollte Hasenpelz wissen. Bevor sie antworten konnten, mischte sich Wolkenschauer ein: „Das ist jetzt unwichtig! Ihr müsst sie sofort zu Weißdorn bringen! Später könnt ihr uns alles über euer Abenteuer erzählen!"

Und schon folgten ihm die anderen bis zum Lager.

Warrior Cats - Düstere SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt