Ich ziehe Aiden hinter mir her. Er schaut sich verblüfft um. Sprachlos über die moderne Zeit. Bei jedem Hupen eines Autos oder Busses, schaut er auf und bestaunt das, für ihn, fremde Gerät. "Was sind das für Wesen, die die Wege dominieren?", fragt er und zeigt auf die vielen Autos. "Das sind Autos und Busse. Mit diesen können wir weite Strecken zurück legen", versuche ich ihn zu erklären.
"Wie ein Pferd?" Er schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich schüttle lachend den Kopf. "Nur viel schneller. Wenn es regnet wirst du nicht nass. Wie eine Kutsche. Nur viel schneller." Er scheint es zu verstehen.
"Es ist alles so fortschrittlich!", ruft er regelrecht heraus und will über eine rote Ampel gehen, als ich ihn zurückhalte. "Warum haben wir gestoppt?"
"Du wärst beinahe überfahren worden." Ich zeige auf die nun volle Straße. "Oh, Dankeschön." Seine Wangen färben sich rot. "Siehst du auf der anderen Straßenseite das Männchen?" Er sieht in die Richtung, in die ich zeige. "Wenn sich das Bild ändert, dann kannst du erst über die Straße gehen."
Er wartet ungeduldig, wie ein Kind, bis die Ampel umschaltet. Aufgeregt läuft er über die Straße und beobachtet dabei die Menschen um uns herum, welche ihm und mir verwirrte Blicke zuwerfen. Einige bekommen das Spektakel nicht mit, da sie ihre Kopfhörer aufhaben und stur auf ihr Handy starren, ohne einmal aufzuschauen.
"Warum schauen sich die Leute nicht um? Es gibt doch so viel schönes zu sehen!" Ich zucke mit den Schultern. "Weißt du die meisten Leute die du hier siehst, leben schon sehr lange hier, sind hier groß geworden. Da haben sie schon alles gesehen."
"So schotten sie sich ab und bekommen nichts mehr mit." Er hat Recht. Doch auch ich versuche mich ab und zu in eine andere Welt zu wünschen. "Ja, aber wenn die Leute zu viele Probleme haben oder Ablenkung brauchen, dann fliehen sie in eine andere Welt. Vorübergehend."
"Was für eine andere Welt?"
"Die digitale Welt. Die zeige ich dir später. Erst einmal müssen wir uns um deinen Stil kümmern."
Auf dem Weg zu den Geschäften fallen mir Pfingstrosen ins Auge. Das zarte blau der Blüte sticht aus dem Grün der Pflanzen um sie herum heraus. Ich verharre für einen Moment und betrachte sie genauer. Ihre Blüte ist noch geschlossen, doch schon jetzt kann man erahnen, wie schön sie eines Tages blühen wird.
Ich merke nicht wie sich Aiden von mir entfernt, bis ich eine lautstarke Diskussion vernehme. Ich drehe mich um. Suche nach der Quelle und finde sie letztendlich auch. Aiden streitet sich mit der Verkäuferin des Blumenladens. "Was ist hier los?", frage ich nach und schaue zwischen den beiden hin und her.
"Der Märchenprinz wollte mit einer Spielzeugmünze bezahlen", fällt sie ihm ins Wort und zeigt eine goldene, schimmernde Münze. "Und ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass diese Münze aus echtem Gold geschmiedet wurde. Sie ist ein Vermögen wert", versucht Aiden zu erklären.
"Verzeihen Sie die Störung, doch wir kaufen nichts." Ich nehme Aidens Arm und gemeinsam verlassen wir den Laden.
"Du glaubst mir, oder?" Ich bleibe stehen und sehe in sein makelloses Gesicht. Geknickt schaut er zu Boden. "Natürlich glaube ich dir. Doch du kannst die Menschen nicht mit Gold bezahlen."
Sein Blick wandelt sich. Verwirrung breitet sich aus. "Wieso nicht?"
"Weil wir nicht mit Gold bezahlen! Die Leute denken noch du wärst verrückt oder hast eine Bank ausgeraubt!"
"Ich bin nicht von Sinnen!", ruft er empört und einige Menschen bleiben stehen. Ich sehe sie entschuldigend an, ehe sie weiter gehen und uns nicht mehr beachten. "Das weiß ich doch! Die Leute wollen leider immer mehr. Sie würden niemals zufrieden sein." Ich überlege kurz, welchen Schritt ich als nächstes gehe. "Komm mit."
"Wohin gehen wir?"
"Zu einer Bank."
Kurze Zeit später stehe ich am Schalter der ansässigen Bank. Aiden habe ich auf eine Couch im Wartebereich gesetzt und nun schaut er sich die rumliegenden Zeitschriften mit großem Interesse an.
"Hallo, ich würde gern diese Währung in Dollar wechseln wollen." Ich sehe die Bankkauffrau mit einem Lächeln an und überreiche ihr den Beutel mit den Goldmünzen. Sie nimmt ihn und betrachtet den Inhalt genauer. Ihre Augen werden groß. Sie schaut mich an. Ihr Blick fällt zu ihrer Seite, wo zwei Sicherheitsmänner stehen und das Tagesgeschehen beobachten.
"Familienerbstück", versuche ich die die Lage zu beruhigen.
Sie nickt langsam. "Warten Sie hier."
Mit dem Beutel in der Hand verschwindet sie hinter einer Tür. Nach langem warten und einer immer länger werdenden Schlange, kommt sie wieder und überreicht mir einen Koffer. "Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag."
Ich gehe zurück zu Aiden, welcher die Sicherheitsmänner beobachtet. "Sind das Wachen?", fragt er und legt die Zeitschrift zurück auf den Tisch. "Ja, das kann man so sagen." Ich deute ihn an mir zu folgen. "Komm mit und verhalte dich so unauffällig wie möglich."
"Wie findest du dieses Gewand?" Aiden probiert das fünfte Outfit an. Ich sitze frustriert vor den Umkleidekabinen und warte auf ihn. Mein Blick wandert über seinen Körper. Ein graues Seidenhemd, bei dem er die ersten drei Knöpfe offen gelassen hat lässt ihn beinahe wie ein Heiligen aussehen. Dazu eine schwarze Hose und ein paar neue Sneakers. Er sieht so anders aus. Jetzt wo er Zivilkleidung trägt, könnte man wirklich glauben, dass er ein Austauschstudent ist und kein Märchenprinz aus einem Fantasy-Roman.
"Steht dir", antworte ich ihm ehrlich und muss mich beherrschen nicht auf seine durchtrainierte Brust zu starren. "Vielleicht lässt du nur einen der Knöpfe offen."
Er sieht meinen Blick und die roten Wangen, welche sich selbst durch meine Haare nicht verbergen lassen. Aiden wird ebenfalls rot und geht meiner Bitte nach. "Ich glaube ich nehme alle Gewänder. So kann ich jeden Tag etwas anders tragen."
Ich nicke ihm ermutigend zu und warte bis er sich wieder angezogen hat. Ich zeige ihm wie das bezahlen funktioniert und seine Augen leuchten auf, als er mit einer großen Tasche den Laden verlässt. "Meinen großen Dank für deine Hilfe. Nicht viele Personen haben so eine Geduld mir mir." Er hält mir seinen Arm hin und ich hacke mich dankend unter. "Ich möchte nur, dass du dich hier in der modernen Welt zurecht findest."
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Enchanted by you
FantasyFictional Boyfriends can be real ... Ein Bücherwurm in Harvard entdeckt eine Welt voller Magie, als der Protagonist eines Fantasy-Romans plötzlich vor ihr steht und sie gemeinsam zwischen der modernen Welt und einem faszinierenden Königreich Gefahre...