Falsch

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Am Freitagnachmittag wie abgemacht saß Childe in dem Café um auf sein Date zu warten. Im Grunde hätte er nicht so einfach fortgehen dürfen während seiner Arbeitszeit. Pulcinella würde ihn einen Kopf kürzer machen. Allein der Gedanke daran erfreute ihn. Aber mehr freute er sich darauf, Zhongli wieder zu sehen. Um nicht unbedingt erkannt zu werden, trug er einen Schal und eine Sonnenbrille. Aber vielleicht auch ein bisschen, um cool zu wirken. Ihn angetrunken ins Bett zu kriegen war die eine Sache, aber jetzt normal wie auf einem Date mit ihm zu reden?

Sein Angebeteter kam spät. Das war nichts, womit er nicht hätte umgehen können, doch wurde er immer nervöser. Was, wenn er ihn versetzte? Für einen Moment war er gerade dabei, sich alles wieder auszureden, als plötzlich die Tür aufging und Zhongli hereintrat. Er trug einen langen braunen Cardigan und sah wie immer wieder sehr klassisch schön aus. Childe winkte ihm zu und grinste breit.

"Na, Schönheit? Auch endlich hier? Dein Prinz hat auf dich gewartet", begann er mit ihm zu flirten. Zhongli lachte verlegen.

"Ja, entschuldige bitte. Es war etwas umständlich, mit den Öffentlichen hier hin zu kommen. Es ist so ...außerhalb...", erklärte er.

"Das stimmt. Aber ich gehe gerne hier her, deswegen habe ich es als Ort vorgeschlagen. Ich hoffe, es gefällt dir hier", sagte Childe, reichte ihm die Karte und streichelte ihm dabei unauffällig über die Hand.

"Bis jetzt schon. Mal schauen, was es hier gibt. Ich habe nicht so viel Geld dabei, es wird wohl bei einem Kaffee bleiben", sagte Zhongli, während er begann, die Karte zu begutachten.

"Was? Okay...?", fragte Childe überrascht, "ach, nicht doch. Ich lade dich ein..."

"Wirklich? Das würdest du tun?", fragte Zhongli und linste mit großen Augen über die Karte.

"Äh... klar. Du bist schließlich mein Date", antworte Childe und lachte. Die Hauptsache, er konnte bei ihm landen. Zu einer weiteren Nummer würde er schließlich nicht Nein sagen. Wohin genau die Reise gehen sollte, wusste er selbst noch nicht, aber Zhongli war so faszinierend... und er konnte den Blick nicht von ihm nehmen, wie er lächelte, als er sich bedankte, wie er gedankenverloren die Karte las... war er etwa dabei, sich gerade in ihn zu verlieben?

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Zhongli konnte sein Glück kaum fassen, und nachdem er sich etwas auf der Karte herausgesucht hatte, fing er an, sich mit Childe zu unterhalten. Das Gespräch lief gut, vielleicht wäre es gar nicht notwendig gewesen, Hu Tao vorher nach Ratschlägen zu fragen. Childe lud ihn nicht nur ein, er war auch noch verboten cool und er sah so gut aus...

Und der Kuchen hier war auch ziemlich lecker.

"Willst du auch?", fragte Zhongli ihn, um ihn von seinem Stück probieren zu lassen.

"Ja, klar, rück rüber!", sagte Childe und lehnte sich leicht über den Tisch. Zhongli nahm ein Stück auf die Gabel und fütterte ihn. Er schien so glücklich, also machte er damit weiter, ihn zu füttern.

Plötzlich blieb er an seinem Schal hängen und zog ihm diesen fast aus.

"Haha, verzeih, das wollte ich nicht", sagte er und doch fiel ihm eine Stelle an seinem Hals auf, wo der Schal über die Haut gerutscht war. Es sah seltsam aus, so wie halb abgewischter Abdeckstift über einer Verletzung.

"Nicht schlimm", entgegnete Childe und hob den Schal auf, der nun halb überm Tisch lag.

"Ich ziehe ihn dir wieder an", schlug Zhongli vor und während er ihm den Schal umlegte, bemerkte er weitere dieser Flecken an Childes Hals. Jetzt wusste er, warum sich Childe an einem so abgelegenen Platz hatte mit ihm treffen wollen.

Mit einem Seufzen nahm er einen Schluck Kaffee, den Kuchen ließ er stehen, da ihm der Appetit vergangen war. Da Childe als Host sicher sehr beliebt war, hätte er sich gleich denken können, dass er nur einer unter vielen war, mit denen er was am Laufen hatte. Das hatte er aber großzügig ausgeblendet. Wohlmöglich hatte Xiao mit seinen Warnungen recht gehabt, man konnte Childe nicht trauen. Doch es war nicht nur das... vielleicht war er auch schon in festen Händen... die Tatsache, dass Childe sich mit ihm in diesem Aufzug an einem so abgelegenen Ort traf, deutete darauf hin, dass er nicht von seinem Lover in der Innenstadt gesehen werden wollte. Am Morgen danach war er gleich abgehauen, so als ob er keine Stunde länger hätte bei ihm bleiben können... jetzt wusste er warum.

"Hey, Baby... isst du das noch?", fragte Childe lachend und deutete auf den Kuchen.

"Nein", entgegnete Zhongli knapp und kalt.

"Okay...", Childe zuckte mit den Schultern und lächelte leicht, bevor er den Rest aufaß.

Zhongli hasste sich selbst so sehr für die Tatsache, dass er so schnell mit ihm ins Bett gesprungen war. Aber vor allem störte es ihn, dass er jetzt hier mit ihm saß, wenn es zu nichts führte und Childe eigentlich ein hinterhältiger Casanova war, der seinen Partner oder seine Partnerin betrog. Und so beschloss er, ihn ein wenig auf Distanz zu halten. Er würde ihn nicht mehr anfassen ... aber für den Fall, dass er Geld springen lassen wollte, quasi zur Entschädigung, da sagte Zhongli nicht Nein. Und so führte er ihn, nachdem er bezahlt hatte, aus zu einer ausgedehnten Shoppingtour...

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Childe verstand nicht so recht, was jetzt los war. Zhongli schien kurzerhand so rastlos, als wollte er nur noch weg. Aber vielleicht war ihm ja auch langweilig hier und er wollte sich bewegen. Der Idee mit dem Shoppingspaziergang in der Umgebung hatte er daher gerne zugestimmt. Auch wenn er nicht genau wusste, warum er shoppen gehen wollte, wenn er eigentlich gerade wenig Geld hatte.

"Hey, das ist hübsch, oder?", fragte Zhongli, der ein stylishes Oberteil in Kimono-Optik angezogen hatte, das durch den weiten Ausschnitt einiges an Haut zeigte. Childe biss sich auf die Lippe.

"Oh ja. Sieht verdammt heiß aus", sagte er und grinste breit.

"Kaufst du es mir?", fragte Zhongli und klimperte mit den Wimpern.

"Wenn du möchtest", entgegnete Childe, "und wenn ich dich anfassen darf..."

Doch bevor er seinen Ausschnitt berühren konnte, zog Zhongli seine Hand weg.

"Ah, nicht so voreilig. Vielleicht nachher, wenn wir unter uns sind...", sagte Zhongli und lächelte leicht. Childe seufzte.

"Na gut", murmelte er und konnte aber nicht den Blick von ihm nehmen. Zhongli ließ ihn mit Absicht leiden, vor allem finanziell. Und so blieb es natürlich nicht bei einem Teil. Childe sah so aus als hätte er das Geld und er stellte auch keine Fragen. Normalerweise machte Zhongli so etwas nicht, aber da er sich hintergangen fühlte, sollte Childe dafür bezahlen. Wortwörtlich.

Zufrieden und mit mehreren Taschen saß er in der Bahn, möglichst weit weg von ihm, da er die Taschen neben sich gestellt hatte. Childe legte trotzdem den Arm um ihn, er ließ es widerwillig geschehen.

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Childe wusste nicht genau, was er machen sollte. Jetzt waren sie auf dem Heimweg, aber irgendwie war die Stimmung seltsam. Ob Zhongli vom vielen Shoppen einfach nur müde war? Um mit ihm nach Hause zu können und weil Zhongli mit all den Sachen so süß aussah, hatte er bereitwillig seinen Geldbeutel geöffnet aber irgendwie hatte er dabei ganz schön übertrieben.

Aber all das machte nichts, wenn er gleich mit ihm zusammen endlich wieder... - ein heftiges Zupfen am Ärmel riss ihn aus den Gedanken.

"Hey. Wir sind bald da. Und ich hab vorhin eine wichtige Nachricht bekommen. Du kannst nicht mit mir mitkommen, ich muss noch was für die Arbeit machen, sorry", sagte Zhongli zu ihm.

"Was?", erwiderte Childe überrascht, "Kannst du doch. Ich stör dich nicht..."

"Es geht nicht. Das ist zu wichtig – ein ander Mal, okay?", entgegnete Zhongli ernst. Dann nahm er seine Taschen und stand auf.

"...okay...?", antwortete Childe verwundert. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, fragte aber nicht nach. "Na gut. Dann fahre ich eben nach Hause. Machs gut", fügte er hinzu, bevor er auch aufstand. Er lehnte sich hinüber zu Zhongli und wollte ihn eigentlich küssen, aber Zhongli umarmte ihn bloß schnell – und dann war er weg. Childe kratzte sich unschlüssig am Kopf. Irgendetwas... war falsch. Er konnte ihn hoffentlich bald wiedersehen.

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