Tabula Rasa

Überrascht

Kapitel 6

„Jetzt warte doch mal einen Moment."

Doch Klaas ignoriert ihn einfach. Zog ihn weiter durch die Menge, bis sie im MTV Home Teil des Studios angekommen waren. Auch dann ließ Klaas seine Hand nicht los.

„Wieso hast du es denn plötzlich so eilig?"

„Du wolltest doch, dass wir uns alles zusammen ansehen. Stattdessen find ich dich in trauter Zweisamkeit mit Paul", kam die fast schon wütende Antwort von Klaas, der daraufhin seine Hand grob fallen ließ.

Joko blinzelte verwirrt.

„Jetzt guck doch nicht so! Du weißt genau, was ich meine." Er verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte Joko ärgerlich an. „Paul und ich ... das Thema hatten wir doch schon. Das passt einfach nicht. Ich versteh bis heute nicht, warum du ausgerechnet mit ihm einen Podcast machen musstest."

Ein wenig beschämt blickte Joko auf den Boden. Ja, dieses Thema hatten sie bereits zur Genüge diskutiert. Obwohl er in allen Angelegenheiten mit Klaas sprach, bei der Podcast-Sache hatte Joko sich durchgesetzt. Es war eine der wenigen Male gewesen, bei der sie nicht einer Meinung waren. Sie hatten sich gestritten. Heftig gestritten. Klaas war strikt gegen diese Partnerschaft gewesen. Paul und Joko. Das sollte es seiner Meinung nach nicht geben. Diese Meinung hatte er bis heute nicht geändert.

„Paul ist mein Freund. Ist doch normal, dass ich ein bisschen mit ihm quatschen will."

„Das macht ihr jede Woche."

„Na und? Ich halt dir doch auch nicht vor, dass du den Podcast mit Schmitti und Jakob machst. Ich versteh dein Problem nicht."

„Ja, wahrscheinlich ist das das Problem", sagte Klaas und wandte sich ab. Er strich mit der Hand über seinen alten MTV Home Schreibtisch.

Joko steckte die Hände in die Hosentaschen und verzog das Gesicht. Das hier war definitiv der falsche Ort zum Streiten. Es stand vielleicht niemand in direkter Nähe, aber wahrscheinlich sahen sie auch nicht gerade happy aus, wie sie hier standen und miteinander redeten. Joko seufzte. So sollte der Abend nicht verlaufen. Also räusperte er sich und wechselte das Thema.

„Weißt du noch, wie wir das Set geplant haben? Du wolltest es nach Late Night Vorbild gestalten. Ich wollte es eher heimelig."

Das entlockte Klaas zumindest ein Schmunzeln.

„Ey, das war so anstrengend alles am Anfang. Es war ein einziges Chaos mit dir, bis man mal vernünftig arbeiten konnte. Null Vorbereitung. Null Planung. Wie oft hab ich verflucht, dass ich für diese Sendung alles andere aufgegeben habe?!"

„Sehr oft. Du warst nicht besonders zurückhaltend", warf Joko ein.

„Stimmt", antwortete Klaas nun lachend und ließ sich hinter den Schreibtisch sinken. „Am Ende hat es sich gelohnt. Wir sind durch jede Scheiße gegangen, haben fast alles gemacht, was man uns angeboten hat und jetzt sind wir hier. 12 Jahre und 18 Shows später."

„Und kein Ende in Sicht."

Während Klaas sich auf dem Schreibtischstuhl langsam hin und her drehte, ließ Joko sich auf die Couch fallen. Strich mit der Hand über die Lehne und blickte auf. Traf direkt auf Klaas' Blick, den er nicht deuten konnte. Es war doch kein Ende in Sicht, oder?

Der Blickkontakt wurde erst unterbrochen, als sie bemerkten, dass es still um sie herum geworden war. Die Musik dröhnte immer noch aus den Lautsprechern, aber kein Stimmengewirr war mehr zu hören. Joko blickte sich um. Alle waren auf sie aufmerksam geworden und blickten nun gespannt zu ihnen rüber. Bei diesem Anblick kein Wunder.