Teil 19

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Pov. Angelina

Ich schaue George dabei zu, wie er sich seine Schuhe auszieht. Er sieht erschöpft aus, was kein Wunder ist, wenn man bedenkt, dass er schon seit über einem Jahr nicht mehr richtig gelaufen ist. Wir gehen in die Wohnung. Die Schuhe, werden mit einem einfachen Zauberspruch an ihren Platz gestellt. George streckt sich und gähnt herzhaft. 

„Na müde?", necke ich ihn. Er verdreht grinsend die Augen. Wir schauen uns lange an und wissen nicht genau wohin mit uns, bis er sagt:„ Ähm ich lege mich kruz hin.", und dann in seinem Schlafzimmer verschwindet. 

Ich bin mir nicht sicher, was ich tuen soll, weshalb ich mich einfach ein bisschen umschaue. Ich gehe zu dem Kamin, auf dem viele  unterschiedlich große Bilder stehen. Darauf abgebildet, sind meistens die Weasleys. Auf einem sind Fred und ich, auf dem Schulball. Das war ein schöner Abend. Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir getanzt haben. Wir haben so doll getanzt, dass die Leute um uns herum schon in Deckung gehen mussten. Ich muss bei dem Gedanken schmunzeln. Fred war ein lustiger Tänzer. Speziell, aber lustig. Ich schaue auf die anderen Bilder. Auf einem sind Fred und George mit Harry, Hermine und Ron zusehen, da sind die Beiden im 4. Schuljahr. Auf anderen sind mal Einzelne Weasleys, mal mehrere und manchmal auch alle zu sehen. Alles in allem scheint es, als ob die beiden ihre Familie wirklich sehr lieben.

Ich wende mich von den Fotos ab. Leise bewege ich mich auf die Zimmertür von George zu. Ich will nur schauen, ob alles ok bei ihm ist. Langsam mache ich sie auf. George ist eingeschlafen. Er scheint sich einfach so aufs Bett gelegt zu haben und eingeschlafen zu sein. Ich nehme meinen Zauberstab zur Hand und schwinge ihn einmal. Aus dem Wohnzimmer kommt eine Decke herbei geflogen, die sich über George ausbreitet und ihn zudeckt. Sein rotes Haar fällt ihm ins Gesicht und er hat den Mund ein Bisschen auf. Er sieht schon süß aus, wie er da so liegt. Schnell schüttel ich den Gedanken ab, und gehe wieder ins Wohnzimmer. 

Als ich meinen Blick umherschweifen lasse, bemerke ich eine Kiste, die mir bisher nicht aufgefallen war, weil sie schon dort stand, als ich vorübergehend eingezogen war. Meine Neugier überwältigt mich, und ich gehe zur Kiste. Sie ist aus Pappe und sieht wie eine von diesen Umzugskisten aus, die Muggel immer benutzen. Ich mache sie auf. 

Stirnrunzelnd blicke ich auf den Inhalt der Kiste. Es sind hunderte von Briefen. Es steht keine Adresse oder Absender drauf. Es sind einfach weiße Umschläge. Ich nehme mir einen und mache ihn auf. Die Blätter sind im Gegensatz zu den Umschlägen mit Tinte beschmückt und viele Wörter verzieren das einst weiße Blatt. Ich fange an zu lesen.

"Lieber Fred,

ich bin ein Feigling. Du könntest die Anderen bestimmt trotzdem aufheitern. Ich kann es nicht. Ich verletze und verlassen sie. Du hättest das nie gemacht. Ich bin feige. Ich habe ja sogar Angst vor meinem eigenen Spiegelbild.  

Ich wünschte es wäre nur ein schlechter Scherz von dir gewesen. 

Ich wünschte du hättest damals deine Augen einfach wieder aufgeschlagen und uns ausgelacht. 

Ich wünschte es wäre so gewesen. 

Ich wünschte du wärst an meiner Stelle hier

Ich wünschte ich wäre tot.

George"

Die Worte liegen wie Steine in meinem Magen. Sie sind hart und forsch. "Ich wünschte ich wäre tot". Ich greife nach einem weiteren Brief.

"Lieber Fred,

ich bin so allein. Kennst du dass, wenn du allein bist, aber dich nicht allein fühlst? Bei mir ist es so, dass ich zwar allein bin, aber ich mich auch allein fühle. Ich weiß, dass es viele Leute gibt, die mir helfen wollen, aber ich will es nicht. 

Ich kann sie nicht an mich heran lassen. Die Angst, sie könnten mich nochmal so verletzten und allein lassen, wie du es getan hast, ist zu groß. Ich kann ja noch nicht mal richtig reden. Ich weiß nicht was ich tun soll. 

Bitte hilf mir. 

George"

Tränen rollen meine Wangen runter und verschmieren die feinsäuberlichen Wörter. Ich greife nach noch einem Brief und noch Einen. Ich lese und lese. Weine und weine, bis ich einen Brief ist, der anders als die Anderen ist. 

"Lieber Fred,

Angelina ist bei mir eingezogen. Ich weiß, dass du die sehr magst. Sie ist toll. Mir wird immer mehr klar, warum du sie so toll findest. Es tut mir leid, wenn ich dich eifersüchtig mache, das war nie meine Intention. Meine Gefühle machen mir angst. Sie ist so schön und tut so viel für mich. Sie ist so liebevoll und hat einen klasse Humor.  

Aber was ist, wenn sie geht? Was ist, wenn sie mich auch verlässt? Was ist dann? Was wird dann aus mir? 

Ich bin mir sicher, dass wenn es mir wieder besser geht, sie mich verlässt. 

Was soll ich nur tun Fred? 

Was soll ich tun?

Warum kannst du mir nicht einfach mal antworten?

George"

Ich starre auf den Brief, lese ihn mir immer und immer wieder durch, während mein Herz so schnell schlägt, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Die Tränen rollen erneut über meine Wangen und ich weiß nicht, ob sie da sind, weil ich so glücklich bin, wegen dem, was er über mich geschrieben hat, oder weil George schon monatelang Briefe an seinen verstorbenen Bruder schreibt. 


Der Brieffreund einer LeicheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt